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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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schließt du dann, dass sie nichts Gutes planen?, wollte er wissen.
    Na ja, sie wirkten sehr aufgebracht, entgegnete ich zögernd. Es ging darum, sich an den Menschen zu rächen.
    Cyril schüttelte den Kopf. Das möchte ich lieber nicht glauben.
    Verblüfft sah ich ihn an. Mit einer solchen Reaktion hatte ich nun überhaupt nicht gerechnet.
    Kann es sein, dass sie dich bemerkt haben?, erkundigte er sich.
    Natürlich! Deshalb hatte der Nix mitten im Satz abgebrochen.
    Aber wieso greifen sie uns nicht an?, fragte ich.
    Cyril zuckte die Achseln. Vielleicht, weil sie gesehen haben, dass du etwas Besonderes bist.
    Dass er das sagte, war schon gewissermaßen spektakulär, vor al lem aber die Art und Weise, wie er es betonte, setzte etwas bei mir in Gang. Es war, als hätte ich die ganze Zeit seit meiner Begegnung mit Neeron auf der Bremse gestanden und nun ganz plötzlich den Fuß heruntergenommen. Schlagartig wurde mir klar, warum ich so war, wie ich war, nämlich äußerlich von jedem Meeresbewoh ner sofort als Halbwesen zu erkennen – ein visueller Reiz, eine Provokation! Und ganz egal, was die anderen in mir sahen, ob einen Feind oder eine Verbündete, ich hatte weder Grund, mich vor etwas zu fürchten oder zu verstecken noch mich irgendjeman dem gegenüber zurückzuhalten. Im Gegenteil: Es war sogar meine Pflicht, die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken und meine Stim me zu erheben.
    Ich nickte Cyril dankbar zu. Endlich hatte ich verstanden. Jetzt musste ich nur noch handeln.
    Entschlossen stieß ich wieder ein Stück in die Tiefe, dorthin, wo ich die beiden Delfine vermutete.
    Warum kommt ihr nicht heraus?, rief ich, während ich dicht an den Felsen heranschwamm und Tentakelpflanzen und Tang zur Seite schob, um dahinter spähen zu können.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich eine Antwort erhielt.
    Weil du eine Hai bist.
    Es war der mit der tiefen rauen Stimme, der zu mir sprach.
    Nur zur Hälfte , entgegnete ich.
    Wieder ein Zaudern, dann: Deine andere Hälfte ist ebenfalls nicht von unserer Art. Halbwesen wie du bringen Unheil.
    Falsch, gab ich zurück. Die Wahrheit ist: Das Meer schickt Halbwesen zu euch, um Unheil zu verhindern.
    Ja, mag sein. Für die Menschen … und für die Haie.
    Das Meer braucht die Menschen nicht, hielt ich sofort dagegen.
    Das sagt ausgerechnet eine wie du?
    Die Stimme klang überrascht, und einen Moment lang bilde te ich mir ein, auf dem Rückenpanzer eines Krebses, der gerade aus einem Loch gekrabbelt kam, ein goldbraunes Auge zu sehen. Entgeistert senkte ich die Lider, und als ich sie kurz darauf wieder hob, war das Auge verschwunden.
    Ich komme gerade von den Ilhas Desertas, startete ich einen neuen Versuch, und jetzt hatte ich das verrückte Gefühl, eine Bewegung an dem Felsen wahrzunehmen, die nicht das Mindeste mit dessen natürlicher Flora oder Fauna zu tun hatte.
    Und was ist das Ziel deiner Reise? , erkundigte er sich.
    Die Kanalinseln, erwiderte ich wahrheitsgemäß.
    Ruckartig ließ ich meine Hand vorschnellen – und griff in ei nen Körper, der flink unter mir weghuschte.
    Scheiße noch mal, Cyril, entfuhr es mir. Diese Typen sind durchsichtig!
    Glücklicherweise musste ich mir über die Verschlüsselung mei ner Botschaften keine Gedanken mehr machen. Nun, nachdem ich den Unterschied kannte, funktionierte es ganz automatisch.
    Wahrscheinlich der Chamäleon-Effekt, kam es von ihm zurück. Hab schon mal gehört, dass es bei den Delfinen so etwas gibt. Soll allerdings extrem selten sein.
    Na super!, seufzte ich.
    Das war ein zutiefst beunruhigendes, allerdings auch ungemein praktisches Talent, um das ich die Delfinnixe sofort beneidete.
    Ihr traut dem Hainix nicht, hab ich recht?, fragte ich. Er ist ein guter Freund von mir und ich kann euch versichern: Er hat nichts gegen euch … Wir beide haben nichts gegen euch, präzisierte ich, nachdem ich Cy rils Stirnrunzeln registriert hatte. Wir würden gerne mit euch reden … von Angesicht zu Angesicht, meine ich.
    Konzentriert musterte ich die Felsoberfläche, aber ich konnte nichts Ungewöhnliches mehr entdecken.
    Ich glaube, sie sind längst weg, sagte Cyril leise.
    Ich fuhr zu ihm herum. Aha, du glaubst, knurrte ich. Oder besitzt du vielleicht zufälligerweise auch die Fähigkeit, den Chamäleon-Effekt zu knacken?
    Ich lebe einfach schon ein bisschen länger im Meer als du, erwiderte er ruhig. Das können auch deine zweifellos beeindruckenden Halbnix-Talente noch nicht ausgleichen.
    Also hast du gesehen, wie sie weggeschwommen

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