Mein auf ewig
deine Abartigkeit entdeckt.“
Abartigkeit. Gary hatte sich manches Mal gefragt, ob mit ihm irgendetwas nicht stimmte – ob sein Bedürfnis, diese schönen, perfekten Wesen auseinanderzunehmen, ein Zeichen dafür war, dass er krank war. Schließlich war es nicht so, dass er sich dieses Hobby ausgesucht hatte. Es war ihm – buchstäblich – in den Schoß gefallen, in der Nacht, als Wendy gestorben war.
Es war ein Geschenk, das sie ihm im Sterben gemacht hatte. Eine Möglichkeit, wie sie trotz ihres Todes zusammenbleiben konnten. Wie hätte solch eine Liebe abartig sein können?
„Du kannst nur hoffen, dass mein Hobby unentdeckt bleibt, sonst zieh ich dich nämlich mit rein!“ Mit den Worten beendete Gary das Gespräch und steckte das Handy wieder unter den wasserdichten Kittel.
Er zog ein neues Paar Handschuhe über, hob die Leiche hoch und ging zum Wagen. Wenn er alles erledigen wollte, was er sich vorgenommen hatte, musste er sich ranhalten.
Gloria würde nicht ewig darauf warten, dass er sie sich schnappte.
Und Wendy brauchte dringend neue Füße.
7
Es war nicht Ashley. Die arme verstümmelte Frau war nicht Ashley.
Elise wusste es, sobald sie das ungleichförmige Muttermal hinten an der linken Schulter der Frau gesehen hatte – direkt über der Stelle, wo ein Stück Haut fehlte. Sie wagte nicht zu fragen, warum dort die Haut herausgeschnitten worden war. So konnte sie sich weiter in dem Glauben wiegen, man habe sie für irgendeinen rechtsmedizinischen Test benötigt.
„Sie ist es nicht“, brachte Elise schließlich mühsam über die Lippen.
„Sind Sie sicher?“, fragte die junge Frau, die sie in Empfang genommen hatte.
„Ja.“
Die junge Frau zog das Tuch wieder über die Leiche. „Tut mir leid, dass wir Ihnen das zumuten mussten. Jedenfalls danke, dass Sie gekommen sind.“
Elise nickte. „Ich muss schleunigst hier raus.“
„Danke, Dr. Foster“, sagte Trent.
Den Arm stützend um ihre Taille gelegt führte er sie durch die Flure. Ohne ihn hätte sie sich mit Sicherheit verlaufen – auf dem Hinweg hatte sie kaum auf den Weg geachtet.
Auch jetzt tat sie das nicht. Es war, als hätte sich während der Fahrt hierher eine alle Gefühle abtötende Glasglocke über sie gesenkt, durch die nichts zu ihr hindurchdrang außer der Wärme von Trents Berührung.
Er blieb stehen, sprach mit einem Mann, den Elise nicht kannte, und unterschrieb irgendwelche Formulare. Dann brachte er sie zu ihrem Mietwagen und ließ sie auf dem Beifahrersitz Platz nehmen.
„Ich werde mal sehen, ob ich was finde, wo wir uns ein bisschen ausruhen können. Und wo wir vielleicht eine Kleinigkeit zu essen bekommen. In Ordnung?“
Vermutlich war er müde und hungrig. Es war kurz vor zwei Uhr morgens, und in der Nacht davor, als sie nach Ashleys Wagen gesucht hatten, war er auch kaum zum Schlafen gekommen. „Klar. Prima Idee.“
Er mietete ein Zimmer in einem Motel an und schloss Elise die Tür auf.
Elise setzte sich auf eins der Betten und starrte auf den schwarzen Bildschirm des Fernsehers. Nach wie vor stand ihr das Bild der verstümmelten Frau vor Augen, ihre bleiche Haut, das zerfetzte Fleisch an den Handgelenken. Der Nacken.
„Ich bin gleich wieder da“, sagte Trent.
Sie hätte nicht sagen können, wie lange er weg war – jedenfalls fuhr sie zusammen, als er wieder hereinkam.
Er öffnete eine Dose mit kalter Limonade und reichte sie ihr. „Trinken Sie das. Vermutlich könnten Sie ein bisschen Zucker ganz gut brauchen.“
Elise nippte an dem Getränk, einfach weil es ihr gar nicht in den Sinn kam, nicht zu tun, was er verlangte. Das Gingerale glitt prickelnd ihre Kehle hinunter, und erst jetzt merkte sie, wie trocken ihr Hals war.
„Glauben Sie, Sie können was essen?“
Sie hatte keinen Hunger. Andererseits hatte sie den ganzen Tag noch nicht viel gegessen. Und gestern auch nicht. Ashley war noch immer irgendwo da draußen, und wenn Elise sie finden wollte, musste sie bei Kräften bleiben. „Vielleicht.“
„Wenn es in Ordnung ist, dass ich Sie kurze Zeit hier allein lasse, könnte ich uns was besorgen.“
„Nur zu.“
Er kniete sich vor sie und nahm ihre Hände in seine. Er war so warm. Sie verstand gar nicht, wie er so warm sein konnte, nachdem sie in dem eiskalten Raum gewesen waren.
„Elise“, flüsterte er. Sie wandte den Blick vom Fernseher ab und sah in seine blauen Augen. Seine dunklen, sanft gebogenen Wimpern wirkten mitten in einem derart männlichen Gesicht schon fast
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