Mehr als die Summe - Star trek : The next generation ; 5
Langstreckensensoren zeigten, dass das Borg-Schiff weiterhin in der Hülle eingeschlossen blieb, die von der Clusterentität geschaffen worden war und dass deren Material sich durch Partikelsynthese so rasch ersetzte, wie die Waffen der Borg imstande waren, es zu zerstören. Im Augenblick stellten sie keine Gefahr dar, aber Worf wusste, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein würde.
Darüber hinaus wollte er sich entschuldigen. Er hatte den Lieutenant zu hart beurteilt, indem er davon ausgegangen war, dass ihre sanfte, friedfertige Art sie zu einem unzulänglichen Kämpfer machen würde. Tatsächlich hatte sie sich hervorragend geschlagen, denn sie war bereit gewesen, Gewalt anzuwenden, wenn nötig, und sie hatte dabei gleichzeitig recht innovative Taktiken eingesetzt. Ihre Anwendung von Kampfkunstprinzipien auf den Raumschiffkampf war ebenso überraschend wie effektiv gewesen. Natürlich hatten sich die Einsatzregeln der Sternenflotte schon immer zu einem gewissen Grad an Kampfkunst-Doktrinen orientiert, indem sie den gezielten Einsatz minimal notwendiger Gewalt favorisierten – beispielsweise durch die Verwendung präziser Phaserschüsse, um Waffen und Antriebssystem auszuschalten, statt Schiffe einfach komplett zu zerstören. Doch Choudhury hatte dieses Prinzip einen oder zwei Schritte weitergetrieben und bei all ihrer Zartheit einen überraschend kraftvollen Charakter bewiesen. Worf hatte noch nie gesehen, dass ein Schiff buchstäblich gegen einen Mond geschleudert worden war. Das war ganz nach seinem Geschmack. Es hatte einen sehr befriedigenden Wumms gegeben.
Daher wurde er ziemlich kalt erwischt, als Choudhury ihm die Tür öffnete und ihr Gesicht tränenüberströmt war. Ihre Augen waren aufgequollen, ihre Wangen gerötet und ihr Atem ging stoßweise. Worf schloss daraus, dass sie schon eine ganze Weile lang heftig geweint hatte. »Lieutenant?«, fragte er mit leichtem Unwohlsein. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Nein, Sir. Es geht mir gut. Ich entschuldige mich.« Ihre Stimme zitterte, ein bestürzend intensiver Ausdruck von Gefühlen für jemanden, der für gewöhnlich so ausgeglichen und ruhig war. »Bitte kommen Sie herein, Sir. Was kann ich für Sie tun?«
Worf zögerte. »Es kann bis morgen warten, Lieutenant. Ich sollte Sie besser allein ...«
»Bitte nicht!« Sie nahm sich zusammen. »Ich meine ... Ich würde mich freuen, wenn ich gerade jetzt jemanden hätte, mit dem ich reden kann. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Sir.«
Er rief sich ins Gedächtnis, dass es als Erster Offizier seine Pflicht war, sich um das Wohlergehen seiner Offiziere zu kümmern. Wenn der Lieutenant ein Problem hatte, war es an ihm, sich darum zu kümmern. Also überwand er sein Widerstreben und betrat ihr Quartier. »Worüber möchten Sie sprechen, Lieutenant?«, fragte er, und seine Erfahrung als Diplomat half ihm dabei, seine Stimme ruhig und neutral zu halten.
»Ich brauche wirklich nur etwas Gesellschaft, Commander. Es ist ... es war schwer für mich heute. Im Kampf.«
Worf musterte sie einen Augenblick lang. »Sie haben sich ausgezeichnet geschlagen. Ich war äußerst beeindruckt.«
»Danke, Sir, aber es ist nicht meine Leistung, die mich quält.« Sie bot ihm mit einer Geste einen Sitzplatz an und setzte sich ihm gegenüber. »In ein derart hitziges Gefechtverwickelt zu sein, ohne Aussicht auf ein Verhandeln oder auf gegenseitiges Verständnis ... keine Wahl zu haben, als zu töten ... Es hat alte Erinnerungen geweckt, von denen ich gehofft hatte, sie hinter mir gelassen zu haben.«
»Der Dominion-Krieg?«
Sie nickte. »Es war schrecklich für mich. Ich verlor so viele Freunde und Kollegen ... sah so viel Tod und Schmerz und Grauen ... fügte all das selbst zu.« Erneut flossen Tränen aus ihren dunklen Augen. Aber sie bot ihm keine weitere Erklärung. Stattdessen fragte sie nach einer Weile: »Kennen Sie die
Bhagavad Gita
, Mister Worf?«
Worf forschte in seinem Gedächtnis nach. »Ich las es in der Schule«, sagte er. »Es ist lange her.«
»Als Arjuna sich auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra den Heerscharen der Kurus, seiner Verwandten und ehemaligen Freunde gegenübersah, legte er seinen Bogen nieder und sagte zum heiligen Krishna, der die Gestalt seines Freundes und Wagenlenkers angenommen hatte, dass er nicht kämpfen würde. Worin läge das Gute, fragte er, sie für ein Königreich zu töten?«
Worf nickte. »Und Krishna antwortete, dass die Trennung zwischen Tod und Leben eine Illusion sei und dass
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