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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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läuft noch rum. Bei dem scheint die Rasterfahndung nicht zu funktionieren.«
    »Sie meinen die Geschichte von dem Typ, der bei Böllig Abenteuer gespielt hat? Glaubt doch eh niemand.«
    »Doch, ich. Und ich frage mich, warum die Polizei vier Leute nach drei Tagen gefunden hat und einen nicht in sieben Monaten. Als nächstes frage ich mich, wie vier Leute so glaubwürdig leugnen können, einen Mord begangen zu haben, den sie offensichtlich…«
    »Ist gut, Chef, ich weiß, wo du hin willst. Keine Chance. Ich hab nichts damit zu tun, ich kenne keinen fünften Mann, und es interessiert mich auch nicht die Bohne.«
    Er verschränkte die Arme und schaute mich von unten bis oben an. Mehr von oben. Er war um die Fünfunddreißig, bewohnte eine verkommene Wohnung und wußte, der Zug war abgefahren. Er fühlte sich offensichtlich irgendwie illegal, weil er den Namen des fünften Mannes wußte, aber nicht verriet, und er war stolz darauf. Dabei kapierte er überhaupt nicht, wen er schützte. Er war der Typ, der mit dir durch die Straßen geht und irgendwann mit feuchten Augen auf ein Fenster zeigt und flüstert ›da hat sich mal Ulrike versteckt‹.
    Ich schmiß die Zigarette in einen halb geleerten Joghurtbecher und stand auf.
    »Wenn Sie meinen, Schmidi…«
    »Herr Schmidi. Ich sag ja auch nicht Kanacke.«
    »Das also wollten Sie die ganze Zeit loswerden?«
    »Gehn Sie besser, sonst passiert noch was.«
    »Ja, zum Beispiel könnte ich auf die Idee kommen, den Namen des fünften Mannes aus Ihnen herauszuprügeln.«
    Er kam auf mich zu.
    »Zisch ab!«
    Er war mir zu unappetitlich, und ich ging.
    Etwa zehn Minuten stand ich hinter einem Bauzaun und beobachtete Haustür Nummer fünf, dann öffnete sie sich. Schmidi schaute sich kurz um und lief die Straße hinunter. Ich zog den Mantelkragen höher, weil es anfing zu regnen, und folgte ihm. Einmal links, einmal rechts, dann durch eine kleine Gasse, und wir standen vor LINAS KELLER. Schmidi schaute sich noch einmal um und ging hinein. Nach fünf Minuten ging ich hinterher. LINAS KELLER war eine rustikale Kneipe mit Politpinnwand neben der Toilette. Hinter der Theke stand die blonde Bedienung. Ich setzte mich an einen leeren Tisch und bestellte Scotch. Der Laden war einigermaßen voll. Schmidi konnte ich nicht ausmachen. Ein Pärchen neben mir schaute sich ohne Pause in die Augen und ließ zwei Teller Spaghetti kalt werden. In der Ecke gegenüber feierten junge Leute den Abschluß eines südamerikanischen Tanzkurses. Die Bedienung stellte mir den Scotch hin und wies mit dem Kopf nach gegenüber. »Den ganzen Abend geht das schon so. Einer hat mir erzählt, sie seien Sozialpädagogen und würden demnächst nach Nicaragua fliegen; die da drüben werden sich bedanken.«
    Ich meinte »mhm.«
    Sie verschränkte die Arme und beobachtete den Tanzkurs.
    Ich kippte den Scotch mit einem Zug runter und bat sie, mir noch einen zu bringen.
    »Wissen Sie, was die Franzosen sagen, wenn sie einen bemalten VW-Bus sehen?« fragte sie, als sie zurückkam.
    »Der Fritz trägt wieder Tarnfarbe.«
    »Kann man hier telefonieren?« fragte ich.
    »Neben der Toilette ist eine Tür, wenn Sie den Gang dahinter bis zum Ende durchgehen, links.«
    »Gibt es einen zweiten Ausgang?«
    Sie schmunzelte. »Nicht jede Woche ist hier Razzia.«
    »Ich suche jemand.«
    Ich beschrieb ihr Schmidi. Sie nickte und murmelte was von ›Thekenguevara‹. »Er ist vorhin reingekommen. Sehen Sie die da«, sie wies auf drei bis zum Kinn schwarz zugeknöpfte Milchgesichter, »›die Galluskolonne‹ nennen sie sich und vertreiben sich die Zeit mit Apfelkorn. Schmidi ist ihr Guru. Wenn er viel geschluckt hat, redet er von der revolutionären Vorhut‹.«
    Sie musterte mich.
    »Wieso suchen Sie ihn?«
    »Er kennt jemand, den ich sprechen muß.« Sie blinzelte skeptisch.
    »Sie sehen nicht aus wie’n Bulle.«
    »Bin auch keiner.«
    »Ist mir auch egal. Ich habe nichts zu verbergen, und die Bullen können mir den Buckel runterrutschen.« Sie beugte sich vor. »Noch son Kleinen?«
    Ich nickte. Aber ehe sie mein Glas nehmen konnte, steckte Schmidi seinen unrasierten Kopf durch die Tür neben der Toilette. Sein Blick suchte die Tische ab. An meinem blieb er hängen. Eine Sekunde sahen wir uns in die Augen. Die Bedienung verstand und verkrümelte sich. Schmidi kam herüber.
    »Sie sind mir hinterher?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Er zündete eine Zigarette an, ließ den Rauch langsam durch die Nasenlöcher quellen und fragte: »Wer

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