Mehr Sex weniger Abwasch
Zweifel. » Sich den ganzen Tag lang die Probleme anderer Leute anzuhören – wie deprimierend«, sagte sie. Sie erwog, auf ein Doktorandenprogramm im Forschungsbereich umzusteigen. Doch der Gedanke, fünf weitere Jahre dranzuhängen und bei all der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt am Ende womöglich ohne Job dazustehen, war ihr ein Graus.
Während Ellen überlegte, wie es mit ihr weitergehen solle, wurde sie schwanger. » Wir haben es nicht darauf angelegt, aber es auch nicht nicht darauf angelegt«, meinte sie. Ihren Abschluss machte sie schließlich doch, einen Job fand sie aber nicht, so gerne sie bis zur Geburt noch als Psychologin gearbeitet hätte.
Ein Gehalt reichte vorerst zum Leben … bis Ellen ein Jahr später erneut schwanger wurde. Die Frage, wie sie künftig über die Runden kommen sollten, belastete sie beide. Ellen fragte sich, ob sie jemals etwas anderes sein würde als Hausfrau und Mutter. Sie stritten sich die gesamten neun Monate der Schwangerschaft lang.
Bei aller Freude über ihre zwei Kinder begannen sie ihre einst so fröhliche Zeit als Paar zu vermissen. Das Paar, das tollen Sex hatte, ins Kino ging, jede Nacht acht Stunden Schlaf abbekam und nie über Geld gestritten hatte.
In ihren dunkleren Momenten dachte Ellen sogar über Trennung nach. » Ich habe alle möglichen Varianten durchgespielt«, sagte sie. » Was, wenn wir gar keinen Sex mehr hätten? Würde das bedeuten, dass ich überhaupt nie wieder Sex hätte, oder würde ich Affären haben? Könnte ich Sex mit anderen Männern haben und Robert nach wie vor lieben?«
Rob liebte seine beiden Kinder über alles, aber auch er hatte Momente, in denen er sich nach dem unkomplizierteren Leben mit nur einem Kind zurücksehnte. » Mit einem Kind war es einfacher«, sagte er. » Mit einem Kind hatten wir am Wochenende immer mal Zeit für uns. Aber zwei Kinder, das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Arbeit, Kinder, Arbeit, Kinder – rund um die Uhr. Knallhart.«
Rob und Ellen wurden von einem ewigen Rätsel eingeholt, auf das auch Millionen Eltern vor ihnen keine Antwort fanden: Warum gerät etwas, das wir einmal so sehr wollten, zu einer so herben Enttäuschung?
Das Problem : » Status-quo-Tendenz«
Ökonomen würden Rob und Ellen eine sogenannte » Status-quo-Tendenz« (ein Auswuchs der Risikoaversion) bescheinigen, die uns veranlasst, das Bekannte und Vertraute dem Unbekannten und Fremden vorzuziehen. Jede Veränderung bedeutet Verlust, und Verlust ist etwas, mit dem unser Gehirn nicht sonderlich gut umgehen kann.
» Verluste (…) werden nicht durch den Status von Reichtum oder Wohlergehen bewertet, sondern durch Veränderungen in Relation zu einem Referenzpunkt«, schreibt der Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler.
Es geht in unserem persönlichen Glücksempfinden also nicht darum, wo wir uns zum momentanen Zeitpunkt befinden, sondern wo wir heute in Relation dazu, wo wir uns gestern befanden, stehen.
In der Ökonomie ist der Status quo oft eine Zahl – der Kaufpreis einer Aktie, der Verkaufspreis einer Immobilie oder das Jahreseinkommen –, wenngleich diese Zahl einer natürlichen Progression oder zyklischen Werten unterworfen ist.
Um zu verstehen, wie die Status-quo-Tendenz funktioniert, werfen wir noch einmal einen Blick auf den Aktienhandel. Ein Händler, der eine Aktie zu 10 US -Dollar kauft, zeigt fortan eine Tendenz für diesen Preis – er ist überzeugt, dass die Aktie diesen Preis langfristig wert ist. Wenn die Aktie am folgenden Tag auf 8 Dollar abrutscht, gerät er in Panik. Er weigert sich zu verkaufen – auch wenn die Anzeichen sich verdichten, dass das Unternehmen schwächelt –, bis der Preis wieder auf 10 Dollar steigt. Der Grund: Er ist verlust-aversiv; er will, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind. Tag um Tag fällt der Preis seiner Aktie, womit er immer wieder Gelegenheit hätte, seinen Verlust zu mindern, aber er weigert sich stur zu verkaufen.
Die Status-quo-Tendenz tritt aber auch umgekehrt ein, wenn der Preis der Aktie steigt. Ein Gewinn von 2 Dollar verursacht bei unserem Händler ein ebenso ungutes Gefühl. Anstatt sich über seinen Gewinn zu freuen, hat er Angst, dass seine Aktie jeden Moment wieder unter 10 Dollar rutschen könnte, er dann aber rechtzeitig verkaufen wird. Inzwischen steigt die Aktie auf 14 Dollar und er gibt sich einen Ruck. Studien zeigen, dass Händler eher an Verlustaktien festhalten als an Gewinnaktien. » Durch das Festhalten an Aktien, die sie eigentlich gar nicht
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