Mein bestes Stuck
Gast, dazu noch zu einem wirklich schlechten Zeitpunkt …«
»Nein, das stimmt nicht …« Luc wollte protestieren, doch sie hielt, auch aus Zeitdruck, ihre Hand hoch, um ihm Einhalt zu gebieten.
»Doch, Luc, es war ein wirklich mieser Zeitpunkt. All meine Eindrücke vom Château, von dir und allem anderen hier sind also die einer Fremden, eines Eindringlings … Aber ich habe mir in den letzten Tagen hier ein paar Gedanken gemacht.«
»Du bist keine Fremde«, murmelte Luc.
Julia spürte einen Schauer im Nacken.
»Es ist schön, das zu hören.«
Sie schlenderten über den akkurat gestutzten Rasen vor dem Schloss. Hohe Buchsbaumhecken säumten den Garten, und zu ihrer Linken lagen die ihr inzwischen vertrauten Rosenbeete. Die satten Farben der stolzen, prächtigen Blüten leuchteten noch strahlender als vor dem apokalyptischen Regenguss. Die Szenerie wirkte zeitlos. Und bewegte sie tief.
»Du musst deine Musik nicht zwangsweise aufgeben, um hierzubleiben, weißt du?«
»Wie meinst du das?« Sie gingen gemächlich weiter, doch Julia spürte, dass sie Lucs Interesse geweckt hatte.
»Na ja, dieser Ort ist doch einfach wunderbar! Das Château, die Veranda, die Weinkammer …«
»Ach ja, die Weinkammer«, meinte Luc.
Julia errötete, fing sich aber gleich wieder. »Konzerte,
Luc. Musikveranstaltungen, Festivals, Lesungen – Château Deschanel eignet sich geradezu perfekt dafür.«
Missmutig schüttelte Luc den Kopf, als hätte er schon kapituliert.
»Denk doch mal darüber nach«, fuhr Julia fort. »Auf diese Art und Weise kannst du das Weingut übernehmen, musst die Musik aber nicht aufgeben. Allein dein Name wäre ein unglaublich großer Anziehungsfaktor für die Leute, und du könntest alle möglichen Musikrichtungen abdecken, vielleicht sogar Musikveranstaltungen kombinieren mit Weinproben, Workshops und solchen Dingen.«
»Hey, halt mal die Luft an«, sagte er lachend.
»So gefällst du mir schon viel besser. Schön, dich lachen zu sehen!« Und das war es. Das war es wirklich.
»Julia, das ist wirklich eine schöne Idee, aber ehrlich gesagt wird es für die nähere Zukunft schon eine riesige Herausforderung sein, das Weingut überhaupt am Laufen zu halten.«
»Ach, komm schon.« So einfach wollte Julia sich nicht geschlagen geben. »Überleg doch mal – dein ganzes Leben liegt noch vor dir, das hast du eben selbst gesagt, und du hast diesen wundervollen, bildschönen Ort, um es zu leben. Warum willst du nicht etwas ganz Eigenes daraus machen? Ich weiß, du kannst das schaffen, Luc, du bist großartig …«
»Bin ich das?« Er fiel ihr ins Wort, seine Stimme war plötzlich schwer. »Denkst du das wirklich?«
Julia trat einen Schritt zurück. Oh, das war wohl zu viel gewesen. Sie war zu weit gegangen. Hatte sie ihm gerade wirklich gesagt, dass sie ihn großartig fand?
»Als ich noch aufgetreten bin«, sagte Luc, »hatte ich Leute zur Verfügung. Weißt du, was ich meine, Julia?«
Sie grinste. »Natürlich. Du meinst, dass du Leute um dich hattest, die dafür gesorgt haben, dir die Meute vom Hals zu halten, stimmt’s?«
»Genau! Ich habe keine Ahnung, wie man ein Konzert organisiert, geschweige denn, wie man Château Deschanel in ein Kulturzentrum verwandelt.«
»Aber Luc, du könntest Leute finden, die das für dich übernehmen. Es wäre doch einfach fantastisch, oder? Der Ort, die Kulisse, deine Erfahrungen in der Musikbranche … Abgesehen davon, dass du selbst auch Konzerte geben könntest …«
»Nun mal ganz langsam!« Luc ging mit kräftigen Schritten weiter und schüttelte dabei immer noch den Kopf. »Das wäre total verrückt. Und wohl kaum das, was mein Vater …«
Er ließ sich auf eine gusseiserne Bank nieder und vergrub das Gesicht in den Händen. Der Anblick brach Julia das Herz. Und es schien ihr das Normalste der Welt, sich sofort neben ihn zu setzen und ihn in ihre Arme zu nehmen. Mit einem Mal wurde ihr klar, dass Luc große Kompromisse würde eingehen und hier im Château bleiben müsse, um das Weingut zu übernehmen … und all das ohne seinen Vater. Ihr Vorstoß hinsichtlich kultureller Veranstaltungen kam ihr plötzlich albern und unrealistisch vor.
Luc hatte sich gesammelt und lächelte ihr nun zu. »Entschuldige!«
»Du musst dich nicht entschuldigen. Ich hätte gar nicht davon anfangen sollen. Du hast auch so schon genug zu tun.«
Luc griff nach ihren Händen und drückte sie. »Nein, Julia, ich bin froh, dass du mir so etwas vorgeschlagen hast. Und es rührt
Weitere Kostenlose Bücher