Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
Vom Netzwerk:
Freundin geküsst. Das allein ist eigentlich schon schlimm genug.«
    »Freund! Dass ich nicht lache!« Ruby tippte sich an die Stirn. »Ich hoffe, du hast ihn Sina ausgeredet.«
    »Nein«, gab ich seufzend zurück. »Hab ich nicht. Weißt du, sie ist so schrecklich verliebt in ihn. Na ja … und eigentlich passen sie ja auch ganz gut zusammen.«
    »Du hoffst also, dass er mit der Zeit doch noch Gefallen an ihr findet?«
    Ich antwortete mit einem Schulterzucken.
    Allerdings hoffte ich das! Und zwar nicht nur für Sina. Sollten die beiden sich nämlich trennen, bestand die Gefahr, dass Fre derik ihr von meinem seltsamen Kuss erzählte. Und womöglich nicht nur ihr. Oh, Mann, insgeheim wünschte ich mir noch im mer, dass es mir gelungen war, ihm zumindest einen Teil seiner Erinnerungen daran zu nehmen.
    »Es war kein Missbrauch«, sagte Ruby plötzlich in die Stille hi nein.
    Die Sonne schien durch die schräg gestellten Lamellen der Ja lousie, malte helle Streifen auf die Bettdecke und ließ Rubys ho nigblonde Haare golden glänzen.
    »Dein Wort in Nixen-Manitus Ohr«, sagte ich, denn ich ging natürlich davon aus, dass sie von der Sache mit Frederik sprach.
    »Nur damit wir uns nicht missverstehen«, entgegnete sie. »Ich meine die Geschichte, die sich zwischen Javen Spinx und deiner Mutter abgespielt hat. Oder hat dein Vater sein Talent etwa ver loren?«
    »Das weiß ich nicht.« Nachdenklich rieb ich über meinen Un terarm. »Und nenn dieses gefühlskalte und berechnende Arschloch gefälligst nicht meinen Vater, ja!«, knurrte ich.
    Mein Vater war Thomas Saller. Mit ihm war ich aufgewachsen. Ihn hatte ich geliebt und liebte ihn noch immer. Eine tiefe Zärt lichkeit durchströmte mein Herz und mit einem Mal fühlte ich mich unendlich leicht. Ich schloss die Augen, um dieses überra schende Gefühl mit allen Sinnen genießen zu können. Es war ein inniger Moment, der nur meinem Vater und mir gehörte und in dem mir bewusst wurde, dass ich ihn endgültig freigegeben hatte, er aber dennoch ein Leben lang zu mir gehören würde.
    »Als ob er für ihn Platz gemacht hätte …«, hörte ich Ruby mur meln und riss perplex die Augen auf.
    »Was sagst du da?«
    »Dein Vater …«, sagte sie nur und ein zaghaftes Lächeln huschte über ihre Lippen. »Glaubst du, dass es immer so ist?«, fragte sie dann, und ich hatte den Eindruck, sie tat es mehr für sich, als dass sie tatsächlich eine Antwort erwartete. »Dass für die, die gehen, immer jemand nachkommt?«
    Im Grunde war das ein schöner Gedanke, aber dass dieses Phä nomen auch für Pa und Javen Spinx und am Ende womöglich sogar für Gordy gelten sollte, wollte ich mir dann doch nicht vor stellen.
    Nein, nein, der undurchschaubare und wenn er wollte, ach so charmante Mr Spinx, der glaubte, die Welt so einrichten zu kön nen, wie es ihm gefiel, mochte vielleicht mein Erzeuger sein, doch mit allem anderen sollte er mich gefälligst in Ruhe lassen. Die Stellung, die mein Vater in meinem Leben gehabt hatte, würde er jedenfalls niemals einnehmen können.

Ich blieb fast drei Stunden bei Ruby. Die meiste Zeit saßen wir nebeneinander auf dem Bett und hielten uns gegenseitig fest. Ei gentlich hätte es noch unendlich viel zu erzählen und zu reden gegeben, doch Ashtons Tod und meine komplizierten Familien verhältnisse lagen wie ein Schleier auf unseren Seelen. Ruby fragte nicht einmal nach Gordy, ich war sicher, sie spürte sehr genau, dass ich eine ähnlich tiefe Wunde im Herzen trug wie sie. Es brauchte keine Worte, wir wussten beide, was Verlust bedeutete.
    Gegen Mittag brachte Cyril mich zurück nach Richmond. Keine Ahnung, was er in der Zwischenzeit getrieben hatte, und ich wollte es auch nicht wissen. Jedenfalls hatte er einen Salat und eine Por tion Fritten für mich besorgt, über die ich mich gierig hermachte.
    »Danke, dass du dich um Ruby gekümmert hast«, sagte ich zum Abschied.
    »Das werde ich auch weiter tun«, erwiderte er.
    »Hm.« Ich nickte, löste den Gurt und öffnete die Tür. »Deine Serotonin-Dosis war offenbar perfekt. Sie trauert, aber sie leidet nicht zu sehr.«
    Cyril nickte ebenfalls und eine Weile herrschte Schweigen zwi schen uns. Eigentlich hatte ich nichts mehr zu sagen, aber irgend wie schaffte ich es auch nicht, auszusteigen und zum Cottage hin überzugehen.
    »Ich werde Javen nicht sagen, dass du ihn hasst«, sagte Cyril, als ich mich doch gerade dazu entschloss. »Ich werde ihm gar nichts sagen. Denn im Grunde ist es allein eine Sache

Weitere Kostenlose Bücher