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Meerjungfrau

Meerjungfrau

Titel: Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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wenig reizvoll. Abends Fertiggerichte vor dem Fernseher und am Wochenende Verabredungen mit den Töchtern? Er blieb aus Bequemlichkeit bei seiner Frau. Und weil ihr die Hälfte seines Vermögens zugestanden hätte. So einfach war das. Und für diese Bequemlichkeit würde er in den nächsten achtzehn Jahren teuer bezahlen.
    Fast eine Stunde blieb er in der Nähe des Hauses im Auto sitzen. Er sah Sanna, die drin hin und her lief. Ihre Körpersprache ließ erkennen, wie aufgewühlt sie war.
    Er hatte keine Kraft, sich ihrer Wut, ihren Tränen und den endlosen Vorwürfen zu stellen. Wenn die Jungs nicht wären … Christian ließ den Motor an und fuhr in die Einfahrt, um den Gedanken nicht zu Ende zu denken. Immer wenn er seine tiefe Liebe zu den Kindern spürte, überwältigte ihn Entsetzen. Er hatte versucht, sie nicht zu nahe an sich herankommen zu lassen. Hatte alles getan, um die Gefahr und das Böse von ihnen fernzuhalten. Doch die Briefe hatten ihm klargemacht, dass das Böse bereits hier war. Und die Liebe zu seinen Söhnen war groß. Es gab kein Zurück.
    Um jeden Preis musste er sie schützen. Er durfte nicht noch einmal scheitern. Sonst würde sich sein Leben, würde sich alles, woran er glaubte, für immer verändern. Er lehnte den Kopf an das kühle Lenkrad und erwartete, dass die Haustür sich öffnen würde. Doch Sanna hatte ihn offenbar nicht kommen hören, und so hatte er noch einen Moment Zeit, sich zu fassen.
    Er hatte geglaubt, für Sicherheit sorgen zu können, indem er den Teil seines Herzens abschottete, der ihnen gehörte. Aber er hatte sich getäuscht. Er konnte weder davonlaufen, noch konnte er aufhören, sie zu lieben. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als zu kämpfen und sich dem Bösen zu stellen. Er musste dem, was er so lange in seinem Innern verborgen hatte, in die Augen sehen. Das Buch hatte alles wieder ans Licht gebracht. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass er es besser nicht geschrieben hätte. Ohne den Roman wäre alles anders gewesen. Andererseits hatte er keine Wahl gehabt. Er musste es schreiben. Musste über sie schreiben.
    Nun ging die Haustür auf. Zitternd stand Sanna davor und verkroch sich in ihrer Strickjacke. Er hob den Kopf und blickte sie an. Im Licht des Flurs wirkte sie trotz der fusseligen Jacke und der Pantoffeln wie eine Madonna. Ihr drohte keine Gefahr. Das wusste er in diesem Augenblick ganz genau. Sie berührte gar nichts in ihm. Das hatte sie nie getan, und es würde auch niemals dazu kommen. Um sie brauchte er sich keine Sorgen zu machen.
    Rede und Antwort musste er ihr trotzdem stehen. Mit schweren, tauben Beinen stieg er aus dem Wagen und verriegelte die Türen. Dann ging er auf das Licht zu. Sanna machte einen Schritt zurück. Kreidebleich starrte sie ihn an.
    Â»Ich habe versucht, dich anzurufen. Immer wieder, seit dem Mittagessen, aber du bist nicht rangegangen. Sag, dass dein Handy gestohlen wurde oder kaputt ist, gib mir irgendeine vernünftige Erklärung dafür, dass ich dich nicht erreichen konnte.«
    Christian zuckte die Achseln. Er konnte es nicht erklären.
    Â»Ich weiß nicht.« Er quälte sich aus seiner Jacke. Auch die Arme fühlten sich taub an.
    Â»Du weißt nicht …« Die Worte kamen stoßweise. Obwohl er die Haustür zugezogen und die Kälte ausgesperrt hatte, schien sie immer noch zu zittern.
    Â»Ich war müde.« Er hörte selbst, wie fadenscheinig das klang. »Das Interview heute Morgen war anstrengend, und dann habe ich Gaby getroffen und … Ich war einfach müde.« Er konnte sich nicht aufraffen, ihr von dem grauenhaften Gespräch mit der Verlegerin zu erzählen. Am liebsten wollte er sich unter seiner Bettdecke verkriechen und das Ganze vergessen.
    Â»Sind die Jungs schon im Bett?« Als er sie im Vorbeigehen versehentlich anstieß, kam sie ins Schwanken, rührte sich aber nicht von der Stelle. Da sie keine Antwort gab, wiederholte er die Frage:
    Â»Sind die Jungs im Bett?«
    Â»Ja.«
    Er ging die Treppe hinauf zum Kinderzimmer. Sie sahen wie kleine Engel aus. Rote Wangen und dichte schwarze Wimpern. Er setzte sich zu Nils auf die Bettkante und strich ihm über das blonde Haar. Hörte Melker leise schnaufen. Bevor er ging, deckte er beide fest zu. Unten stand Sanna noch immer am selben Fleck. Allmählich wurde ihm klar, dass dies kein

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