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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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zwischen ihm und dir.«
    »Okay.« Ich drückte die Wagentür auf und stieg aus.
    »Soll ich nach dir sehen?«, rief Cyril mir hinterher.
    »Nein danke«, sagte ich und ließ die Tür zufallen.
    Ich brauchte für eine Weile meine Ruhe und die wurde mir auch vergönnt.

    Mam schien sich in der Gästewohnung häuslich eingerichtet zu haben. Jedenfalls bekam ich sie kaum zu Gesicht, und wenn wir uns mal begegneten, tauschten wir nur Belanglosigkeiten aus.
    Es bedrückte mich, wie sehr sie mit meinem Schicksal haderte. Noch viel schlimmer aber war, dass ich seit meiner letzten Unterre dung mit Cyril dieses schreckliche Geheimnis mit mir herumtrug. Ich fragte mich, ob ich Mam je davon erzählen konnte. Zumindest im Augenblick machte sie auf mich nicht den Eindruck, als könn te sie mit dem klarkommen, was Javen Spinx ihr angetan hatte.
    Tante Grace hatte mir inzwischen die versprochenen Kleidungs stücke beschafft, sie versorgte meine Mutter und mich mit vita minreicher Kost und begnügte sich ansonsten mit dem Posten der stillen Beobachterin, was ich hin und wieder mit einem dankbaren Lächeln oder einer liebevollen Umarmung honorierte. Nicht ein mal auf meine überstürzte Flucht nach unserem Gespräch über Patton hatte sie mich angesprochen, wahrscheinlich wusste sie auch so, wie ich mich fühlte.
    In der Nacht auf Pfingstsonntag schlief ich wie eine Tote. Die Ereignisse der letzten Tage und die schlaflose Zeit im Meer hatten mich offenbar viel Kraft gekostet. Danach fühlte ich mich – zumindest körperlich – wieder rundum fit. Die Bisswunden waren vollständig zugeheilt und es begann sich bereits ein feiner Schorf zu bilden. Schmerzen verspürte ich kaum noch. Dafür tat mein Herz umso mehr weh. Es fühlte sich an, als würde ein Loch hineingefressen, das mit jeder Stunde, die ich von Gordian getrennt war, größer wurde. Nur die Erinnerung an unsere wundervolle Nacht auf Bugio und die unbeirrbare Hoffnung auf ein Wiedersehen konnten meine Seelenqual ein wenig lindern. Und so schenkte ich mir immer wieder ein paar Momente, in denen ich mich unter meiner Bettdecke verkroch und die schönen Zeiten mit Gordy wieder und wieder erlebte. Dann versank ich in seinen türkisgrünen Augen, ließ mich von seinem Grübchenlächeln verzaubern und von seiner Stimme streicheln. Doch viel zu schnell wurde ich jedes Mal in die Realität zurückgeworfen.
    Das Wetter stabilisierte sich, es ging kaum ein Wind und bis auf ein paar wenige Schleierwolken zeigte der Himmel sich von seiner azurblauen Seite. Sonnenschein, Vogelgezwitscher und der süße Duft der nun üppig blühenden Vegetation verwandelten die Insel in ein frühsommerliches Paradies, eine Atmosphäre, die im krassen Gegensatz zu meiner Stimmung und den schrecklichen Geschehnissen stand.
    Moiras Leiche war am Samstagvormittag von Wochenendurlau bern aus der Normandie gefunden und in die Pathologie nach London geflogen worden. So zumindest hatte Tante Grace es in den Nachrichten gehört.
    Man ginge davon aus, dass es sich um das Mädchen handele, das bei dem Bootsunglück zwei Abende zuvor ertrunken sei.
    Natürlich würden sie Moira genau untersuchen, sie identifizie ren lassen, feststellen, dass sie nicht vergewaltigt worden war, und darüber hinaus hoffentlich keine artfremden DNA-Spuren an ih rem Körper oder ihrer Kleidung finden.
    Auch Ashton war nach London überstellt worden, und während ich auf meinem Bett, dem Balkon oder unten auf Gordys und meiner Klippe saß, aufs Meer hinausstarrte und mich von meiner Sehnsucht fast entzweireißen ließ, wartete ich darauf, dass er für die Bestattung freigegeben wurde.
    Tante Grace hatte mir ein Handy und Rubys Telefonnummer besorgt und sogar ein altes Notebook aufgetrieben, mit dem ich allerdings nichts anfangen konnte, weil mir das Wissen fehlte, wie ich es meinen Bedürfnissen entsprechend einrichten musste.
    Ruby rief ich aber mehrmals am Tag an, mal weinte sie, meis tens war sie jedoch ziemlich gefasst und erzählte mir immer mehr Details aus ihrem und Ashtons Leben.
    »Sein Vater ist völlig fertig«, berichtete sie mir Montagnachmit tag von zu Hause aus. »Stell dir bloß vor, ausgerechnet er! Er will sogar zur Beerdigung kommen. Tja, da ist ihm wohl ein bisschen spät klar geworden, was er alles verpasst hat«, sagte sie mit einem Hauch Genugtuung in der Stimme. »Für Ashton ist es natürlich jammerschade«, fügte sie dann traurig hinzu. »Er hätte seine Un terstützung zu Lebzeiten wirklich nötig

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