Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
dürfen, um nur solche Embryonen in die Gebärmutter einzupflanzen, die keine genetischen Schäden tragen. Kritiker sagen, da gehe es um einen Machbarkeitswahn, den zwanghaften Wunsch nach einem gesunden Kind. Befürworter fragen, warum das denn nicht sinnvoll sein soll, wenn es Eltern und Kindern unendlich viel Leid, ggf. auch eine Spätabtreibung ersparen kann. Auch das ist eine nachvollziehbare Position von Familien, die erlebt haben, welches Leid eine schwere genetische Erkrankung mit sich bringt. Nach einer Debatte hierüber in einem kirchlichen Gremium, in dem mehrheitlich klar eine ablehnende Position eingenommen wurde, gab es Gespräche über die persönlichen Gefühle. Und die zeigten wesentlich mehr Unbehagen als das Papier, über das wir sprachen. Wenn es um meine Töchter ginge, wäre ich gewiss wie jener Vater hin- und hergerissen.
Ich kann keine Frau verurteilen, die nicht weiß, wie sie die Kraft finden soll, mit einem behinderten Kind zu leben. Und ich bewundere Frauen, die täglich genau dafür die Kraft finden. Ich kann kein Paar verurteilen, das weiß, dass schwere Krankheiten die Familie seit Generationen belasten, und dem eigenen Kind Leid ersparen will. Und ich bewundere ein Paar, das sich bewusst entscheidet, sein Kind zu bekommen, auch wenn es nicht der „Norm“ entspricht.
Was mich stört ist diese Vorstellung, wir hätten alles im Griff. Jedes dritte Baby in Deutschland kommt inzwischen per Kaiserschnitt zur Welt, vor 20 Jahren war es noch jedes sechste. 79 Da scheint ein Kaiserschnitt offenbar effektiver, schmerzfreier, besser geplant werden zu können, für die Familie wie für die Klinik. Aber es geht etwas verloren vom „Wunder“ der Geburt. Das lässt sich eben nicht planen, da kommt es dreimal zu Fehlalarm, da platzt eine Fruchtblase zu früh, da dauert es 20 Stunden. Aber es ist ein Wunder, so habe ich es zumindest jedes Mal erlebt. Wo ein Kaiserschnitt notwendig ist, da ist er ein Segen. Wo die Geburt zum absolut kontrollierten Routinevorgang wird, geht etwas von der Vielfalt des Lebens verloren.
Abtreibung
Abtreibungen kann ich nicht einfach so befürworten, weil sie Leben zerstören. Aber ich kann mit dem Kompromiss in unserem Land sehr gut leben, dass sie bis zum Ende des dritten Monats der Schwangerschaft nicht strafrechtlich verfolgt werden. Es hat in der Geschichte immer ungewollte Schwangerschaften gegeben, und bis heute sterben Frauen an illegalen Abtreibungen. Dass im Jahr 2012 in Irland eine 31-jährige Frau an Schwangerschaftskomplikationen sterben musste, weil Ärzte sich geweigert haben, den Fötus abzutreiben, ist kaum begreiflich.
Am besten wäre doch, Männer und Frauen würden offener über Verhütung sprechen, damit die Frage gar nicht erst aufkommt! Und noch besser wäre eine Gesellschaft, in der keine Frau das Gefühl hat, aus irgendeinem Grund ein Kind nicht bekommen zu können. Nie aber wird auszuschließen sein, dass eine Frau sich gegen das Kind entscheidet. Und dann ist es besser, dass sie ohne Angst eine Klinik aufsuchen kann. Ein Kind verändert dein Leben für immer. Wenn es Frauen gibt, die nicht sehen, wie sie diese Veränderung bewältigen sollen, wer will urteilen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau leichtfertig abtreibt, wie es so manches Mal unterstellt wird.
Das sind ungeheuer schwierige Fragen. Natürlich brauchen wir in unserem Land eine Gesetzgebung, die werdendes Leben schützt. Aber schon bei der Abtreibungsdebatte wird doch deutlich: Einen Schutz gegen die Mutter kann es nicht geben! Gleichzeitig sind mehr als 100000 Abtreibungen im Jahr in Deutschland eine belastende Zahl, die wir nicht einfach ignorieren können. Hinter jeder Abtreibung steht ja eine Situation, in der eine Frau überzeugt ist, ein Kind nicht bekommen zu können.
Gleichzeitig: Warum ist eigentlich immer eine Frau die Schuldige? Vor einigen Jahren habe ich mich in Südafrika mit den Bischöfen der dortigen lutherischen Kirchen getroffen. In einem Gottesdienst blieben beim Abendmahl zwei ganz junge Frauen mit ihren Säuglingen in der Bank sitzen. Ich dachte in meiner Naivität, dass jemand ihnen die Kinder abnehmen sollte, damit sie in Ruhe teilnehmen konnten. Aber es wurde auch klar: Sie waren für einige Zeit vom Abendmahl ausgeschlossen, weil diese Kinder unehelich geboren worden waren. Mich hat das empört und es hat zu Diskussionen geführt. Ist denn nicht der Mut, zu einer unehelichen Schwangerschaft zu stehen, großartig? Ist uns nicht jedes Kind
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