Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
Vom Netzwerk:
machen. Sehen wir uns einen Burt-Reynolds-Film an. Oder gehen wir doch in diese Country & Western-Kneipe, wo immer alle mitsingen sollen. Oder … O Gott, halt! Sieh nicht hin, Burke!« Sie packte ihn an der Hand, zerrte ihn unsanft in eine Bank und zog ihn auf die Knie hinunter. »Nicht bewegen«, flüsterte sie. »Nicht umdrehen.«
    »Um Himmels willen, was soll …«
    Mary Ann hielt in geheuchelter Andacht den Kopf gesenkt. »Sssssch! Mr. Tyrone ist da.«
    »Wer?«
    »Der Mann mit den Implantaten. «
    »Wo?«
    »An der Tür. Er stand gerade an der Tür, Burke. «
    Burke fand ihre Reaktion übertrieben. »Wenn er im Chor singt, Mary Ann, dann hat er doch allen Grund …«
    »Er hatte etwas bei sich, Burke.«
    Burke spähte über die Schulter.
    »Nicht! Er wird dich sehen.«
    »Dann sieht er mehr als ich.«
    »Was?«
    »Es ist niemand da, Mary Ann.«
    Sie drehte sich langsam um und schaute noch einmal zur Tür.
    Burke hatte recht. Es war niemand da.

Tränen im Tivoli
    Mona machte sich gerade über ihren zweiten halben Liter Rotwein her, als Mrs. Madrigal ins Savoy-Tivoli kam.
    Allein.
    »Alles in Ordnung, Mrs. Madrigal?«
    Die Vermieterin nickte. »Es hätte häßlicher sein können.« Sie glitt auf einen Stuhl und griff über den Tisch hinweg nach Monas Hand. »Ich habe mein Bestes getan, meine Liebe.«
    »Hat sie eine Szene gemacht?«
    »Sie hat es versucht.«
    Mona zögerte, bevor sie dann doch mit der Frage herausplatzte, die ihr schon den ganzen Abend auf der Seele lag. »Hat sie über Mr. Williams gesprochen?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Mir ist die Spucke weggeblieben. Ich hatte keine Ahnung, daß er Detektiv war, und schon gar nicht, daß er für sie gearbeitet hat. Außerdem kann ich mir gar nicht vorstellen, was mit ihm passiert ist.«
    Mona schaute in ihr Weinglas.
    »Sieh mich an, Liebes. Das ist die Wahrheit.«
    »Ich glaube dir.«
    »Du mußt mir glauben, Mona. Du mußt. «
    »Tu ich ja«, sagte Mrs. Madrigals Tochter lächelnd. »Wo ist sie eigentlich? Ist sie vor Wut geplatzt?«
    »Beinahe. Kann ich mal bei dir trinken, Liebes?«
    Mona schob ihr Glas über den Tisch. »Es tut mir leid, daß du das durchmachen mußtest.«
    »Sie reist morgen ab. Du solltest sie noch mal anrufen.«
    »Na gut.«
    »Vergiß nicht, daß sie dich liebt, Mona. Sie hat damals eine Menge Opfer für dich gebracht.«
    »Ich weiß.« Mona holte sich das Weinglas zurück und trank einen Schluck. »Darf ich dich noch etwas fragen?«
    »Nur zu.«
    »Mr. Williams hat Betty berichtet, daß dein Name ein Anagramm ist.«
    »Wie interessant.«
    »Und?«
    »Was und?«
    »Ist es so?«
    Mrs. Madrigal lächelte geheimnisvoll. »Hast du noch nicht versucht, es aufzulösen?«
    »Dann stimmt es also?«
    Die Vermieterin nahm sich ein Stück Brot und knabberte daran. »Paß auf, junge Frau: Wir machen jetzt einen kleinen Kuhhandel. Ich verrate dir die Auflösung des Anagramms, wenn du einen Freund von mir zum Essen einlädst.«
    »Wen?«
    »Brian Hawkins.«
    »Vergiß es.«
    Mrs. Madrigal legte das Stück Brot betont geziert beiseite. »Na schön.«
    »Ich bin deine Tochter«, konterte Mona. »Ich habe das Recht, die Auflösung des Anagramms zu erfahren.«
    »Das stimmt. Und als dein Vater habe ich das Recht, über Enkel zu reden.«
    »So ein Quatsch.«
    Mrs. Madrigal drohte mit dem Finger. »Mother Mucca wird dir den Mund mit Seife auswaschen.«
    »Brian Hawkins interessiert sich nicht mal im entferntesten für mich.«
    »Das wird er aber bald tun.«
    »Hmh?«
    »Vertrau mir nur, Mona.«
    Mona schaute weg. »Ich bin mir seinetwegen furchtbar dämlich vorgekommen.«
    »Ach, Mona, dämlich sind wir doch alle! Nur haben manche von uns mehr Spaß damit als andere. Entspann dich, meine Liebe! Genier dich nicht zu weinen … oder zu lachen. Lach, soviel du willst, wein, soviel du willst, pfeif auf der Straße hübschen Männern hinterher und zum Teufel mit allen, die dich für dämlich halten!« Sie hob das Weinglas und prostete der jüngeren Frau zu: »Ich liebe dich, mein Engel. Und das gibt dir die Freiheit zu allem.«
    Mona gab keine Antwort. Tränen liefen ihr über das Gesicht.
    Mrs. Madrigal langte über den Tisch und tupfte ihr mit einer Serviette die Augen ab.
    »Ist es dir feucht genug?« wollte Mona wissen.
    Plötzlich stand der Kellner neben ihnen.
    »Ah, Luciano«, rief Mrs. Madrigal. »Haben Sie meine Tochter schon kennengelernt?«
    Der Kellner machte eine höfliche Verbeugung. Mona wurde rot und hielt ihm die Hand hin. Der

Weitere Kostenlose Bücher