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die kleinen Holzhäuser, die Eukalyptusbäume und Mrs. Madrigals Garten lagen im Mondschein verführerisch da.
»Haste ihm gesagt, daß wir kommen?« fragte Mother Mucca, als sie das behagliche alte Haus musterte.
»Nein. Sie weiß natürlich, daß wir kommen, aber ich habe ihr nicht genau gesagt, wann.«
»So was Dämliches!«
Mona schoß zurück. »Ich wollte ihr schlechte Vibrations vor unserer Ankunft ersparen.«
Die alte Frau starrte sie verständnislos an.
Mona lächelte und übersetzte dann. »Ich wollte nicht, daß sie sich unwohl fühlt vor unserer Ankunft.«
»Daß ich mich verdammt unwohl fühl, hat dich aber nich die Bohne gestört.«
»Kommen Sie jetzt. Reißen Sie sich zusammen.«
Mona stieg zum Windfang mit den Klingeln hoch. Mother Mucca kam nicht mit, sondern ging nervös im Vorgarten auf und ab. »Kommen Sie schon«, sagte Mona aufmunternd. »Es wird alles gutgehen.«
»Ich kann nich, Mona.«
Als Mona sich umdrehte, sah sie den mitleiderregenden Gesichtsausdruck der alten Frau. Mother Mucca machte ein paar Schritte auf sie zu. »Mona, mein Schatz … Schau ich auch nich aus wie ’ne alte Hexe?«
»Ach, Mother Mucca … Sie sehen toll aus! Keine Sorge. Anna wird Sie in ihr Herz schließen.«
»Wir harn nix mit für sie.«
Mona umarmte sie. »Wir sind alles, was sie braucht.«
»Ja?«
Mona lächelte. »Ja.«
»Na, dann drück mal auf die Klingel, Mädchen!«
Der Schlüssel zu ihrem Herzen
Mary Ann und Burke saßen in der Starlight Lounge, hoben ihre Piña Coladas und brachten Trinksprüche aus. »Auf neue Erinnerungen«, sagte Burke.
»Genau, und auf …« Mona runzelte plötzlich die Stirn, weil ihr auffiel, daß der Pianist angefangen hatte, »Everything’s Coming Up Roses« zu klimpern.
»Burke … ich kann ihn auch bitten aufzuhören.«
Er lächelte matt. »Mir ist das gar nicht aufgefallen.«
»Erst, als ich damit angefangen habe, hm?«
»Macht doch nichts.«
»Entschuldige, Burke.«
Er trank sein Glas leer. »Ich kann nicht den Kopf in den Sand stecken, Mary Ann.«
»Wenn ich bloß was tun könnte …«
»Ich muß einfach damit klarkommen, das ist alles. Ich meine, Rosen entgeht man doch sowieso nicht, oder?« Sein Mund verzog sich zu einem wehmütigen Lächeln. »Versuch das mal.«
»Ich weiß. Es muß … Burke, könnte da nicht ein Psychiater was tun? Es müßte doch … Na ja, wenn man deine Amnesie heilen könnte, würde dann nicht automatisch auch deine Angst vor Rosen verschwinden … und vor Stegen mit Geländer und so?«
»Ich war schon bei einem Seelenklempner.«
»Oh.«
»Er hat mich hypnotisiert und ausgefragt und sonst alles getan, außer Nadeln in eine Voodoopuppe zu stoßen … Und rausgekommen ist überhaupt nichts dabei. Bloß am Monatsende seine Rechnung.«
Mary Ann schaute auf ihr Glas hinunter und überlegte, wie sie ihre nächste Frage formulieren sollte. »Burke, was hältst du davon …?«
»Wovon?«
»Ach … Unwichtig.«
»Es hat sich nicht unwichtig angehört.«
»Na ja, ich hab mich gefragt, ob … Würde es deiner Erinnerung nicht nachhelfen oder so, wenn du … nach San Francisco zurückkämst?«
Es folgte endloses Schweigen. Mary Ann hatte diese Frage nicht nur einmal, sondern schon zweimal riskiert. Ihr Gesicht lief augenblicklich rot an. Burke spürte anscheinend, wie verlegen sie war. »Das wäre es mir fast wert«, sagte er schließlich, »um mit dir zusammenzusein.«
Mary Ann riß eine Ecke ihrer Cocktailserviette ab. »Es könnte doch sein … Na ja, wenn du wieder mit der alten Umgebung konfrontiert wärst und … mit alten Erfahrungen und so, dann könnte deine Erinnerung doch zurückkommen, und du könntest so eine Art … Exorzismus für deine Phobien veranstalten.« Sie sah ihn flehentlich an. Ihre Augen waren feucht. »Ach, Scheiße, wem mach ich hier denn was vor?«
Er tupfte ihr die Augen mit einer Cocktailserviette ab. »Mir jedenfalls nicht«, sagte er lächelnd.
»Ich hasse Abschiede. Ich heule jedesmal. Jedesmal. «
»Das kenne ich. Mir geht es auch so.«
»Ich habe noch nie so was Schönes erlebt wie mit dir.«
»Das kann ich von mir auch sagen.«
»Ja?«
Er nickte.
»Warum machen wir dann nicht …? O Gott, sehe ich so aus, als würde ich betteln?«
Er nahm ihre Hände. »Sehe ich so aus, als würde ich nein sagen, Dummerchen?«
Sie kuschelten sich auf dem Sonnendeck unter eine Decke und betrachteten die Lichter am Strand.
»Du wirst es nicht bereuen«, sagte Mary Ann.
»Das brauchst du
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