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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Wohnzimmer zurückkam. Sie trug ein Tablett, auf dem drei Gläser Sherry und eine Schüssel mit Weinbrandkirschen standen.
    »Ich dachte, ich hätte noch ein paar Butterkekse, aber die hat wahrscheinlich Brian oder eins von den anderen Kindern verdrückt.«
    Mother Mucca runzelte die Stirn. »Du hast Kinder?«
    »Er ist ein Mieter«, sagte Mona ungehalten.
    »Ja«, antwortete Mrs. Madrigal ruhig. »Ich nenne sie meine Kinder. Das ist wahrscheinlich ein bißchen verrückt, aber es scheint sie nicht zu stören.« Sie lächelte Mona an. »Falls doch, sagen sie es mir jedenfalls nicht.«
    Mother Mucca griff nach einer Kirsche und steckte sie sich in den Mund. Ihre Gastgeberin schaute sie dabei nicht an. Mona spürte, daß sich eine Katastrophe anbahnte.
    »Na«, sagte Mrs. Madrigal, als sie sich auf das Sofa setzte und die Beine unter den Kimono zog, »ich nehme an, du hast eine Menge Abenteuer erlebt, was?«
    Mona nickte. »Winnemucca ist vielleicht ein Trip!«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Die Vermieterin wandte sich an Mother Mucca, die gerade damit fertig geworden war, sich die Schokolade von den Zähnen zu lutschen. »Ich hoffe, die junge Dame hat nicht zu viel im Weg rumgestanden.«
    Die alte Frau schnaubte verächtlich und verzichtete auf einen Kommentar, indem sie ihren Sherry in einem Zug hinunterkippte. Mrs. Madrigal gab nicht nach und ließ ihren Blick weiter auf Mother Mucca ruhen. »Mona hat viel von uns beiden, nicht?«
    Schweigen.
    »Das Aussehen hat sie allerdings von dir«, fügte Mrs. Madrigal noch hinzu.
    Mother Mucca schaute in ihr Glas. »Is ja kein Wunder«, sagte sie schließlich.
    »Was?«
    »Soll das da ’n Hut sein?«
    »Ich verstehe nicht, was das …«
    »Hühnerkacke, Mädchen! Haste keine Haare?«
    »Natürlich habe ich …«
    »Zum Teufel noch mal, was stopfste se dann unter so ’n Häubchen, wie wenn de ’ne Glatze hättst oder so? Weißte, Mädchen … Wir zwei beide müssen uns mal unterhalten!«
    »Ich hatte auch gedacht, daß das der Zweck unserer kleinen …«
    »Wo is dein Schlafzimmer?«
    »Was hat das mit …«
    »Sag endlich, wo dein Schlafzimmer is! «
     
    Die beiden Frauen waren schon mindestens zehn Minuten weg. Mona saß starr vor Angst im Wohnzimmer und horchte auf die gedämpften Stimmen der beiden. Dann hörte sie, wie Mrs. Madrigal »Mama, Mama!« sagte und gleich darauf zu weinen anfing.
    Mona wartete, bis es wieder ruhig war, ging dann leise zur Schlafzimmertür und machte sie auf. Mrs. Madrigal saß vor ihrer Frisierkommode. Mit dem Rücken zur Tür. Mother Mucca stand neben ihr und bürstete die schulterlangen Haare ihrer Tochter. Als sie aufblickte, sah sie Mona.
    »Verschwinde«, sagte sie leise.

Ein Tisch für fünf
    Als die Pacific Princess in Acapulco ablegte, starrte Michael wie gebannt auf die immer kleiner werdende Figur auf der Landungsbrücke. »Sieh ihn dir bloß an«, sagte er. »Dieses Arschloch würde selbst auf einer Luftaufnahme noch toll aussehen!«
    Mary Ann legte ihm den Arm um die Hüfte. »Hab ich nicht gesagt, daß es klappt?«
    »Ja, ich glaub schon.«
    »Wann fliegt er nach San Francisco zurück?«
    »Am Freitag. Ich hole ihn vom Flughafen ab.«
    »Er ist ein richtig netter Kerl, Mouse.«
    »Ich weiß. Es ist zum Fürchten.«
    »Wieso?«
    »Verlang nicht, daß ich das analysiere. Wenn ich anfange, die Dinge zu analysieren, dann … tut sich gleich gar nichts mehr.« Er drehte sich zu ihr um und schaute ihr in die Augen. »Du weißt doch, was ich meine, nicht?«
    Sie machte ein ernstes Gesicht und nickte. »Gott, ja.«
    »Anscheinend ist es immer das gleiche, wenn ich mit jemand was anfange … Ich weiß nicht … ich sehe immer Anfang und Ende auf einmal. Ich weiß schon vorher, wie die Geschichte zu Ende geht. Die einzelnen Szenen beherrsche ich im Schlaf. Aber diesmal … Na ja, ich will das Ende gar nicht kennen. Wenigstens mal für einige Zeit nicht.«
    »Vielleicht gibt es gar kein Ende.«
    Er bedachte sie mit einem nachsichtigen Lächeln. »Alles hat einmal ein Ende, Babycakes.«
    »Ach, komm, Mouse, das ist nicht … Wie ist es denn mit uns? Wir sind doch auch noch zusammen.«
    Er lachte. »Ja, wir beide werden noch im Altersheim gemeinsam auf Aufriß gehen.«
    »Wo liegt dann der Unterschied?«
    »Der Unterschied liegt darin, Herzchen, daß du mich nicht brauchst und ich dich nicht brauche. Es sind die anderen Affen, die wir brauchen … Die Nur-dich-und-sonst-keinen-Typen. Wenigstens bilden wir uns ein, daß wir sie

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