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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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wollte keine Überraschung erleben. Zum Beispiel, ob Sie eine Frau als Mitarbeiterin akzeptieren. Ich meine, bei Ihnen ist das nicht üblich, nicht wahr? Verstehen sie, was ich meine?«
    Ich blickte auf die nasse Straße und überlegte, ob ich den Auftrag hinschmeißen sollte.
    »Keinen Schimmer.«
    Sie schaute hilflos drein. Langsam ging ich zum Wagen.
    »Ich soll vier Leute aus dem Gefängnis holen. Wenn der Mörder noch frei rumläuft, werde ich ihn finden. Vielleicht werde ich Sie irgendwann bitten, mir einen Kaffee zu kochen, oder auch nicht. Ich mache meine Arbeit. Bis um acht bei Anastas.«
    Ich rutschte über den Beifahrersitz ans Steuer, ließ den Motor an und lenkte den Wagen vorsichtig um den Renault herum. Neben Carla Reedermann blieb ich kurz stehen und lehnte mich aus dem Fenster.
    »Übrigens, nicht der Oberbürgermeister besitzt die Aktien, sondern seine Frau.« Ich fuhr los. Im Rückspiegel sah ich sie noch. Ihre schwarzen Haare glänzten im Laternenlicht.
    Riebl schaute traurig auf die Beule.
    »Tut mir leid, Herr Riebl. War glatt. Da ist mir einer reingerutscht.«
    Ich schrieb ihm Anastas’ Adresse auf. Dort sollte er sich den Schaden bezahlen lassen.
    »Da leiht man mal was…«
    Sanft strichen seine Finger über das zerkratzte Blech. Ich ging zu meinem Opel. Riebl hatte ihn wieder hingekriegt. Zwei Ecken weiter parkte ich den Kadett und ging in eine Wirtschaft. Es war zehn vor acht. In der Ecke saßen drei breite Männer und klopften Skat.
    Der Wirt schob das Rippchen mit Kraut auf den Tisch.
    Einer der Skatspieler ging an die Musikbox und drückte ›Neunundneunzig Luftballons‹. Ich habe den Text nie kapiert. Hustend begann der Wirt mitzusummen.
    Wenig später zahlte ich und stand auf.
    »Sach mal, Fritz, seit wann kimmt dann so ebbes in dei Wertschaft?«
    Einer der Besoffenen schaute mich herausfordernd an.
    »Keine Politik«, brummte der Wirt.
    Ich drehte mich um und ging. Vielleicht hätte ich ihm seinen Korn ins Gesicht kippen sollen.

6
    Anastas’ Büro lag in einem schick renovierten Altbau. Ich stieg über rote Läufer die Treppe hinauf in den zweiten Stock. Anastas stand schon an der Tür und schüttelte mir lächelnd die Hand.
    »Ich hatte Angst, Sie kämen nicht.«
    »Wieso?«
    »Fräulein Reedermann hat mir von ihrem Zusammensein berichtet.«
    »Zusammensein ist gut.«
    Er führte mich durch einen verspiegelten Flur in sein Büro. Auf seinem Schreibtisch lagen mehrere Stapel Aktendeckel, davor standen vier abgewetzte Ledersessel. Die Wände waren bis auf einen billigen Kunstdruck kahl und weiß. Carla Reedermann lehnte an der Heizung und studierte Tageszeitungen. Sie blickte kurz auf und nickte mir zu. Anastas fragte: »Kaffee, Bier, Wein, was wollen Sie?«
    »Bier.«
    Während er draußen war, starrte ich durchs Fenster.
    »Der Golf gehört dem Meister meiner Autowerkstatt. Ich habe ihm Anastas’ Adresse gegeben. Recht so?«
    »Mhm.«
    Der kleine Anwalt kam zurück, drückte mir Glas und Bierflasche in die Hand und setzte sich auf die Schreibtischkante. Seine Beine schlenkerten in der Luft. »Tja, Herr Kayankaya, ich muß mich entschuldigen und Ihnen wohl einiges erklären.«
    Er faltete ernst die Hände. Ich trank Bier und hörte mir an, was ich schon wußte. Dann räusperte er sich und schaute erwartungsvoll. Carla Reedermann schielte ebenfalls aus den Augenwinkeln zu mir rüber.
    »Haben Sie den Camper und seine Freundin erreicht?« Kurze Pause.
    »Ah, verstehe, ha, ha…« Er lachte dämlich. »Herr Kayankaya, ich bin froh, daß Sie dabeibleiben.«
    Er hüpfte vom Tisch und schüttelte mir die Hand. Als er sich beruhigt hatte und hinter seinem Schreibtisch saß, lächelte auch Carla Reedermann. Ich fragte mich, ob sich außer mir noch irgendjemand dafür interessierte, wer Böllig erschossen hatte, und ob Anastas’ Mandanten zu Recht in ihrer Zelle versauerten. Ich steckte mir eine Zigarette an.
    »Also, kommt der Camper, oder kommt er nicht?«
    »Um neun wollte er hier sein.«
    »Na schön. Bis dahin will ich mir das Papier da anschauen.«
    Ich ging zum Schreibtisch, und Anastas erklärte mir den Inhalt der Akten. Zuerst nahm ich mir den Obduktionsbericht vor. Vier Kugeln. Neun Millimeter. Zwei im Bauch, eine durch die Lunge, ein Streifschuß am Kopf, und das aus einer Entfernung von etwa zehn Metern. Der Schütze mußte Anfänger oder sturzbesoffen gewesen sein. Der Tod war zwischen null Uhr und null Uhr dreißig eingetreten. Ich schrieb mir die Adresse des Arztes auf und

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