Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit
hieß Dude , das andere Nugget . Sie waren extrem geschmacklos. Die Frauen darin sahen aus wie Pat Nixon oder Mamie Eisenhower – Frauen, bei denen man eher zahlen würde, wenn man sie nicht nackt sehen musste. Ich war entsetzt und erstaunt, nicht, weil mein Vater Männermagazine besaß – das war natürlich eine sehr willkommene Entwicklung, die man auch mit allen verfügbaren Mitteln fördern sollte –, sondern weil er eine so klägliche Auswahl getroffen hatte. Es schien auf tragische Weise typisch für ihn, dass sich sein krankhafter Geiz sogar hier bemerkbar machte.
Trotzdem waren sie besser als nichts und zeigten auf jeden Fall unbekleidete Frauen. Ich nahm sie mit ins Baumhaus, wo sie in Abwesenheit von Mary O’Leary sehr geschätzt wurden. Als ich sie, kurz bevor mein Vater etwa zehn Tage später vom Frühjahrstraining zurückkam, wieder an ihren Platz legte, waren sie auffallend abgegriffen. Ja, es war schwer, nicht zu bemerken, dass sich eine größere Leserschaft daran delektiert hatte. Von dem einen fehlte das Titelblatt, und fast alle Bilder trugen nun in den vielfältigsten jungen Handschriften am Rand Kommentare und Sprechblasensprüche, meist freimütigen Charakters. In den folgenden Jahren habe ich mich oft gefragt, was mein Vater sich wohl bei diesen beherzten Nachbesserungen gedacht hat, doch aus irgendeinem Grunde ergab sich nie der rechte Moment zum Fragen.
VII
Rums!
Mobile, Ala. (AP) – Das Oberste Gericht in Alabama bestätigte gestern die Todesstrafe für einen Gelegenheitsarbeiter, den Neger Jimmy Wilson, 55, der im letzten Jahr 1,95 Dollar aus dem Haus von Mrs. Esteele Barker gestohlen hat. Mrs. Barker ist weiß.
Raub ist in Alabama zwar ein Kapitalverbrechen, doch es ist in dem Staat noch nie jemand wegen eines Diebstahls von weniger als fünf Dollar exekutiert worden. Ein Gerichtssprecher vermutet, das Gericht habe sich möglicherweise davon beeinflussen lassen, dass Mrs. Barker aussagte, Wilson habe in respektlosem Ton mit ihr gesprochen.
Ein Sprecher für die National Association for the Advancement of Colored People nannte das Todesurteil ›eine Schande für die ganze Nation‹, sagte aber, die Organisation sei nicht in der Lage, dem verurteilten Mann zu helfen, weil sie in Alabama verboten sei.
Des Moines Register , 23. August 1958
Bild 12
U m 7.15 Uhr Ortszeit am 1. November 1952 brachten die Vereinigten Staaten im Pazifik, auf dem zu den Marshallinseln zählenden Eniwetok-Atoll (oder Enewetak-Atoll – der Name variierte sehr) die erste Wasserstoffbombe zur Explosion, wenn es auch eigentlich keine Bombe war, da man sie in keinerlei Hinsicht transportieren konnte. Nur wenn sich ein Feind zuvorkommend daneben gestellt hätte, als wir eine Achtzigtonnenkühlanlage für die Unmengen flüssigen schweren und überschweren Wasserstoffs bauten, mehrere Meilen Kabel damit verbanden und Dutzende elektrische Zündkapseln anbrachten, nur dann hätten wir die Möglichkeit gehabt, ihn damit in die Luft zu jagen. Da man auch 11 000 Soldaten und Zivilisten brauchte, um den Sprengsatz dazu zu bringen, auf Eniwetok zu explodieren, hätte man das Ganze wohl kaum auf dem Roten Platz errichten können, ohne Verdacht zu erregen. Korrekt ausgedrückt, war es ein »thermonuklearer Sprengsatz«. Und er verfügte über eine gewaltige Kraft.
Da man dergleichen noch nie zuvor ausprobiert hatte, wusste niemand, wie groß der Knall sein würde. Selbst nach vorsichtigsten Schätzungen – immerhin konnte eine Detonation von fünf Megatonnen heftigere Zerstörungen anrichten als sämtliche Feuerkraft, die von allen Beteiligten im Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden war – und nach Meinung mancher Kernphysiker dachte man, die Explosion könne bis zu 100 Megatonnen erreichen, was so außerhalb des Messbereichs war, dass die Wissenschaftler die Konsequenzen nur erraten konnten. Unter anderem vermuteten sie, dass der gesamte Sauerstoff in der Atmosphäre entzündet werden könnte. Aber wer wagt, der gewinnt im Vernichtungswettbewerb, mag sich das Pentagon gedacht haben. Und so hielt am Morgen des 1. November jemand ein Streichholz an die Zündschnur, nahm – wie ich es mir immer gern ausmale – die Beine in die Hand und rannte davon.
Die Detonation erreichte eine Stärke von etwas mehr als zehn Megatonnen, vergleichsweise kontrollierbar, doch immer noch so machtvoll, dass man eine tausendmal so große Stadt wie Hiroshima hätte auslöschen können. Eine so große Stadt gibt es natürlich nicht auf
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