Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
Vom Netzwerk:
verschwiegen?
    Bevor sie sich wieder den Unterlagen zuwandte, vergewisserte sich Erica, dass Maja mit ihren Spielsachen beschäftigt war. Nun war nur noch eine unbeschriftete Videokassette übrig. Sie erhob sich vom Sofa und holte ihren Rekorder. Glücklicherweise passte das Tape hinein. Nach einem besorgten Blick in Richtung Treppe drückte sie auf Play. Sie ließ das Band so leise wie möglich laufen und hielt sich den Lautsprecher direkt ans Ohr.
    Die Aufnahme dauerte zwanzig Minuten. Sie lauschte gespannt. Der Inhalt war größtenteils nicht neu, aber eine Sache ließ sie erstarren. Sie spulte zurück und drückte erneut auf Play.
    Als sie fertig war, zog sie die Kassette vorsichtig aus dem Rekorder, steckte sie wieder in die Hülle und verstaute sie mit dem übrigen Material in der Tüte. Da sie für ihre Bücher jahrelang andere Menschen interviewt hatte, war sie geübt darin, in Gesprächen auf Details und Nuancen zu achten. Was sie jetzt gehört hatte, war zweifellos von Bedeutung.
    Morgen früh würde sie sich darum kümmern müssen. Sie hörte, dass oben im Schlafzimmer Patrik aufstand. Mit einer Geschwindigkeit, zu der sie seit Monaten nicht in der Lage gewesen war, stellte sie die Tüte in den Flur, machte es sich wieder auf dem Sofa bequem und tat, als wäre sie tief in Majas Spiel versunken.
    Dunkelheit hatte sich über das Haus gelegt. Er hatte keine Lampen angemacht, weil es sinnlos war. Wenn es auf das Ende zuging, brauchte man keine Beleuchtung.
    Christian saß halbnackt auf dem Boden und starrte die Wand an. Ihre Worte hatte er übermalt. Im Keller hatte er einen Eimer Farbe und einen Pinsel gefunden. Dreimal hatte er die rote Farbe überstrichen. Ihr Urteil über ihn. Trotzdem hatte er das Gefühl, den Text noch genauso deutlich vor sich zu sehen wie vorher.
    Seine Hände und sein Körper waren mit Farbe beschmiert. Schwarz wie Teer. Er betrachtete seine rechte Hand. Weil sie so klebte, wischte er sie an der Brust ab, aber die schwarze Farbe schien sich nur zu verteilen.
    Sie erwartete ihn jetzt. Er hatte es die ganze Zeit gewusst. Trotzdem hatte er es vor sich hergeschoben, hatte sich selbst etwas vorgemacht und hätte beinahe die Kinder mit ins Unglück gestürzt. Die Botschaft war eindeutig. Du hast sie nicht verdient.
    Er sah das Kind in ihrem Arm. Die Frau, die er geliebt hatte. Auf einmal wünschte er, er hätte Sanna lieben können. Er hatte ihr nie etwas Böses gewollt. Trotzdem hatte er sie betrogen. Nicht mit anderen Frauen, so wie Erik, sondern auf die denkbar schlimmste Weise. Er wusste nämlich, dass Sanna ihn liebte, und hatte ihr immer gerade so viel gegeben, um ihre Hoffnung am Leben zu erhalten, dass er ihre Liebe eines Tages erwidern könnte. Obwohl es unmöglich war. Dazu war er nicht mehr in der Lage. Diese Fähigkeit hatte er mit dem blauen Kleid verloren.
    Bei den Jungs war es etwas anderes. Sie waren sein Fleisch und Blut und der Grund dafür, dass er ihr erlauben musste, ihn mitzunehmen. Das war die einzige Möglichkeit, die beiden zu retten. Er hätte es wissen müssen, bevor es so weit kam. Hätte sich nicht einreden dürfen, dass das Ganze nur ein böser Traum und er in Sicherheit war.
    Es war ein Fehler gewesen, zurückzukehren und es noch einmal zu probieren. Er hatte der Verlockung nicht widerstehen können. Er verstand es selbst nicht, aber die Versuchung war von dem Moment an da gewesen, als sich ihm die Möglichkeit eröffnete. Er hatte wirklich geglaubt, dass es eine zweite Chance für ihn gab. Eine weitere Chance, eine Familie aufzubauen. Hauptsache, er suchte sich jemanden aus, für den er nicht wirklich Zuneigung empfand, und wahrte Distanz. Er hatte sich getäuscht.
    Die Worte an der Wand sagten die Wahrheit. Er liebte die Jungs, aber er hatte sie nicht verdient. Auch das andere Kind hatte er nicht verdient, und nicht ihre Lippen, die nach Erdbeeren schmeckten. Sie hatten den Preis dafür gezahlt. Diesmal würde er dafür sorgen, dass er das tat.
    Langsam stand Christian auf und blickte sich im Zimmer um. Ein abgewetzter Teddy in der Ecke. Nils hatte ihn zur Geburt bekommen und so heiß geliebt, dass der Teddy kaum noch Fell hatte. Melkers Actionfiguren lagen ordentlich in einer Kiste. Er hütete sie wie einen Schatz und hob die Fäuste, wenn sein kleiner Bruder sie anfasste. Christian spürte, wie ihm Zweifel kamen. Hier konnte

Weitere Kostenlose Bücher