Mehr als fromme Wuensche
Konsumenten reduzieren! Und: Die „Armen“ sind nicht einfach Objekte unserer Wohltätigkeit; es geht für alle um eine Gesellschaft, in der wir miteinander in sozialem Frieden leben.
Auch die Freiheit aus Glauben, von der Martin, der Reformator aus Wittenberg sprach, ist aktuell. Solche innere Freiheit kennen viele Menschen nicht mehr, weil sie keine Beziehunghaben zu Gott, weil sie die Wurzeln des christlichen Glaubens verloren haben. Gerade deshalb wollen wir als Kirchen den Sonntag schützen. Er ist der wichtigste Tag in der Woche, weil er uns durchatmen lässt! Sonntage geben Zeit für die Seele, Zeit für Gott, für das Nachdenken über die letzten Dinge, und auch Zeit für die Familie, für Freunde. Eine Gesellschaft, die nur noch Werk- und Einkaufstage kennt, wird bald an einem kollektiven Burn-Out-Syndrom leiden. Es gibt vieles zu bedenken am Martinstag ...
Ach, da sei ein bischöflicher Stoßseufzer erlaubt: Muss es mancherorts wirklich ein verkaufsoffener Sonntag sein, der nun „Martinssonntag“ genannt wird? Wer an kirchliche Traditionen anknüpft, sollte das auch konsequent tun. Früher, als der Martinstag noch Markttag war, begann danach eine 40-tägige Fastenzeit zur Vorbereitung auf Weihnachten! Daran ist wohl kaum gedacht. Heute soll er quasi die Adventszeit einläuten – die beginnt aber erst nach dem Ewigkeitssonntag, oft erst Ende November! Wissen wir am Sonntag nichts anderes mit uns anzufangen, noch dazu in einer Zeit, in der die meisten angeblich weniger Geld in der Tasche haben?
Als gesetzliche Regelung akzeptieren wir als Kirchen notgedrungen maximal viermal im Jahr den Kompromiss: Kirchgang am Morgen und Markt am Nachmittag. Mir liegt daran, dass Menschen noch wissen, wo sie wirklich Orientierung finden im Leben, wenn keine Designerklamotte und kein Shopping Sinn produzieren können. Dazu kann mancher Martinsumzug mit Laternen und Andacht beitragen.
Wahrheit und Klarheit
D ie Frage, wie Muslime in Deutschland leben und wie es einen konstruktiven Dialog mit dem Islam geben kann, treibt viele um. Fakt ist: Mehr als drei Millionen Muslime leben in Deutschland, und zwar auf Dauer. Deshalb geht es nicht nur um das Verhältnis der Religionen untereinander, sondern auch um klare Regelungen des Staates mit den Religionsgemeinschaften. So ist es gut und wichtig, dass Innenminister Schäuble eine Islamkonferenz einberufen hat, auch wenn es Streitigkeiten zur Zusammensetzung und zur Einladungspraxis gab. So ist richtig, dass eine zentrale Vertretung der Muslime in Deutschland gefordert wird. Das wird sicher noch Zeit brauchen, ist aber notwendig, um Gespräche auf einer Ebene führen zu können, beispielsweise über islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen mit einem klaren Kurrikulum, ausgebildeten Lehrkräften und in deutscher Sprache. Die Frage für den Staat wird sein, ob es einen mit den Grundüberzeugungen der Demokratie im Einklang stehenden Islam gibt, ob Muslime offen die Verfassung dieses Landes bejahen. Da geht es auch um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Und es geht um Gesetze wie das Recht von Kindern auf gewaltfreie Erziehung oder die Teilnahme von muslimischen Mädchen am Sportunterricht. Unsere Rechts- und Werteordnung im Land muss auch von Zuwanderern respektiert werden.
Für die Kirche ist die Frage noch eine andere: Wie kommen wir in ein Gespräch über Glaubensfragen miteinander? Wiekönnen wir die unterschiedlichen Gottes- und Menschenbilder besser verstehen? Gibt es die Möglichkeit eines gemeinsamen Gebetes? Wie regeln wir Trauungen zwischen den Religionen?
Hierzu hat die Evangelische Kirche unter dem Titel „Wahrheit und Klarheit“ einen wichtigen Beitrag geleistet. Mir ist wichtig, dass klar gesagt wird: Wir können mit Respekt dabei und anwesend sein, wenn Menschen einer anderen Religion beten. Dazu laden wir auch Gläubige zu uns ein. Eine einfache Vermischung, ein schneller interreligiöser Ritus ist aber nicht der richtige Weg. Unsere Religionen sind verschieden. Es gehört zum gegenseitigen Respekt, die Unterschiede nicht so schnell zu verwischen. Und: Ich muss meine eigene Religion kennen, um dialogfähig zu sein. Staat und Kirche haben hier unterschiedliche Aufgaben, die auch nicht einfach in einen Topf zu werfen sind.
„Da Christen und Muslime – jedoch auch Juden – an den Gott glauben, der zu Abraham als Stammvater gesprochen hat, scheint die Grundlage für ein gemeinsames Gebet gegeben. Trotz dieser Gemeinsamkeit besteht
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