Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
Amberg wurden die unterschiedlichsten Einschätzungen vorgenommen, die Synode sah sich aber nicht in der Lage, den Militäreinsatz in Afghanistan eindeutig abzulehnen. Lediglich eine Minderheit vertrat diese Position. In der Kundgebung „Friedenspolitik in der gegenwärtigen Situation“ vom 9. November heißt es:
Aus diesen Grundsätzen, Wahrnehmungen und Zweifeln ziehen wir unterschiedliche Konsequenzen: Die einen halten die erkennbaren Schadensfolgen des militärischen Vorgehens und die darüber hinaus verbleibenden Zweifel für so gewichtig, dass sie den eingeschlagenen Weg und seine Fortsetzung entschieden ablehnen. Sie verweisen dabei darauf, dass die in unseren friedensethischen Grundsätzen genannten Bedingungen, unter denen eine Kriegsführung überhaupt nur gerechtfertigt werden kann, im Falle Afghanistans nicht oder nicht ausreichend gegeben sind. Das gilt besonders von der Frage nach der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel.
Andere wiederum halten dieses militärische Vorgehen trotz aller Bedenken für vertretbar. Sie lassen sich dabei von folgenden Erwägungen leiten: Ein kategorischer Verzicht auf militärisches Vorgehen gegen das Talibanregime gewährt der Terrororganisation Al Qaida einen sicheren Ort.
Die in dieser Sache notwendige Gewissensentscheidung kann niemandem abgenommen werden. Die Freiheit, sie zu treffen, muss für den Einzelnen gewahrt sein. Wie auch immer der Einzelne sich entscheidet, es werden schwer belastende Fragen offen bleiben. 53
International agierende Terroristen ebenso wie die Hilflosigkeit gegenüber Massakern wie in Ruanda und Srebrenica oder die Frage nach militärischen Interventionen aus humanitären Gründen, die wie 2012 mit Blick auf Libyen und Syrien immer wieder aktuell sind, werfen diese Fragen aktuell auf. Ist es angesichts massiver Menschenrechtsverletzungen angemessen, aus biblischer Perspektive zu argumentieren, die Spirale der Gewalt sei nur durch Gewaltlosigkeit zu durchbrechen? Es ist in der Tat eine Gewissensentscheidung, bei der keine Option Freiheit von Schuld bedeutet. Es gibt Christinnen und Christen, die als Soldat oder Soldatin einen verantwortungsvollen Dienst tun. Ich halte nach wie vor die Entscheidung dagegen für das „eindeutigere Zeichen“. Aber mir ist sehr bewusst: Es kann sich auch durchaus schuldig machen, wer nicht zur Waffe greift.
Vereinte Nationen
So wie in einem demokratischen Staat das Gewaltmonopol an die Polizei delegiert ist, besteht meines Erachtens die einzig überzeugende Option darin, auf Weltebene diese Aufgabe an die UN zu delegieren. Eine internationale Friedenstruppe mit Polizeifunktion kann aber nur von den UN legitimiert sein, nicht von einem Militärbündnis. Dazu gehört ergänzend der internationale Strafgerichtshof, der von allen Nationen anerkannt wird. Sondertribunale, wie sie auf der US-Militärbasis Guantanamo stattgefunden haben und stattfinden, die den Angeklagten nur eingeschränkte Rechte gewähren und mit Verhörmethoden verbunden sind, die als Folter angesehen werden, sind absolut inakzeptabel und missachten die Errungenschaften des demokratischen Rechtssystems. Vor allem: Religion darf sich nicht länger dazu missbrauchen lassen, Konflikte zu verschärfen, sondern sie muss zu ihrer Lösung beitragen. Und dazu können die Gläubigen der Religionen viel beitragen, zuallererst, indem sie dem Fundamentalismus die Rechtfertigung entziehen.
Krieg ist für mich nicht die berühmte „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“, sondern das Versagen von Politik. Das heißt nicht, dass Terror nicht bekämpft werden kann. Saddam Hussein war ein menschenverachtender Diktator. Trotzdem bin ich gegen die Todesstrafe. „ Du sollst nicht Gleiches mit Gleichem vergelten . “ Ist es nicht viel wichtiger, dass die Täter die Opfer hören, dass Formen von Versöhnung und Alternativen zum Krieg gefördert werden? Hätte nicht ganz anders in Vermittlung investiert werden können? Musste gejubelt werden, als Osama bin Laden erschossen wurde oder wäre es nicht ein Akt der Souveränität gewesen, ihn vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu bringen?
Immer wieder heißt es, militärische Gewalt sei das alternativlos letzte Mittel. Das finde ich fatal, weil dadurch im Vorfeld viel weniger energisch nichtkriegerische, zivile Mittel zur Überwindung der Gewalt genutzt werden. Es wird darum gehen, zivile Konfliktlösung zu trainieren, endlich Geld und Kraft und Zeit in deeskalierende und
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