Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
Krieg im ehemaligen Jugoslawien: Auf einmal ging es um katholische Kroaten, orthodoxe Serben und muslimische Bosnier. Ich habe selbst erlebt, wie bei einer ökumenischen Konferenz ein serbisch-orthodoxer Bischof Waffengewalt im Namen der Nation vehement verteidigte. Der Nahostkonflikt zwischen Juden und Palästinensern ist ein politischer, aber auch ein religiöser Konflikt. Wer die antijüdischen Hetzparolen des iranischen Präsidenten hört, muss fassungslos erkennen, wie Antisemitismus weiterhin gärt. Oder schauen wir noch weiter in die Ferne: In Indien versuchen Hindus mit Gewalt, Muslime zu unterdrücken, und per Gesetz wird versucht, Konversionen zum Christentum zu verbieten. In Indonesien leben christliche Gemeinden in Angst vor Muslimen. Und weltweit haben die Menschen inzwischen ein Bild vor Augen, bei dem muslimische Selbstmordattentäter sich in die Luft sprengen, Sunniten gegen Schiiten. Die meisten Opfer fundamentalistischer Gewalt durch Muslime sind Menschen muslimischen Glaubens …
Wenn ich das sehe, kann ich verstehen, dass manche sagen: Religion schürt Konflikte. Ich halte die Analyse aber für vorschnell. In der Regel geht es um vorhandene politische (Beispiel Irland) oder kulturelle bzw. machtpolitische (Beispiel Irak) Konflikte, in denen Religion gezielt genutzt wird, um Öl in das Feuer zu gießen. Und, das muss ich zugeben, Religion lässt sich manches Mal verführen, dies zu tun. Wer aber an Gott glaubt, der die Welt trägt, kann doch nicht legitimieren, dass andere getötet, dass Schöpfung Gottes damit zerstört wird. Ja, auch ich kenne Koranverse, die anderes sagen. Aber ich kenne ebenfalls biblische Passagen wie zum Beispiel Psalm 68, die durchaus gewalthaltig sind. Die Frage ist, ob wir einen kritischen Blick auf unsere eigene Religion werfen können und ob wir in der immerwährenden Auseinandersetzung mit ihr „gerechte“, das heißt gemeinschaftsfördernde Wege finden.
Gerechter Krieg
Die Frage nach dem Friedenszeugnis der Kirche steht bereits an ihrer Wiege. Mit der sogenannten „konstantinischen Wende“ kam das Christentum von einer Situation der Verfolgung in eine Situation der Macht und Herrschaft. War deutlich, dass Krieg nicht mit der Botschaft des Evangeliums begründet werden kann, so sollte doch versucht werden, vermeintlich unvermeidbare Kriege zumindest durch Kriterien der Gerechtigkeit in die Schranken zu weisen. So kam es zur Lehre vom „gerechten Krieg“, mit der versucht wurde, wenn es denn schon Krieg gäbe, zumindest Kriterien zu finden, die den Schaden begrenzen.
Jürgen Moltmann fasst die Kriterien folgendermaßen zusammen:
1.
Ein Krieg muss durch eine legitima potestas, eine rechtmäßige Entscheidungsinstanz, öffentlich erklärt werden.
2.
Es muss eine causa iusta, ein gerechter Grund, gegeben sein, z.B. Verteidigung im Fall eines Angriffs.
3.
Es muss eine Ultima Ratio vorliegen: Krieg ist nur als äußerstes Mittel erlaubt, wenn alle friedlichen Mittel zu seiner Vermeidung erschöpft sind.
4.
Ein gerechter Krieg kann nur geführt werden, wenn er mit einer rectaintentio verbunden ist, wie z.B. der Wiederherstellung des Friedens oder eines Zustands, der besser ist als der gegebene.
Dies sind strenge Kriterien, die Kriegshandlungen nur in engsten Grenzen zulassen. Schauen wir uns Kriege und Kreuzzüge etwa des Mittelalters an, so sind sie diesen Kriterien nach nicht zu rechtfertigen.
Zudem wurden aus Sicht der Theologie Grundsätze für das Kriegführen selbst entwickelt:
1.
Die Angemessenheit der eingesetzten Mittel …
2.
Schonung der Zivilbevölkerung.
3.
Recht der Kriegsgefangenen auf Leben und Heimkehr.Angesichts der Waffen unserer Tage kann kein Krieg gemäß diesen Kriterien geführt werden, Flächenbombardements und Massenvernichtungsmittel können wohl kaum als „angemessen“ gelten, und eine Schonung der Zivilbevölkerung ist in den Kriegen des 20. und 21. Jahrhunderts nicht erkennbar.
Die Reformatoren
Die Friedensfrage war auch Thema der Reformation. Philipp Melanchthon gehörte ebenfalls zu den vermeintlich naiven Träumern. „Bildung für alle“ war seine Vision und Bildung bedeutete für Melanchthon immer auch Erziehung zum Frieden. Die verstand er als die Befähigung dazu, mit Vernunft nach einer Verständigung in Konflikten zu suchen. Erziehung zum Frieden ist auf jeden Fall elementarer Teil der Fantasie für den Frieden! Kinder können lernen, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Aber sie lernen es nur, wenn Erwachsene entschlossen
Weitere Kostenlose Bücher