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Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern

Titel: Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaessmann
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dass unsere Kirche trotzdem zum Frieden mahnt? Zunächst 1250 Soldaten für sechs Monate, dann 4500 und acht Jahre später die Frage, ob es mehr bewaffnete Streitkräfte sein sollen – das muss doch zu Fragen Anlass geben! Wer wird denn von einer Bischöfin etwas anderes erwarten, als dass sie sich auf das Wort Jesu im Matthäusevangelium bezieht: „Selig sind, die Frieden stiften“ ? Was wäre denn gewesen, wenn ich gefordert hätte, wir sollten in der Tat schlicht mehr Soldaten schicken, mehr Waffen liefern? Es ist doch klar, dass es nicht einfach ist, in der Sache zu urteilen. Aber gerade mit Blick auf die Vergangenheit ist mir wichtig, dass Kirchen deutlich für den Frieden plädieren.
    Gerechter Friede
    Als Christinnen und Christen können wir gerade auch nach den unzähligen Kriegen, in denen Kirchenvertreter Waffen segneten, nicht mehr von einem „gerechten Krieg“ sprechen. Das ist Konsens, Gott sei Dank! Deutschland befindet sich in Afghanistan in einer kriegerischen Auseinandersetzung. Das haben wir allzu lange nicht wahrhaben wollen und stattdessen um völkerrechtliche Definitionen gerungen. Aber bewaffnete Konflikte, wie immer wir sie definieren, ziehen stets Unrecht und Gewalt nach sich, auch ein „nichtinternationaler bewaffneter Konflikt“. Es sollte nicht überraschen, dass auch Zivilisten getötet werden. Bedrückend ist, dass das immer wieder nur am Rande erwähnt wird. Wir müssen offen mit der Wahrheit umgehen. Und diese lautet: Das ist Krieg. So erleben es die Soldaten, und auch die Zivilisten, Definitionsversuche werden davon nicht ablenken können. Als ich in den USA erzählte, dass in Deutschland darum gestritten wird, wie der Afghanistaneinsatz zu beschreiben sei, hat das Erstaunen ausgelöst: „It’s war, what else?“ Es ist Krieg, was sonst?
    Heute denke ich, die Debatte war Anfang 2010 deshalb so heftig, weil mit dem von einem deutschen Oberst im September 2009 ausgelösten Angriff auf Tanklastwagen, bei dem viele Zivilisten ums Leben kamen, plötzlich klar wurde, dass deutsche Soldaten in Afghanistan eben nicht nur Schulen bauen und Brunnen bohren, sondern kämpfen. Viel zu lange haben wir uns im Land um die Debatte gedrückt, ob deutsche Soldaten nach 1945 außerhalb von NATO-Staaten zu Kampfeinsätzen geschickt werden. Stattdessen wurde das schleichend selbstverständlich bis dahin, dass ein Verteidigungsminister aktuell über die Anschaffung von Drohnen nachdenkt, ohne dass dies allzu große Verwunderung auslöst. In der Sendung „Monitor“ vom 27. September 2012 sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizière: „Gezieltes Töten ist ein Fortschritt.“ Kann das sein, dass wir gezielt töten wollen? Ohne Beteiligung anderer keine menschlichen Gegner mehr, sondern Maschinen, die für uns töten! Ich bin grundsätzlich gegen Krieg, aber hier werden nicht einmal mehr die Minimalia des „gerechten Krieges“ beachtet, von der Suche nach einer prioritären Option für den gerechten Frieden ganz zu schweigen. Hier geht es um eine notwendige politische Debatte. Es ist beklemmend, dass sich das alles schleichend und ohne offene Diskussion vollzieht.
    Wer sich als Christin, als Christ für den Frieden einsetzt, dem wird schnell die Kirchengeschichte entgegengehalten. Wie war das mit den Kreuzzügen? Wurde da nicht fortdauernder Hass geschürt? Was ist mit Hexenverfolgung und Inquisition – ist das Christentum per se gewalthaltig? Wie viele Pogrome wurden kirchlich legitimiert! Ich persönlich bin überzeugt, dass die Kirche in die Irre gegangen ist, wann immer sie Gewalt legitimiert hat. Jesus Christus war kein Revolutionär mit der Waffe in der Hand. Er hat Frieden gepredigt, nicht Krieg, Feindesliebe, nicht Hass. Und so absurd die Aufforderung war, mit den Taliban in einem Zelt bei Kerzenlicht zu beten: In der Bergpredigt heißt es: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen …“ (Mt 5,44). Das ist christliche Maxime.
    Auch in unserer Zeit gibt es gewalthaltige Konflikte mit religiöser, gar konfessioneller Färbung. Denken wir an Nordirland, wo die Auseinandersetzung um das Verhältnis zu Großbritannien unter dem Label „Katholiken gegen Protestanten“ geführt wurde. Als ich vor Jahren in Belfast zu Gast war, haben mich die martialischen Zeichnungen an Häuserwänden erschreckt. Durch eine Gegend wollten die Gastgeber lieber nicht fahren, das sei zu gefährlich – Hass wurde da im Namen der Konfession geschürt. Denken wir an den

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