Meerjungfrau
Neugier übermannte ihn. Er zog die Jacke über, steckte die FüÃe in die Schuhe, unter denen er mit Hilfe von Klettverschlüssen Spikes befestigt hatte, und ging nach drauÃen. Da er vergessen hatte, Sand auf die AuÃentreppe zu streuen, musste er sich am Geländer festhalten, um nicht auf dem Hintern zu landen. Unten auf der StraÃe kam er besser voran. So schnell sein Mut es ihm erlaubte, lief er nach Badholmen.
Als er am Ingrid-Bergmans-Torg vorbeiging, lag der Ort noch im Tiefschlaf. Er überlegte, ob er ein Auto heranwinken sollte, falls eins vorbeikam, beschloss aber, es sein zu lassen. Für den Fall, dass er sich getäuscht hatte, wollte er lieber kein Theater veranstalten.
Als er sich der Badestelle näherte, legte er noch einen Zahn zu. Da er sich bemühte, wenigstens ein paar gröÃere Spaziergänge in der Woche zu machen, war seine Kondition noch recht annehmbar. Trotzdem war er völlig auÃer Atem, als er die Gebäude auf Badholmen erreichte.
Er blieb einen Augenblick stehen, um zu verschnaufen. Zumindest tat er so, als ob das der Grund wäre. In Wahrheit hatte ihn in dem Moment, als er im Fernglas den dunklen Umriss erblickte, ein äuÃerst unangenehmes Gefühl beschlichen. Nach kurzem Zögern atmete er tief ein und ging durch den Eingang der Badestelle. Noch konnte er sich nicht überwinden, einen Blick auf den Sprungturm zu werfen. Stattdessen starrte er auf seine FüÃe und setzte sie vorsichtig auf die Klippen, damit er nicht ausrutschte und hilflos hier liegen blieb. Als er nur noch einen guten Meter vom Turm entfernt war, hob er den Blick und lieà ihn sachte nach oben wandern.
Verschlafen setzte sich Patrik auf. Irgendetwas summte. Er blickte sich um und konnte sich im ersten Moment weder orientieren noch das Geräusch orten, aber schlieÃlich war er wach genug, um nach dem Handy zu greifen. Er hatte auf Lautlos gestellt, aber der Vibrationsalarm lieà das Telefon auf dem Nachttisch kreisen, und das Display leuchtete im Dämmerlicht.
»Hallo?«
Er war sofort hellwach und zog sich an, während er zuhörte und hin und wieder Fragen stellte. Als er wenige Minuten später das Haus verlassen wollte, entdeckte er Ericas Zettel und begriff, dass sie nicht neben ihm im Bett gelegen hatte. Fluchend rannte er wieder nach oben. Maja war inzwischen aus dem Bett gekrabbelt und spielte friedlich in ihrem Zimmer. Was zum Teufel sollte er jetzt machen? Er konnte sie ja nicht alleine zu Hause lassen. Wütend rief er Erica an, aber deren Handy klingelte so lange, bis der Anrufbeantworter ansprang. Wo konnte sie so früh am Morgen stecken?
Er legte auf und wählte stattdessen die Nummer von Anna und Dan. Als Anna ans Telefon ging, atmete er erleichtert auf und erklärte hastig sein Anliegen. Während der zehn Minuten, die Anna brauchte, um sich ins Auto zu stürzen und herzurasen, trat er im Hausflur ungeduldig von einem Bein aufs andere.
»Nicht zu fassen, was ihr in letzter Zeit so alles dringend erledigen müsst. Gestern erst Ericas Ausflug nach Göteborg, und heute scheint es bei dir irgendwo zu brennen.« Lachend lief Anna an Patrik vorbei ins Haus.
Eilig bedankte er sich und rannte zum Wagen. Erst hinterm Steuer wurde ihm bewusst, was Anna da gerade gesagt hatte. Ausflug nach Göteborg? Gestern? Er verstand nur Bahnhof. Aber damit musste er sich später befassen. Nun standen ihm andere Dinge bevor.
Als er nach Badholmen kam, arbeiteten die Kollegen bereits auf Hochtouren. Er parkte vor den Rettungsbooten und rannte hinaus auf die Insel. Torbjörn Ruud und seine Kriminaltechniker waren bereits an Ort und Stelle.
»Wann seid ihr gerufen worden?« Patrik richtete die Frage an Gösta, der zu ihm kam. Torbjörn mit seinem Team aus Uddevalla hätte eigentlich nicht vor ihm hier sein dürfen. Auch Gösta und Martin nicht, die nur aus Tanum herübergefahren waren. Warum war er nicht früher benachrichtigt worden?
»Annika hat mehrmals versucht, dich zu erreichen. Gestern Abend offenbar auch, aber du bist nicht ans Telefon gegangen.«
Patrik zog das Handy aus der Tasche, um zu beweisen, dass das nicht stimmte, aber als er auf das Display schaute, sah er es: sechs entgangene Anrufe. Drei gestern Abend und drei heute Morgen.
»WeiÃt du, was sie gestern von mir wollte?« Patrik verfluchte seine Entscheidung, das Handy auf Lautlos zu stellen und sich einen Abend Ruhe zu
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