Mehr Sex weniger Abwasch
möglich gehalten hätte. Sie nähte Kissenhüllen, arrangierte Krabbelgruppentreffen und machte Bananen-Birnen-Brei selbst.
Sie zogen an den Stadtrand, bekamen ein zweites Kind und begannen ein neues Leben mit neuen Freunden. Mit all diesen Veränderungen schien sich aber auch Lily zu verändern – und damit ihre Ehe, was Colin nicht erwartet hatte. Er fühlte sich irgendwie ausgeschlossen. Für Lily gab es anscheinend nur noch die Kinder – Elternabende, Fußballturniere, Nachhilfelehrer. Colin schien darin gar nicht vorzukommen. Und wenn die Kinder abends im Bett waren, war sie viel zu kaputt, um sich noch um Colin zu kümmern. Entweder sie wollte sofort ins Bett und lesen oder sie saß vor dem Fernseher. Sex stand längst nicht mehr auf dem Programm.
» Wenn es um mich ging, bemühte sie sich herzlich wenig«, sagte Colin. » Sie erkundigte sich zwar, wie mein Tag gewesen sei, hörte dann aber gar nicht richtig zu.«
Im Gegensatz zu den Anfangsjahren ihrer Beziehung klagte Lily nun in einem fort, müde oder gestresst zu sein, weil es irgendetwas in puncto Kinder zu entscheiden gab oder weil sie sich um die Finanzen Gedanken machte. Colin stand vor einem Rätsel – soweit er wusste, liebte sie es, Entscheidungen zu treffen, und Geldsorgen hatten sie auch keine. » Wir hatten nicht nur kaum mehr Sex, sondern zeigten auch sonst kaum mehr Sympathie«, erklärte er.
Colin ließ sich allerlei einfallen, um Lilys Zuneigung zurückzugewinnen und ihr Liebesleben wieder in Schwung zu bringen. Er machte ihr in jeder Hinsicht Komplimente, erntete aber meist nur ein Augenrollen. » Mir ist nicht nach Sex zumute«, war ihre Antwort, wenn er ihr sagte, dass sie » den knackigsten Hintern im ganzen Viertel« hatte.
Doch eines Tages wurden seine Mühen belohnt. Er kam von einer Geschäftsreise aus London zurück und brachte ihr einen sündhaft teuren Kaschmirpulli mit. » Oh mein Gott, ist der schön!«, meinte Lily. Sie zog ihn sofort an.
Und an jenem Abend hatten sie Sex.
Wenige Wochen später bekam er zufällig mit, wie Lily einer Freundin am Telefon sagte, dass sie deren neue Handtasche sehr hübsch fand. Am folgenden Tag rief Colin die Freundin an, um zu erfahren, was genau das für eine Handtasche sei. Er wollte Lily damit überraschen. » Von Hermès«, sagte Alexandra. Also ging er in das Geschäft und ließ sich die Tasche zeigen. Als er das Preisschild sah, fragte er die Verkäuferin, ob das ein Tippfehler sei.
» Das soll doch 800 Dollar heißen, nicht 8000?«
Es war kein Tippfehler. Colin kaufte die Tasche trotzdem. (Wie gesagt, er verdiente ja ganz gut.)
Lily war hin und weg.
Um es deutlich zu sagen: Colin wusste, dass derartige Geschenke übertrieben waren. Er war in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen, für die 8000 Dollar ein kleines Vermögen gewesen waren. Doch seine innere Verzweiflung bedrückte ihn. Und das Geschenk ließ Lily aufleben – in einer Phase, in der er mit nichts anderem an sie heranzukommen schien. » Diese Geschenke machten sie überglücklich«, sagte Colin. » Und dieses Glück kam zur Abwechslung auch mal mir zugute – was sich super anfühlte.«
Teure Geschenke? Anreize. Anreize, um Lily dazu zu kriegen, zu lächeln, glücklich zu sein, zu entspannen und letztlich – seien wir ehrlich – Colin mehr Zuneigung zu schenken.
Das Problem bei diesen Anreizen? Sie währten nicht lange. Sie brachten Lily zwar dazu, sie zu erwidern. Doch das war rasch wieder vorbei. Am folgenden Tag war sie wieder müde, gestresst und » früh mit einem guten Buch im Bett«.
Das Problem : Überstrapazierte Anreize laufen sich tot
Erinnern Sie sich noch an Joe Cassano, der mit Finanzanreizen satte Gewinne für AIG einfahren sollte, was am Ende aber gewaltig nach hinten losging? Unser Freund Colin, der seine Lily mit dem ehelichen Pendant zu einem solchen Finanzanreiz überschüttete, schoss ebenfalls ein Eigentor.
In Colins Fall war der Grund seines Scheiterns nicht pure Gier, sondern die simple Tatsache, dass seine Anreize keine lange Lebensdauer hatten. Unglücklicherweise brauchte er eine Weile, um das zu kapieren. Und so machte er Lily ein Geschenk nach dem anderen. Er kaufte ihr einen E-Reader. Dann schenkte er ihr einen Privatkurs bei einem angesagten Yogalehrer. » Danke, aber ich glaube, das muss bis 2020 warten, dann habe ich vielleicht wieder mehr Zeit«, sagte sie und fügte hinzu: » Mach du doch den Kurs. Würde dir guttun.«
Das war nicht ganz die Reaktion, die Colin sich erhofft
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