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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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hielt. Susan hatte sich schon immer über ihre dramatische Natur beklagt.
    »Sie haben aber keine tausend Dollar dafür bezahlt, oder etwa doch?«
    Constance nickte, erleichtert, weil der junge Mann endlich ein Wort gesprochen hatte. »Ich habe es getan.«
    Trevor begutachtete das Eichhörnchen auf dem Etikett von Donalds Erdnussbutterglas. »Ich schätze, die Asche kam an.«
    »Zwei Wochen später. Die Hälfte.«
    »Die bessere Hälfte hoffe ich mal.«
    »So etwas gab es bei Donald nicht.«
    Trevor zeigte auf den letzten der drei Behälter mit Asche. »Was ist mit dem da? Thomas?«
    »Der arme Thomas«, gab Constance zur Antwort. Sie schüttelte eine überwältigende Traurigkeit von sich ab, um sich auf den lebendigen Mann an ihrer Seite zu konzentrieren. »Er hatte niemanden.« Sie nahm die Vitamin-C-Dose von der Bank und stellte sie auf ihren Schoß. »Ich habe ihn in den Anzeigen gefunden.«
    »Anzeigen?«
    »Den Traueranzeigen. Die Polizei hatte seine Leiche auf der East Pender Street in Vancouver gefunden und suchte nach seinen nächsten Angehörigen.« Iris war mit ihr hingefahren, damit sie ihn identifizieren konnte. Die Beamten von der Polizei waren sehr liebenswürdig gewesen. Bei einer Tasse Kaffee hatte ein Officer die große Menge Alkohol, die man in Thomas’ Blut gefunden hatte, und die Umstände seines Todes beschrieben. Die Umstände seines Lebens konnte sie nur vermuten. Sie hatten sie ins Leichenschauhaus geführt, eine große Schublade aufgezogen, und da war er, ein Schock, ihn nach der langen Zeit zu sehen. Ein alter Mann, nicht nur tot und steif, sondern auch ergraut und verwelkt, von der Statur her fast wie ein Kind.
    »Er war obdachlos«, sagte sie. »Er besaß nur noch ein Taschenmesser und eine billige Uhr.«
    Trevor saß stumm neben ihr. Hatte sie ihn sprachlos gemacht? »Erstaunlich, dass sie alle im gleichen Jahr starben, nicht wahr?«
    Er nickte, doch sie konnte sehen, dass er verzweifelt nach Worten suchte. Aus den Lautsprechern dröhnte eine Stimme in die Halle: »Passagiere des Cairo-Air-Fluges 2374 werden gebeten, sich zum Abflugschalter zu begeben.« Als er das vernahm, schwand die Anspannung aus seinem Gesicht.
    »Das ist unser Flug. Der Sandsturm ist vorbei.« Constance erhob sich und fühlte selbst eine Art von Erleichterung. Noch mehr Erinnerungen an ihr Leben konnte sie schwerlich ertragen. Sie steckte ihre Ehemänner, einen nach dem anderen, zurück in die Tasche mit den Sonnenblumen. »Lassen Sie uns gehen. Wir wollen unser Flugzeug nicht verpassen.«
    »Aber Sie haben mir noch nicht erzählt, wie Sie an Thomas’ Asche herangekommen sind«, protestierte Trevor, saß immer noch auf seinem Platz und sah wieder aus wie Gregory.
    »Die Polizei hat mich gefragt, was ich mit seinen sterblichen Überresten tun wolle.« Sie rüttelte die Tasche. »Und hier ist er.«
    Sie drückte Trevor den Griff seines Handgepäcks in die Hand. »Kommen Sie. Wir fliegen nach Afrika!«
    Sie lief los. Und bei jedem Schritt blinkten an den Absätzen ihrer Schuhe winzige rote Lämpchen.

4

    Für Trevor lag das Erlebnis, mit dem Flugzeug zu reisen, jenseits aller normalen Grenzen von Zeit und Raum. Das unwohle Gefühl unbegrenzter Möglichkeiten, das er beim Start empfand, wurde immer stärker, bis das Flugzeug seine Reiseflughöhe erreicht hatte. Zwei Gläser Scotch halfen in der Regel, nur trug ihn Cairo Air Flug 2374 so weit weg von seinem vorhersehbaren, wohlgeordneten Leben, dass das Gefühl, alles könne passieren, trotz des Scotch anhielt. Er versuchte, sich im Bordmagazin zu verlieren, in einem Artikel über die Schifffahrt auf dem Nil. Aber Constance sorgte für häufige und anhaltende Unterbrechungen, indem sie immer wieder darüber schwatzte, wie luxuriös die erste Klasse und wie bequem die Ledersessel doch seien. Zu seinem Erstaunen hielt sie beim Scotch mit ihm mit. Drei Drinks hatten weder der Geschwindigkeit noch dem Zusammenhang ihres Redeschwalls etwas anhaben können. Vor allem aber konnte er nicht aufhören, an die drei toten Männer zu denken, die unter dem Sitz vor ihr verstaut waren. Ihre morbide Gegenwart entfachte eine untypische Neugier in ihm.
    »Mein zweiter Ehemann trank Scotch«, verkündete Constance, nahm einen Schluck und hinterließ mit ihrem rosafarbenen Lippenstift am Rand ihres Glases eine Schmierspur. Sie blickte aus dem winzigen Fenster. »Was meinen Sie, wo wir sind?«
    Trevor reckte den Hals, um über ihren Kopf hinwegzusehen. Wo die Wolkendecke aufgebrochen

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