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meinst …?«
»Die Wehen kommen alle fünfzehn Minuten.«
»Ach, du grüne Neune! Dabei hast du am Telefon so beiläufig darüber geredet. Da dachte ich … Ach, Schatz, bist du nicht ganz aufgeregt?«
DeDe rang sich ein dünnes Lächeln ab. »Klar.«
»Natürlich! Da fällt mir ein, du hast mir die Namen noch gar nicht gesagt.«
»Welche Namen?«
»Die für die Babies. Hast du schon welche ausgesucht?«
DeDe strich das Laken über ihrem gewaltigen Bauch glatt. »Ach, wahrscheinlich Edgar, wenn eines ein Junge wird. Nach meinem Vater. Und wenn eines ein Mädchen wird, dann nenne ich es Anna.«
»Das ist ein hübscher Name. Hat er einen bestimmten Grund?«
»Daddy hat mich darum gebeten. Noch kurz vor seinem Tod.«
»Der Name hat in eurer Familie wohl Tradition, hm?«
DeDe schüttelte den Kopf. »Nicht, daß ich wüßte. Daddy hat bloß gesagt, daß ihm der Name gefällt.« Sie fummelte wieder am Laken herum und drehte den Kopf zur Seite. D’orothea brauchte einen Moment, bis sie begriff, daß DeDe weinte.
»Schatz? Nicht doch, Schatz. Was ist denn?«
»Ich hab solche Angst, D’or.«
D’orothea setzte sich auf die Bettkante und streichelte sanft über DeDes Haare. »Wieso denn?« fragte sie.
»Ich habe das Gefühl, als würde man mich bestrafen.«
»Bestrafen? Wofür?«
DeDes Gesicht glänzte vor Tränen. Sie griff nach einem Kleenex, putzte sich die Nase und ließ das Tüchlein dann auf den Nachttisch fallen. Schließlich sah sie D’orothea an und sagte seufzend: »Der Vater der Zwillinge ist Chinese, D’or.«
D’orothea verzog keine Miene. Dann sagte sie: »Na und?«
Ein Lächeln kämpfte gegen DeDes traurige Miene an. »Du hast leicht reden.«
»Schön«, sagte D’or. »Dann kann ich’s ja noch mal sagen. Na unnnnd?«
DeDe lachte endlich. »Ach, D’or, danke!«
»Nicht der Rede wert. Außerdem sehen Eurasier immer hinreißend aus.«
»Ja, nicht?«
»Weiß Big Mama denn Bescheid?«
DeDe zuckte erst zusammen und schüttelte dann den Kopf.
»Das hab ich mir gedacht«, sagte D’or. »Deswegen heulst du auch, was?«
»Zum Teil wohl schon.«
»Und was macht den anderen Teil aus?«
»Keine Ahnung. D’or … Nicht eine von meinen Freundinnen hat auch nur angerufen.«
»Tja, das Blatt ändert sich jetzt, mein Schatz.«
»Warum?«
»Weil ich die erste von deinen neuen Freundinnen bin, DeDe. Und uns wirst du nicht so leicht wieder los.« Sie beugte sich vor und gab DeDe noch einen Kuß. »Außer, wenn du deine Kinder kriegst. Bei so was wird mir nämlich ganz flau im Magen. Aber ich werde in deiner Nähe sein. Gleich draußen vor der Tür.«
»Das brauchst du nicht.«
»Ich will aber.«
»Danke, D’or.«
»Ach so, möchtest du denn, daß ich deine Mutter über die Babies aufkläre?«
»Nein. Das mache ich schon selbst. Ich liebe dich, D’or.«
»Ich dich auch, Schatz.«
Zurück nach Nantucket?
Natürlich war Burke am schwersten zu überzeugen.
»Das ist doch alles Larifari, Mary Ann. Warum sollte jemand wegen einer Kathedrale sein Gedächtnis verlieren? Du scheinst zu vergessen, daß es mir jedesmal ganz dreckig geht, wenn ich …«
»Du hast bei Beauchamps Trauerfeier gekotzt, oder etwa nicht? Das war in einer Kirche.«
Burke wedelte ungeduldig mit den Händen. »Ich hab doch wegen der Rose gekotzt.«
»Aber, begreifst du denn nicht? Vielleicht wird dir gar nicht vom Anblick der Rose schlecht. Vielleicht ist es bloß das Wort, die Assoziation mit der Fensterrose.«
Burke wirkte niedergeschlagener denn je, als er sich auf die Bettkante setzte. »In meinem Traum sehe ich kein Fenster. Ich sehe eine rote Rose. Keine rosa oder gelbe Rose – eine rote, Mary Ann.« Als er zu ihr hochsah, hatte sich seine Augenfarbe von einem lebhaften Grau in einen stumpfen Zinnton verwandelt. »Ich glaube, ich gehe besser wieder nach Hause.«
Mary Anns erster Gedanke war der, daß sie doch schon in seiner Wohnung waren. Dann traf sie die Bedeutung seines Satzes, als hätte man ihr ein Bündel Dornenzweige ins Gesicht geschlagen. »Burke, das ist nicht dein Ernst!«
Sein freundlicher Ton war vernichtend. »Doch«, sagte er sanft. »Ich muß mich von der Geschichte freimachen, Mary Ann.«
»Aber, Burke …« Sie setzte sich neben ihn und legte ihm den Arm um die gebeugten Schultern. »Du wirst dich nie davon freimachen, wenn du nicht den Grund für deine Amnesie ausfindig machst. Du kannst nicht bis in alle Ewigkeit Angst haben.«
»Ich habe keine Angst.«
Zärtlich drückte sie seine
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