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Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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der faulen Haut liegen und fürs Pflegeheim üben«, grinste er und erklärte, dass er spätestens um sechs aufstand. Seine Schwiegertochter neckte ihn manchmal, weil er abends schon um neun ins Bett ging. »Da übst du also nicht fürs Pflegeheim?« Aber solche Bemerkungen überhörte er einfach. Er kostete schließlich den Tag aus. Nachdem er sich mit einem kräftigen Frühstück aus Getreidebrei gestärkt hatte, setzte er sich in seinen Lieblingssessel und las gründlich die Zeitung, während es draußen vor dem Fenster langsam dämmerte. Wenn er damit fertig war, war es normalerweise hell genug für die morgendliche Kontrolle. Auch die war ihm mit den Jahren zur Gewohnheit geworden.
    Er stand auf, nahm das Fernglas vom Haken und setzte sich ans Fenster. Das Haus lag oberhalb der Bootsschuppen auf dem Hügel, dahinter befand sich die Kirche. Von hier aus konnte man die gesamte Hafeneinfahrt von Fjällbacka überblicken. Er hielt sich das Fernglas vor die Augen und begann die Besichtigung auf der linken Seite. Zuerst der Nachbar. Der war auch schon auf den Beinen. Mittlerweile lebten hier im Winter nicht mehr viele Leute, aber das Nachbarhaus war zum Glück das ganze Jahr über bewohnt. Als wäre das nicht schon erfreulich genug, hatte die Dame des Hauses die Angewohnheit, morgens in der Unterwäsche herumzulaufen. Sie war zwar schon um die fünfzig, hatte aber eine unheimlich rasante Figur, wie er wieder einmal feststellte, bevor er das Fernglas weiterwandern ließ.
    Leere Häuser, überall leere Häuser. Manche waren ganz dunkel, andere verfügten über eine Zeitschaltuhr, die hier und da ein paar Lampen aufleuchten ließ. Wie immer seufzte er. Es war ein Elend, dass die Dinge sich so entwickelt hatten. Er erinnerte sich noch an die Zeit, als alle Häuser bewohnt waren und das ganze Jahr über voller Leben. Nun hatten die Sommergäste bald alles aufgekauft, hielten sich aber nur drei Monate im Jahr hier auf. Dann kehrten sie zurück in ihre Städte, wo sie bis in den Herbst ihre kleidsame Bräune mit den Worten kommentierten: »Wir waren den Sommer über in unserem Haus in Fjällbacka. Ach, könnte man doch das ganze Jahr dort wohnen, welch ein Frieden, welche Ruhe. Dort kann man sich wirklich entspannen.« Selbstverständlich meinten sie kein Wort davon ernst. Im Winter, wenn alles geschlossen und ausgestorben war und man nicht auf den Klippen liegen konnte, bis man braun und knusprig wie ein Brathähnchen war, hätten sie es keinen Tag hier ausgehalten.
    Das Fernglas wanderte über den Ingrid-Bergmans-Torg. Er lag verlassen da. Angeblich hatten die Betreiber der Website von Fjällbacka eine Kamera installiert, mit deren Hilfe man jederzeit sehen konnte, was im Ort passierte. Wer an so etwas Vergnügen fand, konnte nicht viel zu tun haben. Da war doch fast nichts los.
    Er ließ das Fernglas über die Södra Hamngatan, am Eisenwarenladen Järnboden vorbei und in Richtung Brandparken gleiten. Einen Augenblick verweilte er bei den Rettungsbooten der Küstenwache und betrachtete sie voller Bewunderung. Er fand sie ungeheuer stattlich. Boote hatte er immer geliebt, und die MinLouis glänzte so elegant, wie sie da am Kai lag. Nun folgte er dem Weg nach Badholmen. Wie immer kamen ihm Kindheitserinnerungen in den Sinn, wenn er die Holzhäuser mit den hohen Trennwänden sah, hinter denen man sich umzog. Herren und Damen getrennt. Als er ein Junge war, hatten sie immer versucht, einen Blick in die Umkleidekabinen der Mädchen zu werfen. Allerdings selten mit nennenswertem Erfolg.
    Nun sah er die Klippen und das Trampolin, das die Kinder im Sommer so eifrig nutzten. Dann den Turm, der auch nicht mehr der Jüngste war. Er hoffte, sie würden ihn wieder instand setzen und nicht auf die Idee kommen, ihn abzureißen. Der Sprungturm gehörte irgendwie zu Fjällbacka.
    Er blickte vom Turm weg übers Wasser nach Valö. Dann schreckte er zusammen und führte das Fernglas ein Stück zurück. Was um alles in der Welt? Er stellte das Bild ein wenig schärfer und kniff die Augen zusammen, um besser zu sehen. Wenn ihn nicht alles täuschte, hing vom Sprungturm etwas herunter. Etwas Dunkles, das vom Wind hin- und hergeschaukelt wurde. Er blinzelte erneut. Waren die Jugendlichen auf dumme Gedanken gekommen und hatten da eine Puppe hingehängt? Man konnte es nicht richtig erkennen.
    Die

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