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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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brauchen. Unsere arme kleine Psyche ist durch Rock Hudson und Doris Day auf immer und ewig geschädigt.«
    Mary Ann rang noch um eine schlagfertige Erwiderung, als plötzlich Burke hinter ihr stand. »Tja, wieder auf See, hmh?«
    Sie drehte sich um und nahm seine Hand. »Wir haben uns gefragt, wo du bist. Wir haben Jon noch adieu gewinkt.«
    »Ich habe ein bißchen mit dem Oberkellner geschachert.«
    »Weswegen?«
    »Ich sitze jetzt an eurem Tisch. Hoffentlich ist euch das auch recht.«
    »Natürlich! Das ist wundervoll!«
    Michael grinste boshaft. »Arnold und Melba werden begeistert sein von dir.«
    »Ach, du Schande«, sagte Mary Ann. »Was sagen wir den beiden bloß?«
    »Tja …« Michael tippte sich mit dem Zeigefinger ans Kinn. »Ich finde, wir sollten ihnen sagen, daß wir erwachsene Menschen mit modernen Ansichten sind. In unserer Ehe klappt es einfach nicht, und deshalb … haben wir uns in aller Freundschaft auf eine Scheidung geeinigt, nach der Burke und ich in einer schlichten episkopalischen Zeremonie in der Grace Cathedral den Bund fürs Leben schließen werden.«
    »Sehr lustig.«
    Burke zwinkerte Michael lachend zu. Dann wandte er sich an Mary Ann: »Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen, Mary Ann. Ich könnte doch schwul sein. Ich meine, wo ich mich doch an nichts erinnern kann …«
    »Du bist nicht schwul. Das ist ein Befehl.«
    »Ich wär da nicht so sicher«, widersprach ihr Michael drohend. »Ich habe gesehen, daß er am Donnerstag in gelben Sachen rumgelaufen ist. Und schau dir doch mal seinen Körper an, Mädchen. Heteros haben keinen Waschbrettbauch.«
    Mary Ann tätschelte Burkes Taille. »Der hier schon.«
    Burke wurde sichtbar rot.
    Michael nahm beide an der Hand. »Kommt jetzt, ihr Doofies. Ich hab solchen Appetit, daß ich mich sogar an einem Steward vergreifen könnte.«
     
    Das Trio rauchte in der Kabine von Mary Ann und Michael einen Joint, bevor es sich auf den Weg in den Speisesaal machte. Als die drei an ihren Tisch kamen, fehlte das Partnerlookpärchen aus Dublin.
    »Was?« Michael verzog das Gesicht. »Wie soll ich ohne Arnold und Melba essen?«
    Mary Ann kicherte. »Vielleicht sind ihnen die Kleider ausgegangen.«
    »Vielleicht«, schlug Burke als Erklärung vor, »hat der Oberkellner sie umgesetzt, und jetzt verpetzen sie uns beim …«
    Er unterbrach sich, als das Ehepaar auftauchte. Die beiden waren rosa wie gekochte Shrimps und deutlich stolz auf ihr neuestes Ensemble – identische mexikanische Baumwollhemden, die jeweils mit einer gestickten Rose verziert waren.
    Melbas Stimme war süß wie raffinierter Zucker. »Hallo, ihr Jungvermählten! Wer ist euer Freund?«
    Mary Ann fing zu stammeln an, als sie die Littlefields sah … die Rose … Burke.
    »Ach, hallo. Das ist … Oh, Burke, warum gehst du nicht …?« Sie warf ihr Wasser um, als sie aufsprang. Burke hatte den Kopf zwischen den Knien und würgte. Mary Ann riß eine Stoffserviette vom Tisch und drückte sie ihm vor den Mund.
    »Burke … Hier. Ich helf dir schon. Entschuldigen Sie, Melba. Gib mir deinen Arm, Burke. Es wird gleich besser … Hier, es wird gleich besser.« Ohne weitere Erklärung brachte sie ihn vom Tisch fort. Michael und die Littlefields beobachteten ihren Abgang schweigend.
    »Mensch! « polterte Arnold los. »Was war das denn?«
    »Er ist seekrank«, sagte Michael ruhig und sah seinen Freunden nach.
    »Dabei sieht der Kerl gar nicht so aus«, sagte Arnold grunzend.
    »Nein«, sagte Michael leise. »Und noch dazu hat er so schöne feste Beine.«
    »Hmh?«
    »Äh … Es ist toll, wenn man auf See schön fest auf den Beinen steht.«
    »Ganz richtig!« pflichtete Melba ihm bei.

Exzentrische alte Junggesellen
    Im Nachthimmel irgendwo über der Monterey-Halbinsel lockerte Michael seinen Sicherheitsgurt und drehte sich nach hinten, um nach seinen Reisegefährten zu sehen.
    Burke schlief, ans Fenster gelehnt, in der Lümmelhaltung einer Raggedy-Andy-Puppe.
    Mary Ann war noch wach und gab sich größte Mühe, die PSA-Bordillustrierte interessant zu finden. Als sie merkte, daß Michael sie ansah, rang sie sich ein müdes Lächeln ab.
    »Ich lese gerade über Swinging Singles in San Francisco.«
    »Ach je.«
    »Es ist so deprimierend. Findest du, daß ich ein Swinging Single bin?«
    Michael schüttelte den Kopf. »Kein bißchen.«
    »Gott sei Dank!« Sie beugte sich vor und flüsterte: »Ich finde auch nicht, daß du eine Schwuchtel bist.«
    »Besten Dank.«
    »In dem Punkt hab ich mich sehr gebessert,

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