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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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zu der gehöre ich gern. Ich gehöre gern dazu.
    Es bleibt mir nicht mehr viel zu sagen, außer daß ich derselbe Michael bin, den ihr schon immer gekannt habt. Ihr kennt mich jetzt nur besser. Ich habe nie etwas in der Absicht getan, euch weh zu tun. Und das wird weiter so bleiben.
    Bitte fühlt euch nicht verpflichtet, auf diesen Brief rasch zu reagieren. Es reicht mir das Bewußtsein, daß ich die Menschen nicht mehr länger belügen muß, die mich gelehrt haben, die Wahrheit in Ehren zu halten.
    Mary Ann läßt euch herzlich grüßen.
    In der Barbary Lane 28 ist alles in Ordnung.
    Euer euch liebender Sohn
    Michael

Das Ende
    Mary Ann war zutiefst erschüttert, als sie und Burke das St. Sebastian’s verließen. Sie hatte vorgehabt, den Großteil des Abends dort zu verbringen, doch ihre Tränen hatten sich als unbeherrschbar erwiesen. Jon hatte allerdings versprochen, daß er sie anrufen würde, »wenn sich etwas ändert«.
    Zu Hause in der Barbary Lane versuchte sie, unter dem Heißwasserhahn ein Filetsteak aufzutauen.
    »Ich möchte davon nichts haben«, sagte Burke.
    »Ich dachte, du magst Steak.«
    »Ich hab keinen Hunger. Ehrlich.«
    Sie seufzte und warf das Fleisch auf das Rubbermaid-Abtropfgestell. »Ich auch nicht.« Sie drehte sich mit einem gezwungenen Lächeln zu Burke um. »Weißt du, wie ich Michael kennengelernt habe?«
    »Im Supermarkt, oder?«
    »Hab ich dir das schon erzählt?«
    Burke nickte. »In Puerto Vallerta.«
    Mary Ann trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und setzte sich Burke gegenüber an den Küchentisch. »Er war so niedlich, Burke … Aber ich war wütend auf ihn, weil er mit diesem Kerl zusammen war, der mir wirklich gut gefallen hat, und ich habe mir den ganzen Abend immer wieder vorgesagt: ›Was für eine Verschwendung … Was für eine Verschwendung!‹ Das war’s damals für mich auch. Für mich war sein ganzes Dasein eine Verschwendung, und bei ihm war irgendwas falsch gelaufen. Natürlich habe ich mir eingeredet, daß er mir leid tat, aber in Wirklichkeit habe ich mir bloß selbst leid getan. Ich mußte feststellen, daß nicht alle tollen Männer für mich bestimmt waren, und damit bin ich nicht fertig geworden.«
    »Das macht doch nichts. Die Menschen ändern sich.«
    »Ich hab mich nicht geändert. Jedenfalls lange nicht. Ich bin mir immer vorgekommen wie … Ich weiß nicht. Wahrscheinlich hab ich mir eingebildet, daß ich ihn ändern kann. Daß ich seine Freundin werde und er dann ein entspannteres Verhältnis zu Frauen entwickeln kann oder so. Ich hab nicht damit gerechnet, daß mir dabei klar wird, wie nötig ich es selbst hatte, entspannter zu werden.«
    »Mach dich doch nicht so runter.«
    »Aber es ist die Wahrheit, Burke.«
    »Michael liebt dich, Mary Ann. Irgendwas mußt du wohl richtig gemacht haben.«
    »Hoffentlich.«
    »Hoffentlich? Verdammt noch mal, Mary Ann, in Mexiko hat es Augenblicke gegeben, da hat mich meine Eifersucht fast um den Verstand gebracht.«
    »Eifersucht? Auf Michael?«
    »Auf euch beide. Darauf, wie Michael und du zusammen gelacht und Sachen ausgeheckt habt. Darauf, wie ihr Arnold und Melba Theater vorgespielt habt. Darauf, wie ihr so getan habt – mein Gott, ihr habt gar nicht so getan, ihr wart verheiratet. Ihr beide wart so sehr ein Ehepaar, wie zwei Leute es nur sein können.«
    Sie blinzelte ihn verblüfft an und spielte unbewußt an dem merkwürdigen Schlüssel herum, den sie um den Hals trug. »Burke … Ich liebe dich. Und ich wollte dich nie …«
    »Ich mache dir keine Vorwürfe. Ich will bloß nicht, daß du dich selbst bestrafst. Nicht wegen Michael. Zwischen euch beiden ist etwas Großartiges abgelaufen.«
    Sie ließ den Schlüssel los und griff nach seiner Hand.
    »Können wir nicht ins Schlafzimmer gehen?« fragte sie.
    Dort lag sie dann in seinen Armen auf dem Bett und weinte.
     
    Später schauten sie fern, und beide taten dem anderen zuliebe so, als fänden sie es interessant. Schließlich stand Burke auf und drehte den Fernseher ab.
    »Möchtest du im Krankenhaus anrufen?«
    »Nein … ich … Nein.«
    »Vielleicht fühlst du dich dann wohler.«
    »Jon ist ja dort. Ich glaube, es ist besser, wenn ich nicht auch noch …«
    »Ich glaube, daß es Michael freuen würde.«
    »Aber, was sollte ich denn …?«
    Das Telefon klingelte. Sie zuckten beide zusammen. »Möchtest du, daß ich rangehe?« fragte Burke.
    Sie zögerte. »Nein … ich geh schon.«
    Sie drehte ihm den Rücken zu, während sie redete. Sie

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