Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
Kleinen also, er durfte noch ein Eis. Unhaltbar! Für die Frau. Der Kleine hat sich ‚nur‘ gelangweilt, natürlich wäre es schöner gewesen, mit einer Bezugsperson zu Hause zu sein und eine Geschichte vorgelesen zu bekommen. In meinen Ohren klingelt es: Ich höre die Vorwürfe anderer Mütter, Väter, die zu zweit ihr Kind erziehen und versorgen: Wieso schleppt sie ihr Kind mit? Sie hat keine Alternative. Der Junge hat mir leidgetan, er ist so niedlich. Die Mama hat mir noch mehr leidgetan. Es müsste die Möglichkeit geben, solche Frauen zu vernetzen, sodass sie sich gegenseitig unterstützen können. Problem: Vorher müsste man sie aus der Reserve locken, sodass sie sagen: Ich brauche Hilfe! Viele Frauen sind dafür zu stolz.“
Wie können wir als Gesellschaft besonders alleinerziehende Frauen unterstützen und ihnen Erziehungslast abnehmen? Da sind die Arbeitgeber gefragt, auch die Kirche als Arbeitgeberin, die flexible Arbeitszeiten möglich machen können. Bis heute haben Frauen Angst, dem Arbeitgeber die Schwangerschaft anzukündigen, weil das natürlich für den Betrieb oder die Einrichtung Belastungen mit sich bringt. Sich zu freuen, die Schwangere zu entlasten, vielfältige Angebote zu machen, wie der Arbeitsplatz erhalten werden kann, das kann stärken! Und es geht wieder um die Politik, um flexible Betreuungsangebote. Ein ausreichendes Angebot gut ausgestatteter Einrichtungen bleibt noch immer Mangelware! Davon kann auch die Debatte um das leidige Betreuungsgeld nicht ablenken.
Und auch jenseits der Arbeitswelt ist viel Unterstützung möglich, durch Treffpunkte, Nachbarschaftshilfe, ehrenamtliche Großeltern. Aber vor allem durch eine kinderfreundliche Gesellschaft! Kinderfreundlich heißt für mich auch, dass wir sehen, wie viel Kraft es kostet, zu erziehen. Wer weiß denn, was es bedeutet, ein weinendes Kind stundenlang auf dem Arm tröstend hin und her zu tragen und auch noch Angst zu haben, dass die Nachbarn sich beschweren? Wer hat schon einmal drei Tage und Nächte allein mit einem windpockenkranken Kind verbracht, ohne zu wissen, wie oder wann er einkaufen gehen soll? Wer ahnt, was es heißt, Tag und Nacht mit einem Säugling zu verbringen, ohne dass einmal jemand da ist, der ihn dir abnimmt und sei es, dass du kurz das Bad sauber machen kannst? Kinder können dich, so sehr du sie liebst, an Grenzen bringen! Das zu sehen, wahrzunehmen, zu respektieren, anzuerkennen ist eine entscheidende Grundlage für das Miteinander.
Ein Skandal, über den wenig gesprochen wird, ist auch, dass die Mehrheit der getrennt lebenden Väter keinen oder nicht den vollen Unterhalt zahlt. 78 Das heißt, sie wälzen die Verantwortung nicht nur in der Betreuung und Erziehung, sondern auch finanziell auf die Mütter ab. Weniger als zehn Prozent aller Alleinerziehenden sind Väter. Über die „Frauenfrage“ wird viel diskutiert. Sie scheint manchen dadurch erledigt, dass Frauen Kanzlerin, Richterin, Bischöfin werden können. Darüber lässt sich diskutieren. Aber die „Mutterfrage“ ist definitiv nicht geklärt! Wie vereinbaren, ohne verurteilt zu werden, wie wählen, ohne kategorisiert zu werden, wie entscheiden ohne ethische Konflikte? Hier brauchen wir viel mehr gesellschaftliche und auch kirchliche Debatte! Vielleicht müssen wir zuallererst aufhören zu urteilen. Ob Frau Nahles nach der Geburt alsbald wieder berufstätig ist, das ist allein ihre Entscheidung beziehungsweise ihre Entscheidung und die ihres Mannes. Ob Frau von der Leyen eine Haushälterin beschäftigt oder nicht – wen geht das etwas an? Aber schaue ich bei der Nachbarin vorbei und frage, ob ich die Kinder mal zwei Stunden mitnehmen soll zum Spielplatz, das wäre was! Lesepatenschaften übernehmen, ehrenamtliche Großmutter sein, mit den Kindern von nebenan in den Zoo gehen, dem kleinen Jungen der Migrantenfamilie helfen, Deutsch zu lernen – es braucht viele kleine Schritte zur Entlastung, aber sie sind auch auf vielfältige Weise möglich.
Jesus und die Kinder
Aus theologischer Sicht ist das sogenannte „Kinderevangelium“ besonders wichtig. Beim Evangelisten Markus heißt es: „Sie brachten auch kleine Kinder zu ihm, damit er sie anrühren sollte. Als das aber die Jünger sahen, fuhren sie sie an. Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“
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