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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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…«
    »Es geht schon, Schatz. Ich schwör’s.«
    Die Rosen steckten zu Tausenden in großen grünen Metallbüchsen. Als Mary Ann die Blumen sah, klammerte sie sich unbewußt noch fester an Burkes Arm.
    Burke schien immer bleicher zu werden. »Schon gut«, versicherte er Mary Ann. »Laß uns näher rangehen.«
    Ein halbes Dutzend Blumenhändler stand vor dem Tisch und begutachtete das Rosenangebot. Mary Ann spürte auf einmal, daß ihr aus lauter Mitleid mit Burke fast schlecht wurde. Sie versuchte, sich auf die Leute zu konzentrieren.
    Der Kunde, der ihnen am nächsten stand, war ein Mann von Anfang vierzig mit einer Habichtsnase. Er trug einen hellblauen Freizeitanzug, und die Haut oberhalb seiner Stirn war überkrustet mit akkurat gezogenen Reihen von haarbüscheldurchsetztem Wundschorf. Mary Ann zuckte zurück und wandte sich ab.
    Im gleichen Moment stellte sie fest, daß Burke kreidebleich war.
    »Komm«, sagte sie bestimmt. »Das ist unfair dir gegenüber.«
    »Nein … warte …«
    »Wir können nicht bleiben, Burke!«
    »Aber …«
    »Komm jetzt!«
    Draußen auf dem Parkplatz übergab sich Burke hinter einem korallenroten Lieferwagen, auf dem ROSE-O-RAMA stand. Mary Ann stand etwas abseits und kämpfte mit ihren Schuldgefühlen.
    Als Burke zurückkam, rang er sich ein Lächeln ab. »Dabei hat sich die Idee vorher so gut angehört.«
    »Es war eine miserable Idee. Außerdem hätten wir schon früher rausgehen sollen.«
    »Wäre ich ja auch, aber … Hast du den Kerl gleich neben uns gesehen?«
    »Den mit den Haarimplantaten?«
    Burke nickte. »Vielleicht täusche ich mich auch, aber ich hätte schwören können, daß er mich erkannt hat.«
    »Burke, bist du sicher?«
    »Nein, aber … Es kam mir so vor, als hätte ich ihn erschreckt, als würde er mich von irgendwoher kennen. Ich dachte, wenn ich lang genug in seiner Nähe bleibe, würde er vielleicht …«
    »Warte hier!«
    Mary Ann kümmerte sich nicht um die verblüfften Blicke der Blumengroßhändler, als sie mit klopfendem Herzen zurück in die Halle hetzte, zurück an den Tisch mit den Rosen.
    Aber der Mann mit den Implantaten war weg.
     
    Es war fünf nach halb vier, als Mary Ann und Burke den Markt verließen. Zu der Zeit wälzte Jon sich in der Barbary Lane im Schlaf herum und wurde gleich darauf von Michaels Stimme geweckt.
    »Jon … hilf mir … Mit mir stimmt was nicht.«
    »Das träumst du nur, Sportsfreund. Es ist alles in Ordnung.«
    »Nein … ist es nicht. Ich kann mich nicht bewegen, Jon.«
    Der Doktor stützte den Kopf auf und schaute Michael ins Gesicht. Seine Augen waren offen und blinzelten. »Aber sicher kannst du dich bewegen«, sagte Jon. »Du hast doch gerade erst die Hand nach mir ausgestreckt.«
    »Nein … es sind meine Beine. Ich kann meine blöden Beine nicht bewegen!«

Die Notaufnahme
    AlsMary Ann und Burke in die Barbary Lane 28 zurückkamen, hörte Jon ihre Schritte auf der Treppe und winkte die beiden in Michaels Wohnung.
    »Michael ist krank«, erklärte er kurz angebunden, während er sie ins Schlafzimmer führte, in dem eine leuchtende Plastikgans einen gelblichen Schein auf die reglos im Bett liegende Gestalt warf. Dann kniete der Doktor neben seinem Patienten nieder.
    »Mary Ann und Burke sind da.«
    »Sie sind … Hast du sie aufgeweckt?«
    Mary Ann machte von der Tür einen Schritt auf ihn zu. »Wir waren auf dem … Was ist los mit dir, Mouse?«
    Michael drückte sich auf die Ellbogen hoch. »Das klären wir gerade. Meine Beine sind … eingeschlafen.«
    Jon klopfte Michaels Beine mit einer Gefäßklemme ab – mit der Gefäßklemme, die Michael als Jointhalter benutzte. »Spürst du das?«
    »Nein«, sagte Michael, als die Gefäßklemme seine Beine hochwanderte. »Nein … Nein …« Als sie schließlich auf halber Oberschenkelhöhe angekommen war, sagte er: »Jetzt.«
    »Gut.«
    »Gut nennst du das? Mein Gott, was hab ich denn?«
    »Ich glaube, es ist nur was Vorübergehendes, Michael. Ich fahr mit dir ins Krankenhaus.«
    »Es sind die Wehen, stimmt’s? Komm schon, du kannst es mir ruhig sagen.«
    Jon lächelte. »Nicht reden, Schatz. Wir bringen dich bald hier raus.«
    »Hör auf, hier einen auf Chad Everett zu machen, und sag mir endlich, was …«
    »Keine Ahnung, Michael. Ich hab keine Ahnung, was es ist.«
    Jon kümmerte sich um einen Krankenwagen, der eine viertel Stunde später da war. Er, Burke und Mary Ann fuhren hinten bei Michael mit und machten während der Fahrt ins St. Sebastian’s Hospital fast

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