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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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lenkte scharf zurück auf die rechte Spur und ging runter auf achtzig. Der Renault sauste links vorbei. Ich beschleunigte, und zwei Minuten später hatte ich ihn wieder. Mit knappen siebzig kroch er über die Straße. Ich war kaum vorbei, als er wieder anzog und mir hinterher jagte. Ich veränderte die Taktik und testete, wieviel aus einem Golf rauszuholen ist. Bei hundertsiebzig dachte ich an Riebls Gesicht, wenn ich ihm sein Auto ohne Türen zurückbringen würde. Ich drosselte auf hundertdreißig und gewöhnte mich an die Scheinwerfer des Renaults. Bei der Ausfahrt Frankfurt-West steuerte ich den Wagen Richtung Messe, dort gab es eine Sackgasse. Der Renault beschattete mich weiter so unauffällig wie eine Polizeieskorte. Entweder war es ein Profi, der mir angst machen wollte, oder ein Anfänger. Ich raste mit siebzig die Straße hinunter, bremste an der Ecke ab und riß das Steuer nach links. Als ich den Renault ebenso gewagt um die Ecke kommen sah, beschleunigte ich nochmal kurz und machte eine Vollbremsung. Der Teer war naß und mit glitschigem Laub bedeckt. Ich rutschte nach rechts weg und stand quer zur Fahrbahn. Mein Beschatter knallte mir mit quietschenden Reifen auf die Fahrertür. Ich sprang über den Beifahrersitz auf die Straße, rannte um den Renault herum und riß die Tür auf.
    »Na, so eine Überraschung!«
    Carla Reedermann starrte auf ihre Knie. Ich nahm ihren Arm und zerrte sie aus dem Wagen.
    »Jetzt mal raus mit der Sprache!«
    Sie versuchte meine Hände abzuschütteln, und als ich nicht losließ, fing sie an zu krakeelen.
    »Laß mich los, verdammt noch mal! Nimm deine Pfoten weg, du…«
    Ich scheuerte ihr eine.
    »Immer ruhig bleiben. Detektivspielen ist nicht jedermanns Sache. Schon heute morgen im Gerichtssaal. Du wußtest, Anastas wollte mich engagieren. Und dann die Komödie in der Weinklitsche. Kam sich mächtig gerissen vor, der Vollmond, mit seinem ›Was, Sie kennen sich schon?‹. Wenn es irgendjemand Spaß macht, den Idioten zu spielen, mich stört das nicht. Aber ständig die gleichen Scheinwerfer im Rückspiegel, das stört mich.«
    Ich ließ sie los und zündete mir eine Zigarette an. Sie rieb sich die Handgelenke. Nach einer Weile machte sie den Mund auf.
    »Ich… also gut, Sie haben recht, aber…«
    »Aber?!«
    Sie reckte den Kopf.
    »Sie haben keine Ahnung, um wieviel es bei diesem Fall geht!«
    »Ach ja. Hab ich nicht?«
    »Nein! Sonst wären Sie heute morgen nicht so kühl gewesen. Was meinen Sie, wie vielen Leuten es gelegen kam, daß Böllig von Grünen umgelegt wurde. Nicht, weil er eine Konkurrenz darstellte, sein kleiner Betrieb war völlig unbedeutend, sondern, weil die Chemieindustrie so ihren Märtyrer hatte. Und den brauchte sie. Die Menschen interessieren sich in letzter Zeit zu sehr für ihre Umwelt. Naturschützende Maßnahmen wurden immer massiver gefordert. Seit dem Tod von Böllig hat sich das geändert. Denken Sie nur mal an die Rheinmainfarbenwerke. Alle waren gegen das Werk im Vogelsberg. Jetzt, nach Böllig, darf es gebaut werden. Und wissen Sie, wer Aktien von Rheinmainfarben besitzt? Der Frankfurter Oberbürgermeister. Jetzt staunen Sie, was?«
    »Und wie. Sowas schreiben die ja nicht im Sportteil.« Einen Moment schaute sie verwirrt.
    »Sie sehen also, wer alles Interesse daran hat, daß die vier ohne Wenn und Aber verurteilt werden. Wir wollten wissen, ob wir Ihnen vertrauen können. Ich habe keine Erfahrung mit Privatdetektiven. Wir brauchen jemand, der auf unserer Seite ist. Sie hätten ja mit der Polizei zusammenstecken können. Sozusagen von ihr beauftragt, uns auszuhorchen. Dann wäre alles vorbei gewesen. Was wissen wir von Ihnen? Sie haben drei Polizisten ins Gefängnis gebracht. Das allein muß nicht soviel heißen. Ich helfe Anastas in diesem Prozeß, und es war meine Idee, Sie erst einmal zu testen.«
    »Indem du mir das Auto zu Schrott fährst?«
    »Tut mir leid. Ist meine erste Verfolgung. Außerdem hätten Sie nicht bremsen müssen.«
    »Ach so. Und was habt ihr euch davon erhofft?«
    »Wenn Sie zum Beispiel direkt zur Polizei gefahren wären, oder so. Außerdem…«
    »Ja?«
    »Na, ja, ich wollte wissen, wie Sie leben. Wir kennen uns kaum und wollen schließlich in so einer wichtigen Sache zusammenarbeiten. Sie haben von sich aus nichts erzählt. Mich interessiert, wo Sie wohnen, was Sie sonst so machen. Und Sie sind Türke. Das ist eine andere Kultur, und möglicherweise verstehen wir uns gar nicht… Vielleicht ist das dumm, aber ich

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