Meg Finn und die Liste der vier Wünsche
sein …
Franco schoss aus dem Sessel hoch. O mein Gott! Auf seinem Gesicht breiteten sich Schock und Fassungslosigkeit aus. Was war passiert? Sein Fernseher! Verschwunden!
Ich zoomte sein Gesicht heran und hoffte auf Tränen. Ich wurde nicht enttäuscht.
Franco fiel vor seinem alten Fernseher auf die Knie. Eine Kassette mit einem Zettel lag auf dem Videorekorder: Leg mich ein.
Mit zitternden Fingern schob er die Kassette in den Rekorder. Nach kurzem Rauschen erschienen zwei Dinge auf dem Bildschirm. Das eine war ich, das andere der Fernseher.
»Nein …« Das Wort entwich Francos Lippen wie das letzte Bisschen Luft aus einem Ballon.
Ich konnte meine Stimme draußen nicht hören, aber ich wusste, was ich sagte.
»Mein lieber Stiefvater. Da du diesen Fernseher mit meinem Ring bezahlt hast, gehe ich davon aus, dass er dem Gesetz nach mir gehört. Also kann ich dem Gesetz nach damit tun, was ich will. Ich kann mich hinsetzen und Glenroe gucken. Oder ich kann ihn hiermit bearbeiten!«
Mein Videodouble holte ein Werkzeug hervor. Es war ein riesiger Vorschlaghammer.
Franco stopfte sich beide Fäuste in den Mund. Der Inbegriff des Entsetzens. »Nein, du elendes Miststück. Nicht!«
Selbst wenn ich in diesem Moment einen Hauch von Mitleid empfand, meine Zwillingsschwester auf dem Video tat es nicht. Sie schlug mit dem Elan eines ganzen Abbruchunternehmens zu. Sie steigerte sich so hinein, dass sie die Kamera völlig vergaß. Es war fast ein bisschen peinlich.
Franco zuckte bei jedem Schlag zusammen.
»Hör auf. Bitte hör auf. Ich gebe dir alles, was du willst.«
Jetzt berührte er mit den Fingern den Bildschirm. Jämmerlich. Bei der Beerdigung meiner Mutter hatte der Kerl kaum eine Träne vergossen, und jetzt heulte er über den Tod eines Fernsehers wie ein Schlosshund.
Am Ende lag Franco platt auf dem Boden, die Hände auf die Ohren gepresst, um die Zerstörung nicht mehr miterleben zu müssen. Zu dem Zeitpunkt war der Fernseher nur noch ein Haufen Glas und Funken.
Und ich hatte jede glorreiche Sekunde auf Video.
Natürlich machte ich den ganzen restlichen Tag einen weiten Bogen um Franco. Ich habe keine Ahnung, wie er bis zu dem Vereinstreffen durchgehalten hat. Vielleicht war die Aussicht auf den Abend mit seinen Kumpels das Einzige, was ihn aufrecht hielt.
Als ich bei der NVT-Sitzung auftauchte, war Franco vom Scheitel bis zur Sohle sein präsentables Ich, abgesehen von einem leicht tragischen Zug um die Augen. Die Jungs saßen an einem Tisch in der Crescent Bar, direkt vor dem großen Bildschirm, auf dem das Video vom Wettflug gezeigt werden sollte.
Ich zählte bis drei und trat durch die Doppeltür. Francos erster Impuls war, sich auf mich zu stürzen, aber das konnte er nicht. Der Adoptionsantrag lief schließlich noch. Einen neuen Fernseher konnte man kaufen. An ein neues Haus kam man nicht so leicht.
»Was ist, Meg?«, fragte er durch die zusammengebissenen Zähne. »Du solltest längst im Bett sein. Morgen ist Schule.«
»Ich bringe dir dein Video, Onkel Franco«, sagte ich und blickte ihm direkt in die Augen. »Du hast es vergessen.«
Franco blinzelte. »Was für ein Video?«
»Das vom Dover Pigeon Grand Prix. Wolltet ihr euch das nicht nach der Sitzung anschauen?«
Franco suchte in seiner Tasche. Die Kassette war nicht da. Konnte sie auch nicht, da ich sie tief unten in unserem Mülleimer begraben hatte.
Vorsichtig nahm er die Kassette, die ich ihm hinhielt, als könnte sie explodieren. »Danke, Mädchen«, murmelte er. »Jetzt aber ab nach Hause.«
Ich zog einen Schmollmund. »Ooch. Kann ich nicht mitgucken? Taubenwettbewerbe sind so spannend.«
Mit Schmeicheleien erreicht man alles.
»Komm schon, Franco, lass das Mädchen zuschauen. Mach ihr die Freude.«
»Ist doch nur ein Abend, Chef. Das wird sie schon nicht umbringen.«
Was sollte mein Stiefvater tun? Einerseits wollte er vor seinen Kumpels nicht undankbar erscheinen, andererseits befürchtete er eine Falle.
»Also gut, Meg«, sagte er schließlich. »Aber darüber reden wir noch.«
Eine vollkommen harmlose Bemerkung. Für jeden außer mir. Ich wusste, was Franco mit »darüber reden« meinte.
Sie legten die Kassette ein. Gebannt sah ich zu, wie sie mit leisem Surren in den Rekorder glitt. Bestimmt würde mein Plan nicht funktionieren. Bestimmt würde mir jemand einen Strich durch die Rechnung machen. Doch nein. Es funktionierte nicht nur, es war perfekt.
Ein paar Sekunden herrschte leichte Verwirrung, und nicht einmal
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