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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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allerdings an den Tag, an dem sein Bruder ihn überredet hatte, auf der Farm vom Dach des Heuschobers zu springen. Brent, der voller Selbstbewusstsein unten am Boden umherstolziert war, hatte ihm nach oben zugerufen: »Spring. Du schaffst das!« Ihm war wegen der Höhe ganz flau im Magen geworden, und Trevor hatte von oben nach unten geschaut, auf die goldenen Ballen, die wie sechzig Zentimeter hohe Ziegelsteine aufgehäuft waren, und er hatte den Kopf geschüttelt: »Nein.« Dann, ganz plötzlich, war er in die Luft hineingetreten, und im Fallen war es ihm so vorgekommen, als würde er sich selbst dabei beobachten. Seine eigene Verwegenheit hatte ihn verblüfft, und er hatte sich gefragt, wer das wohl gewesen war, der sich da am Ende wider besseren Wissens für den Sprung entschieden hatte. Wenn seine Erinnerung ihn nicht trog, hatte er sich bei dem Sturz seinen rechten Arm gebrochen.

    Constance war innerlich darauf vorbereitet gewesen, dass Trevor weggehen würde, sie hätte es ihm im Grunde nicht verdenken können. Sie musste ihm vorkommen wie eine übergeschnappte alte Frau. Umso mehr überraschte es sie, als er fortfuhr, ihr Fragen zu stellen. Sie hätte lügen und behaupten sollen, dass alles nur ein dummer Streich war, den sie den Leuten spielte, etwas, womit man ein Gespräch in Gang bringen konnte, aber als sie anhob, ihm das zu sagen, sperrte sich ihr Herz dagegen. Die Muskeln in ihrer Brust verspannten sich und hinderten die Worte daran, ihr über die Zunge zu kommen. Ihr Herz erlaubte ihr nicht, diesen Mann zu belügen.
    »Ich hatte drei Ehemänner«, sagte sie mit fester Stimme und lachte dann über ihre eigenen Worte. Wie sich das für einen Fremden anhören musste. »Nicht alle auf einmal. Ich will nicht hoffen, dass Sie das denken. Nein, einen nach dem anderen.«
    Sie beobachtete ihn und war erleichtert zu sehen, dass die Farbe in sein Gesicht zurückkehrte. Er hatte sich dieses Mal nicht aufgelöst wie Schnee, der in eine Regenpfütze fiel; ein schwaches Lächeln flog bei ihrem Geständnis über seine Lippen. Es war ihr früher peinlich gewesen, so viele Ehemänner gehabt zu haben, ganz so, als sei das ein Zugeständnis, versagt zu haben. Aber da sie alle gestorben waren, hatte sie aufgehört, sich darum zu sorgen, was andere Leute dachten, und inzwischen glaubte sie insgeheim, dass es ihrer Persönlichkeit einen Hauch von Verwegenheit verlieh. »Ach, Darling, ich hatte nur drei Ehemänner«, pflegte sie mit Iris zu scherzen, wenn sie auf der Terrasse des Cottages in Sooke Tee miteinander tranken.
    »Soll ich Ihnen über sie erzählen? Wie das passiert ist, dass ich jetzt hier mit ihren sterblichen Überresten sitze?«, fragte sie. »Ich denke mal, das kommt Ihnen verrückt vor.«
    Er nickte so langsam mit dem Kopf, dass sie nicht sicher war, was genau er damit bestätigen wollte: dass sie verrückt war oder ihre Geschichte. Allerdings wollte sie das auch gar nicht wissen. »Mit welchem soll ich anfangen?«
    Er machte weit hinten im Rachen ein hüstelndes Geräusch, und sie befürchtete, dass er sie nicht wirklich ernst nahm. Sie konnte es nachvollziehen, war aber erfreut, als er unverbindlich mit dem Zeigefinger auf die Dose mit dem Backpulver wies, die neben seinem Oberschenkel stand.
    »Das ist Martin«, erklärte sie.
    »Er hat mehr Volumen als die beiden anderen«, erwiderte Trevor.
    »Nun, ich habe ein paar Sachen dazugegeben.«
    »Dazugegeben... ein paar Sachen?« Seine Augen, die, wie sie feststellte, ebenso grün waren wie Martins, wurden immer größer.
    »Zu seinem Leichnam, bei der Einäscherung. Dinge, die ihm viel bedeutet haben. Die Pantoffeln, die er jeden Abend nach dem Essen trug, seine Pfeife, seine Gesammelten Werke von William Shakespeare. Dinge eben, die er, außer mir natürlich, geliebt hat. Ich dachte mir, dass er sie vielleicht brauchen könnte. Man weiß ja nie.«
    Trevor verzog die Mundwinkel zu einem Grinsen, und ihr war klar, dass er versuchte, ein Lachen zu unterdrücken.
    »Verspotten Sie mich nicht«, schimpfte sie und schüttelte den Kopf. Dabei spürte sie, wie die überhängende Haut unter ihren Augen über den Wangenknochen vibrierte; das war eine der Folgen des Alterns, die sie sehr lange ignoriert hatte und die ihren Verdruss jetzt nur noch größer machte. »An Martins Tod bin ich beinahe selbst gestorben. Ich habe es geliebt, seine Asche im Haus zu haben und hin und wieder mit ihr zu reden. Wir haben immer über alles geredet.« Sie konnte nur knapp die

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