Mein argentinischer Maerchenprinz
nicht.
Nur für eine Minute .
Die Seide glitt kühl über ihre Haut, und genießerisch aufseufzend stellte sie fest, dass das Kleid perfekt passte. Wie hatte er nur ihre Größe so genau geschätzt? Sie fühlte sich, als lebe sie das Leben einer anderen Frau, als sie den Reißverschluss zuzog und an dem Verschluss der Kette herumnestelte. Plötzlich umfassten kräftige Finger ihre eigenen und halfen ihr.
Beinahe wie gelähmt durch Rauls sinnliche Ausstrahlung, wandte sie sich langsam um und schaute gradewegs in seine funkelnden Augen.
„Na, wie war dein Tag?“ Seine Finger verweilten sanft streichelnd an ihrer Kehle. „Hältst du meinen Dank für angemessen?“
„Ich kann das wirklich nicht annehmen.“
„Natürlich kannst du. Das war doch eine Kleinigkeit.“
Für ihn vielleicht, doch sie vermutete, dass allein die Kette mehr gekostet hatte, als sie in einem Jahr verdiente. „Ich wollte es nur einmal anprobieren, das ist alles. Und ich werde es gleich wieder ausziehen.“
„Warum?“
„Weil das hier nicht ich bin.“
Behutsam drehte er sie herum, bis sie sich selbst in dem großen Spiegel sehen konnte. „Also, wer ist das da, wenn nicht du?“
Faith erkannte sich kaum wieder. Glatt und glänzend wie Gold fiel ihr das Haar über die Schultern, die Diamanten funkelten auf ihrer hellen Haut, und das Kleid schmiegte sich eng an ihren Körper. Wie eine Prinzessin fühlte sie sich. „Dann trage ich es vielleicht heute Abend.“ Sie hätte über ihre eigene Schwäche lachen können. „Aber dann gebe ich es zurück.“
Raul gestand ihr diesen inneren Kampf lächelnd zu. „Wir werden auf der Terrasse zu Abend essen. Der Ausblick dort ist sehr hübsch.“
„Machst du so was oft?“, fragte Faith.
Mit einer unauffälligen Geste schickte Raul die Bediensteten weg und schenkte ihr noch etwas Wein nach. „Abendessen? Oh ja, ständig.“
„Nein, ich meine …“, sie sah an sich herunter, „… dass du den edlen Ritter spielst.“
„Es macht mir Spaß, einer Frau Geschenke zu kaufen, die sie zu schätzen weiß.“ Über den Tisch hinweg sah er sie an. „Du isst ja gar nichts. Hast du keinen Hunger?“
Sie war so aufgewühlt, dass ihr Magen rebellierte und sie an Essen nicht einmal denken konnte. „Nein. Nein, hab ich nicht. Tut mir leid. Es sieht wirklich köstlich aus, aber …“
Er lächelte milde. „Du musst dich nicht entschuldigen, weil du in meiner Gegenwart nichts herunterkriegst. Ich nehme das als Kompliment.“
„Du bist wirklich sehr überzeugt von dir.“ „Und du bist sehr nervös, was ich nicht so recht verstehen kann. Gibt es in England keine Männer?“
Keine Männer wie dich . „Ich war zu sehr mit Arbeiten beschäftigt, um mich für Männer zu interessieren“, sagte sie leichthin.
Er kniff die Augen ein wenig zusammen. „Du hast dich also vollkommen deiner Arbeit verschrieben. Warum bist du Tierärztin geworden?“
„Das wollte ich immer schon. Auch mein Vater war Tierarzt, ich habe ihm oft geholfen. Selbst als ich noch klein war, hat er mich immer mit einbezogen und mich ermutigt.“
„Er ist sicher sehr stolz auf dich.“
Faith zögerte. „Er und meine Mutter sind vor zwei Jahren gestorben“, sagte sie leise. „Das ist einer der Gründe, weshalb ich nach Argentinien gekommen bin. Ich habe sie so sehr vermisst, dass ich einfach etwas anderes tun musste, und ich dachte, die beste Ablenkung wäre, die Arbeit mit einer Reise zu verbinden.“
„Was ist mit Familie und Kindern?“ Er klang beiläufig, schaute sie jedoch so durchdringend an, als wäre ihm ihre Antwort sehr wichtig. „Wenn Frauen über die Zukunft nachdenken, spielt dabei fast immer ein Ehering eine Rolle.“
„Das ist der typische Kommentar eines argentinischen Mannes“, neckte sie ihn, während sie endgültig ihre Gabel beiseitelegte. „Mal ganz ehrlich – du glaubst nicht, dass eine Frau auch noch etwas anderes kann, als Hausfrau zu sein und Kinder zu kriegen, oder?“
„Die meisten Frauen wollen das. Du nicht?“
„Nein, jedenfalls jetzt nicht. In Zukunft? Wer weiß das schon?“ Sie ließ den Blick über die stille Oberfläche des Sees gleiten. „Hier draußen scheint die Zukunft Lichtjahre entfernt zu sein. Ich bin zu jung, um auch nur über so etwas nachzudenken. Ich habe noch meine ganze Karriere vor mir. Vielleicht in zehn Jahren oder so …“ Sie zuckte mit den Schultern. „Zurzeit will ich das einfach noch nicht, dazu liebe ich meinen Beruf zu sehr.“ Bewundernd
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