Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
allein um das Thema „Frieden“! Hier geht es um Themen, die die Kirche in ihrem Sein betreffen. Deshalb wurde am Ende der Versammlung als Zukunftsprogramm der „konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung“ benannt.
Mich hat das überzeugt und begeistert! Am Abend des Gedenkens an den Atomwaffenabwurf auf Hiroshima sollten junge Leute aus allen Kontinenten ein Friedensgebet sprechen. Für Europa wurden ein junger russischer Priester und ich ausgesucht. Alle sollten ein „cultural national dress“ tragen. So etwas hatte ich nicht, es wurde diskutiert, und am Ende wurde ich – zum einzigen Mal in meinem Leben! – in ein Dirndl gesteckt, das eine Schweizerin mir lieh. Es ist im Nachhinein lustig, das Foto zu sehen, mich hat es aber wirklich beeindruckt und auch geprägt. Dort an der Pazifikküste zu stehen und mit jungen Menschen aus aller Welt, verschiedener Nation, Konfession und Hautfarbe zu beten, hat mir eine Vision davon vermittelt, wie es sein könnte, wenn Frieden wäre.
Konziliarer Prozess
In den folgenden Jahren habe ich viele Versammlungen und Tagungen zum Thema besucht und auch mit vorbereitet. Da waren die westdeutschen Versammlungen in Königstein und Stuttgart 1988 , die ostdeutschen Versammlungen in Dresden und Magdeburg 1988 , die Europäische Ökumenische Versammlung in Basel im Mai 1989 , in der die Aufbruchsstimmung in Osteuropa spürbar präsent war. Und schließlich die Weltversammlung in Seoul 1990. Später gab es zwei weitere Europäische Ökumenische Versammlungen in Graz 1997 und in Sibiu/Hermannstadt 2007. Ohne nostalgisch zu werden: Es war eine äußerst kreative Zeit, in der die Themen Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfungsbewahrung mitten in unseren Kirchen grenz- und konfessionsübergreifend präsent waren.
Die Impulse all der Initiativen und Tagungen wurden auch umgesetzt, als 1989 der Ruf „Keine Gewalt!“ aus den Gottesdiensten und Friedensgebeten der Kirchen in der DDR hinausgetragen wurde auf die Straßen von Leipzig, Dresden und Berlin und damit der Weg eröffnet wurde zur ersten gewaltlosen Revolution in Deutschland, ja in der europäischen Geschichte. Die Kirchen in Deutschland haben aus ihrem Versagen in der Vergangenheit gelernt.
Wenn heute gefragt wird, was wir tun können, dann sind die Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts eine Ermutigung. Sie wurden beargwöhnt und belächelt, wie beispielsweise die ersten Friedensgebete in der Nikolaikirche in Leipzig mit Pfarrer Christian Führer. Die Kirchenleitung sah kritisch, wie Oppositionelle in der Kreuzkirche in Dresden Raum und Gehör erhielten. Sie galten als gefährlich, die Aufnäher mit der Vision des Propheten Micha „Schwerter zu Pflugscharen“. Und als Friedrich Schorlemmer beim Kirchentag in Wittenberg 1983 ganz real in einer Aktion ein Schwert zu einem Pflug umschmieden ließ, erschien das vielen als eine unverantwortliche Provokation. Da waren sie, die Hoffnungsträger und Weltverbesserer, und veränderten die Welt.
Die Beteiligten trieb eine große Hoffnung an: Christinnen und Christen, die Kirchen der Welt, die ökumenische Bewegung sollten im Namen des Friedens klar Stellung für die Menschenrechte beziehen. Christinnen und Christen in allen Kirchen weltweit sollten erklären, dass es keinen Weg zum Frieden durch Krieg und Sicherheit gibt, sondern dass Frieden, das Ringen um gewaltfreie Konfliktbewältigung, der Weg in die Zukunft ist. Die ökumenische Bewegung sollte Armeen verurteilen, die Kriege führen und dabei Folter, Leid und Vergewaltigung im Gepäck haben.
9/11 und die Folgen
Nach der friedlichen Revolution in Ostdeutschland wurde in der Folge der Terrorangriffe auf New York vom 11. September 2001 die Spirale der Gewalt neu angeheizt. 2001 hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland eine Zwischenbilanz „Friedensethik in der Bewährung“ vorgelegt. Dort wird eindeutig gesagt, dass Politik Vorrang haben muss vor militärischen Maßnahmen zur Konfliktlösung. Der Einsatz militärischer Gewalt wird im Rahmen einer als Rechtsordnung zu verstehenden internationalen Friedensordnung allerdings als äußerste Möglichkeit anerkannt. Doch es geht in diesem Text nicht mehr um einen gerechten Krieg, sondern um gerechten Frieden. Das ist meines Erachtens ein gewichtiger und positiver Schritt für unsere Kirche.
Allerdings zerreißt die Diskussion auch die evangelische Kirche in Deutschland immer wieder. Schon auf der November-Synode der EKD 2001 in
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