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Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit

Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit

Titel: Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Hour , das Lux-Schlitz-Playhouse , die Dinah Shore Chevy Show , das G.E. Theater , die Gillette Cavalcade of Sports und das generös doppelt gemoppelte Your Kaiser-Fraser Dealer Presents Kaiser-Fraser Adventures in Mystery . Die Werbeleute hatten bei diesen Produktionen das Sagen und legten alles bis ins Detail fest. Drehbuchautoren, die von Camel-Zigaretten gesponsorte Sendungen schrieben, durften keine Schurken bringen, die Zigaretten rauchten, sie durften weder Feuer noch Brandstiftung noch irgendwas Schlimmes erwähnen, das mit Rauch und Flammen zu tun hatte – der Kontext spielte keine Rolle –, und es durfte auch unter keinen Umständen jemand husten. Als ein Teilnehmer der Spielshow Do You Trust Your Wife? erwiderte, das Sternzeichen seiner Frau sei Krebs (schreibt J. Ronald Oakley in dem exzellenten God’s Country: America in the Fifties), »befahl die Tabakfirma, die die Sendung sponsorte, dass die Sendung noch einmal aufgenommen und das Sternzeichen der Frau in Widder geändert werde.« Denkwürdiger noch schaffte es die American Gas Association als Sponsor einer Serie namens Playhouse 90, dass in einem Bericht über die Nürnberger Prozesse, Judgment at Nuremberg, alle Hinweise auf Gasöfen und das Vergasen der Juden aus dem Skript gestrichen wurden.

    Nur eines war stärker als die Vernarrtheit der Amerikaner ins Fernsehen, und das war ihre Liebe zum Auto. Noch nie ist ein Land autoverrückter gewesen als die Vereinigten Staaten in den 1950er Jahren.
    Als der Krieg zu Ende war, fuhren nur 30 Millionen Autos auf US-amerikanischen Straßen, ungefähr so viel wie in den Zwanzigern, doch dann gab es buchstäblich kein Halten mehr. In den nächsten vierzig Jahren, schreibt ein Autor der New York Times , »legte das Land 42798 Meilen Interstate Highways an, kaufte 300 Millionen Autos und ging auf Spritztour«. Die Zahl neu gekaufter Autos stieg von gerade einmal 69 000 im Jahr 1945 auf über fünf Millionen vier Jahre später. Mitte der Fünfziger erstanden die Amerikaner acht Millionen neue Autos im Jahr (und das bei etwa 40 Millionen Haushalten).
    Sie wollten nicht nur, sie mussten . Unter Präsident Eisenhower gaben die Vereinigten Staaten drei Viertel der Bundesmittel für Transport und Verkehr für den Bau von Highways aus und weniger als ein Prozent für den öffentlichen Verkehr. Egal, wo man hinwollte, man musste es in zunehmendem Maße im eigenen Auto tun. Und Mitte der 1950er Jahre wurden die Vereinigten Staaten schon zu einer Zweitauto-Nation. »Eine Familie mit zwei Autos kann auch zweimal so viel Dinge erledigen. Sie kann also mehr Freizeit miteinander verbringen!« , jubelte eine Anzeige für Chevrolet 1956.
    Und was für Autos das waren! Jemand beschrieb sie einmal als wunderschöne Spielzeuge. Viele konnten sich einer Ausstattung rühmen, mit der man offenbar gleich in die Lüfte steigen konnte. Pontiacs hatten Strato-Streak-V8-Motoren und Strato-Flight-Hydra-Matic-Getriebe. Chrysler bot Power-Flite-Schalthebel und Torsion-Aire-Federung an, während der Bel-Air von Chevrolet ein Extra namens Triple-Turbine-TurboGlide besaß (Motto: Halten Sie Ihren Hut fest!). 1958 produzierte Ford einen Lincoln, der fast sechs Meter lang war. 1961 konnte der US-amerikanische Autokäufer aus über 350 Modellen auswählen.
    Die Leute waren so verliebt in ihre fahrbaren Untersätze, dass sie mehr oder weniger versuchten, darin zu leben. Sie aßen in Drive-in-Restaurants, verbrachten ihre Abende in Autokinos und gaben ihre Kleider in Drive-in-Reinigungen ab. Mein Vater aber wollte mit alldem nichts zu tun haben. Er fand, so was gehöre sich nicht. Er aß nicht in einem Restaurant, das keine Nischen und Platzdeckchen an jedem Platz hatte. (Wenn ich es aber jetzt bedenke, aß er auch nicht in Restaurants mit etwas Besserem als Nischen und Platzdeckchen.) Ich machte meine ersten Drive-in-Erfahrungen, als ich mit Ricky Ramone ging, die keinen Vater, aber eine Mutter mit einem roten Pontiac-Star-Chief-Kabrio hatte, die für ihr Leben gern mit heruntergelassenem Verdeck und aufgedrehter Musik zu dem A&W-Drive-in-Restaurant weit draußen beim Messegelände am östlichen Rand der Stadt raste. Weshalb ich sie liebte. Und Ricky ist bestimmt in einem Auto gezeugt worden, wahrscheinlich zwischen ein paar Bissen in einem A&W.
    Ende des Jahrzehnts gab es in den Vereinigten Staaten fast 74 Millionen Autos auf den Straßen; das waren fast doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor. In Los Angeles gab es mehr Autos als in Asien und

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