Mein auf ewig
spät ist!“
„Das tue ich, aber als Erstes rufen wir einen Arzt. Der soll ihr ein Beruhigungsmittel geben.“
„Nein. Das würde ihre Probleme auch nicht lösen. Sie ist stark. In ein paar Minuten geht es ihr wieder besser.“
Besser? Elise würde es nie wieder besser gehen. Ihre Welt war auseinandergebrochen, und nichts würde sie wieder zusammensetzen können.
Ashley war tot. Und Elise hatte nichts getan, um ihren Tod zu verhindern.
Ein Schluchzer, den sie nicht zurückhalten konnte, ließ ihren ganzen Körper erbeben.
„Lass die Akte hier“, sagte Trent.
„Das kann ich nicht, das weißt du selbst.“
„Lass die verdammte Akte hier, Bob!“, wiederholte Trent mit schneidender Stimme. „Ich bringe sie dir morgen zurück.“
Morgen? Wusste er denn nicht, dass es nie mehr ein Morgen geben würde? Wie auch, wenn Ashley nicht mehr da war, um es zu erleben?
Aus weiter Ferne nahm Elise das Geräusch einer sich schließenden Tür wahr. Ein Auto wurde angelassen und fuhr davon.
„Wir wissen nicht, ob es Ashley ist“, sagte Trent.
Der vage Hoffnungsschimmer ließ ihren Herzschlag wieder einsetzen. „Wirklich nicht?“
„Nein. Kann sein, dass sie es ist. Muss aber nicht.“ Er strich ihr über das Haar und den nackten Rücken, und jetzt endlich konnte sie seine sanften, behutsamen Berührungen spüren.
Elise öffnete die Augen und versuchte, wieder halbwegs zu Verstand zu kommen und wenigstens ein klein bisschen innere Ruhe zu finden. Die Tränen ließen alles vor ihren Augen verschwimmen.
„Wie können wir das herausfinden?“
„Sie müssten sich ein Foto ansehen. Glauben Sie, Sie sind dazu in der Lage?“
Nein. Sie wollte diesen leblosen Körper nicht sehen. Sie wollte nicht, dass sich die Bilder in ihr Gedächtnis einbrannten.
Aber sie musste es tun – für Ashley. Niemand kannte ihre Schwester so gut wie sie. Ihre Liebe zu Ashley war groß genug, um ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. „Ich tue alles, was nötig ist.“
„Sobald Sie so weit sind,“, entgegnete er. „Das hat keine Eile.“
Noch immer strich er ihr über Haare und Rücken, und diese gleichförmige Bewegung seiner warmen Hand war ungemein beruhigend.
Irgendwo im Zimmer tickte leise eine Uhr vor sich hin.
Schließlich gelang es Elise, so weit die Kontrolle wiederzugewinnen, dass sie ihre Schluchzer unterdrücken konnte.
Vielleicht war Ashley noch am Leben. Elise musste dieses Foto ansehen, um Gewissheit zu erlangen. Sie konnte nicht einfach die Hoffnung aufgeben. Wenn Ashley immer noch irgendwo da draußen war und ihre Hilfe brauchte …
Vielleicht war die Identifizierung ihrer Leiche aber auch das Letzte, was Elise für Ashley tun konnte.
Elise rückte von Trent ab. An der Schulter war sein T-Shirt ganz nass von ihren Tränen. Normalerweise wäre ihr das ziemlich peinlich gewesen, aber für so etwas hatte sie jetzt keine Zeit. Dafür musste sie sich schon mit zu viel anderem auseinandersetzen. Sich peinlich berührt zu fühlen wäre ihr irgendwie banal und egoistisch vorgekommen.
„Besser?“, fragte er.
Sie konnte ihm nicht in die Augen schauen. Sie wollte es nicht riskieren, das Mitgefühl darin zu sehen, weil sie Angst hatte, dann zusammenzubrechen und einen hysterischen Anfall zu bekommen.
„Zeigen Sie sie mir!“
Trent beugte sich vor und nahm die Aktenmappe vom Couchtisch. „Lassen Sie mich zuerst einen Blick darauf werfen, okay?“
Elise nickte, dankbar, die unangenehme Aufgabe noch ein paar Sekunden aufschieben zu können.
„Ich werde einen Teil des Fotos abdecken – den Teil, den Sie nicht unbedingt sehen müssen.“
Sie wusste genau, von welchem Teil er sprach – von der Stelle, wo eigentlich der Kopf hätte sein sollen.
Ihr Magen rebellierte, und sie holte tief Luft, um ihn wieder zu beruhigen. Wenn sie sich jetzt übergab, würde sie sich nur noch schwächer fühlen, und noch geschwächter durfte sie auf keinen Fall sein, wenn sie dies durchstehen wollte.
„Sind Sie so weit?“
„Nein. Aber zeigen Sie es mir trotzdem!“
Trent nahm das Foto aus der Mappe und deckte Teile davon mit beiden Händen ab. Elise konzentrierte sich auf den Teil, den sie sehen konnte, und ignorierte so gut wie möglich den Rest.
Die Leiche der Frau hatte eine seltsame Farbe – viel zu blass. Und zu blau. Ihre Arme waren außerordentlich dünn, die Schlüsselbeine traten deutlich hervor, aber der Bauch war aufgebläht, die Haut darüber straff gespannt. Sie hatte lange Beine. Ihr Schamhaar war
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