Mehr Stadtgeschichten
Freudenfeuer. Dann standen alle Frauen gleichzeitig auf, und eine gigantische Torte wurde auf die Bühne gerollt. Die Frauen janeten erneut und stimmten dann ein jubilierendes »Happy Birthday« an.
Die Torte platzte auf, und im flackernden Feuerschein wurde etwas Fleischfarbenes sichtbar.
Die nackte Gestalt, die aus der Torte tauchte, war dem Publikum bekannt und entlockte so mancher ein verzücktes Seufzen. »Bluegrass«, kreischte eine Frau neben der Bühne. » Sie bat Bluegrass gekriegt! «
Als Frannie hochschaute, sah sie einen riesenhaften Mann mit goldblonden Haaren, den wohl auch jede andere sofort für Joe Palooka gehalten hätte. Er lächelte das Geburtstagskind an und sprang mit einem beherzten Satz aus der Torte.
In einer einzigen Bewegung hob er Frannie hoch und lief mit ihr in den Wald.
Und das Gejane hob von neuem an.
Was von Beauchamp bleibt
Als Bruno endlich anrief, war Douchebag fuchsteufelswild.
»So ’ne Kacke, Mann! Du hast gesagt um acht!«
»So? Tja, ich hab dich angelogen. Geh nach Haus, Punkie.«
»Was heißt das denn, geh nach Hause? Ich frier mir hier draußen den Arsch ab seit …«
»Geh nach Haus, hab ich gesagt!«
»Und was is mit meim Geld?«
»Mit deim Geld wird’s nix, weil’s mit deim Job nix wird. Der Kunde liegt nämlich grad im Broadway-Tunnel aufm Grill.«
»Hä?«
»Ich erklär’s dir, wenn de groß bist.«
»Heh, Alter, so geht das aber …«
»Hör mal, Kleine, wenn de nich ’n passendes Veilchen zu deinen grünen Zotteln willst, dann geh mir nicht aufn Sack, verstanden?«
Douchebag hatte eine hartgesottene Antwort parat, überlegte es sich aber anders und legte auf. Sie machte die Sicherheitsnadel an ihrem Müllsack noch einmal fest, knallte die Tür der Telefonzelle zu und machte sich auf den Nachhauseweg.
Vielleicht lief ihr unterwegs ja eine Katze über den Weg, die sie ordentlich treten konnte.
Als sie aus dem Palace of the Legion of Honor kam, blieb DeDe einen Augenblick stehen, um zur Golden Gate Bridge hinüberzuschauen, die in der Dunkelheit glitzerte.
»Es läßt nie nach, finden Sie nicht auch?«
»Was?« fragte D’orothea.
»Das. Ich meine … man wird es nie über. Ich bin hier geboren, und trotzdem finde ich den Anblick jedesmal wieder atemberaubend. Manchmal denke ich, daß in der Brücke ein riesiger Magnet steckt, der mich hier festhält.«
»Würden Sie denn gerne weggehen?«
»Ich denke daran. Aber denken nicht alle daran, von zu Hause fortzugehen? Das Problem ist nur, daß man kaum noch irgendwo hin kann, wenn man bereits am Ende des Regenbogens geboren wurde.« Sie drehte sich um und lächelte ihre neue Freundin an. »Ist das nicht ziemlich unfair?«
»Vielleicht gibt es ja eine Stadt, die Sie noch nicht kennen.«
»Es gibt sehr viele Städte, die ich noch nicht kenne. Athen … Wien …«
»Nein. Ich meine hier.« D’orothea lächelte und zog eine Augenbraue hoch. »Diese Damen von der Junior League sind mir so fern wie … der Mars. DeDe, es gibt in dieser Stadt erstaunlich viele Leute, deren Schuhe nicht zu ihren Handtaschen passen.«
DeDe dachte darüber nach, während sie schweigend zu D’orotheas Haus in Pacific Heights fuhren. Als sie vor dem zimtbraun und dattelgolden gestrichenen viktorianischen Haus ankamen, bedankte sich D’orothea für einen »erbaulichen Abend«.
DeDe lächelte entschuldigend. »Es war ganz schön langweilig, hm?«
»Nicht mit Ihnen, meine Liebe.« D’orothea beugte sich plötzlich zu DeDe hinüber und küßte sie auf die Wange. »Übrigens, wo kriegen wir die Kinder?«
»Im St. Sebastian’s«, antwortete DeDe. »Und, danke für das wir. «
D’orothea zuckte mit den Schultern. »Sie können dabei ja schlecht alleine bleiben, oder?«
»Ich hatte mich schon darauf eingestellt.«
»Quatsch.« Sie hüpfte aus dem Auto, schlug die Tür mit heftigem Schwung zu und warf DeDe von den Eingangsstufen aus einen Kuß zu. »Ich rufe Sie bald an.«
Vierzig Minuten später traf DeDe auf Halcyon Hill ein. Im Auffahrtsrund stand ein Polizeiwagen. Als sie den Mercedes abschloß, entdeckte sie neben der schmiedeeisernen Negerfigur, die ihre Mutter nach den Unruhen in Watts hatte weiß lackieren lassen, einen bulligen Streifenpolizisten.
»Mrs. Day?« Der Polizist kam auf sie zu.
»O Gott! Doch nicht schon wieder ein Einbruch?«
»Nein, Ma’am. Entschuldigen Sie. Wir konnten keine anderen Mitglieder Ihrer Familie ausfindig machen, deshalb hat man mir gesagt … Es ist ein Unfall
Weitere Kostenlose Bücher