Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
sind, ihnen solche Strategien zu zeigen.
Melanchthon hat im Laufe seines Lebens immer wieder erkennen müssen, dass die von ihm vertretene Tugend der Friedensfähigkeit ein Ideal ist, das kriegerische Auseinandersetzungen, Gewalt und Kriege nicht zuverlässig verhindert. Dennoch war es sein Ziel, nach Verständigung und Kompromiss zu suchen, und erst wenn dies nicht möglich war oder wenn Verhandlungen gescheitert waren, Kriege als Ultima Ratio zu akzeptieren. Ein gutes reformatorisches Vorbild also.
Als er allerdings 1525 vom Kurfürsten Ludwig V. von der Pfalz um eine Beurteilung der Bauernaufstände gebeten wurde, gab Melanchthon folgende Antwort: „(…) daß dies ein wildes ungezogenes Bauernvolk sei und die Obrigkeit recht tue. Außerdem ist der Zehnte rechtens, die Leibeigenschaft und Zinsen seien nicht frevelhaft. Die Obrigkeit kann die Strafe setzen nach der Not im Lande und die Bauern haben nicht das Recht, der Herrschaft ein Gesetz zu diktieren. Für solch ein ungezogenes, mutwilliges und blutgieriges Volk nennt Gott das Schwert.“ Der Kurfürst nahm die Antwort zum Anlass, mit aller Gewalt gegen die Bauern vorzugehen und zog am 23. Mai 1525 siegreich in Bruchsal ein …
Im Augsburger Bekenntnis von 1530 steht in Artikel 22 dann jener Satz, der in der lutherischen Tradition seit Jahrhunderten für Diskussionsstoff sorgte: „Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment wird gelehrt, dass alle Obrigkeit in der Welt und geordnetes Regiment und Gesetze gute Ordnung (sind, die) von Gott geschaffen und eingesetzt sind, und dass Christen ohne Sünde in Obrigkeit, Fürsten- und Richteramt (tätig) sein können, nach kaiserlichen und anderen geltenden Rechten Urteile und Recht sprechen, Übeltäter mit dem Schwert bestrafen, rechtmäßig Kriege führen ( iure bellare ), (in ihnen mit)streiten, kaufen und verkaufen, auferlegte Eide leisten, Eigentum haben, eine Ehe eingehen (können) usw. Hiermit werden die Wiedertäufer verdammt, die lehren, dass das oben Angezeigte unchristlich sei.“ 52
Konzil des Friedens
Die Frage, ob der Einsatz von Waffengewalt aus christlicher Sicht legitim ist, ob Christinnen und Christen in einer Armee dienen können, bleibt somit von Anfang an ein strittiges Thema der Christenheit. Werfen wir einen Blick in die jüngere Geschichte, so ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach den entsetzlichen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges ein Hoffnungsschimmer erkennbar. Dietrich Bonhoeffer war überzeugt, die mit dem Beginn des Jahrhunderts entstehende ökumenische Bewegung werde Vorkämpferin des Friedens werden. Wenn sich die Kirchen verständigten, miteinander im Gespräch wären, könnten sie Widerstand leisten gegen nationalistische Parolen und Kriegstreiberei. Auf einem ökumenischen Kirchentreffen in Fanoe sagte er 1934 in seiner Morgenandacht: „Nur das eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, daß die Welt zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muß und daß die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden ausruft über die rasende Welt.“
Ich habe davon zum ersten Mal gehört, als ich 1983 als Jugenddelegierte der EKD zur Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen fahren konnte. Die Kirchen des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR bezogen sich auf diese Worte Bonhoeffers und forderten den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) auf, angesichts der atomaren Bedrohung ein solches Konzil einzuberufen. Er schien der richtige Adressat, denn bereits im Oktober 1945 besuchte eine Delegation europäischer Kirchenvertreter den Rat der EKD und lud in einer überwältigenden Geste der Versöhnung die evangelischen Kirchen ein, Gründungsmitglieder des ÖRK zu werden. In Amsterdam erklärten die Kirchen dann 1948 gemeinsam: Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein! Der Friedensimpuls wurde zum cantus firmus des Ökumenischen Rates.
In Vancouver aber wurde durch einen Beitrag des südafrikanischen Theologen Alan Boesak deutlich: Die Friedensfrage darf nicht benutzt werden, um der Frage der Gerechtigkeit aus dem Wege zu gehen. Und eine junge Frau aus dem Pazifik, Darlene Keju-Johnson, zeigte in einer bewegenden Rede über die Auswirkungen der französischen Atomwaffentests, dass die Schöpfungsfrage mit der Frage von Gerechtigkeit und Frieden zusammenhängt. Zuletzt wurde klar: Hier geht es nicht
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