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Meerhexe

Meerhexe

Titel: Meerhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irma Krauss
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gebe ich etwas verspätet bekannt.
    »Ich weiß«, sagt er. »Du warst schon mal hier. Deine Oma, oder?« Er zeigt mit dem Daumen über seine Schulter, wo zwar nicht meine Oma, aber ihre Haustür ist.
    Ich nicke und verschweige Torsten, dass ich schon fast in seinem Zimmer war, hinter ihm, in der Tür. Mein Gefühl sagt mir, dass er davon nicht begeistert wäre. Ich verkneife mir überhaupt, Franziska zu erwähnen. Brüder haben für die Freundinnen ihrer Schwestern nicht viel übrig, wie ich bei Britta und Lukas beobachten kann.
    »Und du stehst doch auf Computerspiele«, mache ich weiter.
    Seine Augen sind braun und werden für einen Moment ganz schmal. Wahrscheinlich fragt er sich gerade, ob er meiner Oma von seinen Computerspielen erzählt hat - oder wie sonst könnte ich davon wissen? Er vergisst aber dieses ungelöste Rätsel schnell, als ich ihm alle meine Spiele aufliste. Er lächelt zuerst herablassend und zuletzt richtig geringschätzig.
    »Ja, eben«, seufze ich zufrieden. »Nichts Gescheites dabei, dummerweise.«
    »Mit so was gebe ich mich nicht ab. Das ist was für Warmduscher. Nee.«
    »Sag ich doch«, bekräftige ich. »Also, was ist dann gut?«
    Torsten zuckt mit den Schultern. »Was Richtiges eben. Dazu brauchst du einen schnellen PC mit 3D-Karte, weiß nicht, ob du den hast. Es gibt gute Action-Adventure, Strategie Jump & Run und Shooter...«
    Auf einmal kann er reden! Ich schaue ihn groß an und frage mich, ob er meine grünen Augen schon bemerkt hat.
    »So was, wo du mit’ner Magnumwumme auftrittst und zum Beispiel einen Haufen Dinos final umlegst, die verspachteln sonst die ganze Bevölkerung und dich sowieso auch...«
    »Hast du so ein Spiel?«, hake ich ein, bevor er noch weiter ins Detail geht. Denn ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass ich davon unbedingt mehr hören will. Ich hab’s ja nicht auf sein Spiel, sondern auf ihn abgesehen.
    »Mehrere«, sagt Torsten. Danach schweigt er sich wieder aus - ich hab ihn abgewürgt. Mit erstaunlich schönen Händen dreht er seine Noten hin und her auf der Suche nach was furchtbar Interessantem. Da ist aber nichts. Und weil wir das beide wissen, wird die Stille etwas unangenehm.
    Während ich krampfhaft überlege, wie ich Torsten dazu kriege, dass er mir von selbst seinen Computer zeigt, sage ich das Erstbeste, was mir einfällt: »Ich spiele nicht mehr Klavier.«
    »Hast du mal?«, fragt Torsten und schaut flüchtig hoch.
    »Ja, sicher.« Ich sehe zufällig meine dicken Finger und wickle sie schnell in den Hemdsaum.
    Torsten zieht ein langes Gesicht. »Ich will auch damit aufhören. Aber meine Mutter lässt mich nicht«, sagt er trübe.
    Ach, so ist das? Interessant. Darüber können wir doch auch reden - von mir aus muss es nicht der dumme Computer sein. Mir fällt ein, was mein Vater über ehrgeizige Eltern gesagt hat. Dass die, wenn sie selbst was nicht erreicht haben, ihre Kinder darauf trimmen.
    »Kann es sein«, sage ich mutig, »dass deine Mutter mal selbst Klavier spielen wollte und es irgendwie nicht geschafft hat?«
    Da schießt mir Torsten endlich einen Blick zu, einen Killerblick allerdings. »Genau! Dauernd jammert sie, dass sie die Chance nicht gekriegt hat«, legt er los. »Und dass ich sie habe und nicht genug nutze...«
    »Meine Mutter ist Konzertpianistin«, werfe ich ein.
    »Ach du Scheiße!« Torsten fährt entsetzt in seine Ecke zurück, von wo er mich voller Grauen beäugt.
    Ich lache hell auf. »Nee, Mann, das ist gut. Deshalb lässt sie mich ja in Ruhe!«
    Er schaut mich an, als hätte ich eine Schraube locker. Dann steht er sehr plötzlich auf, noch während ich Luft hole, um ihm die Ehrgeizige-Eltern-Theorie meines Vaters zu erklären.
    »Ich muss los.«
    Das darf ja nicht wahr sein - wo wir doch noch gar nichts ausgemacht haben!
    »Aber … aber das Spiel!«, stottere ich.
    »Was?« Er dreht sich noch einmal um.
    Ich komme mühsam auf die Beine. Sie waren so lange angewinkelt, dass meine Knie nicht mehr funktionieren. Die Hose spannt darüber, und man sieht, wie fett sie sind. Ich ziehe mein Hemd nach unten, so weit es geht.
    »Ein … so ein Spiel«, sage ich dämlich und spüre, wie ich rot anlaufe.
    »Ich weiß ja nicht, was du willst. Soll ich dir mal ein Heft mitbringen? Mit den Beschreibungen der besten Spiele?«
    Gedanken lesen kann Torsten nicht. Denn von einem Heft mit Beschreibungen für Computerspiele träume ich keineswegs. Aber wie mache ich ihm das klar?
    »Wenn du meinst...«, sage ich gedehnt.
    »Ich

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