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Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Titel: Mein Bild sagt mehr als deine Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Levithan
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hatte ich es längst vergessen.

9 B
    Auf dem Weg zu dir fragte ich ihn: »Bist du dir sicher, dass du das jetzt wirklich willst?«
    Er war eine Sekunde lang sprachlos, dann sagte er: »Also, das schwör ich dir, Evan, manchmal versteh ich dich überhaupt nicht.«

9 C
    Ich war einfach immer da.
    Aber wo eigentlich?

9 D
    »Ich bin nicht in dich verliebt.«

9 E
    Der Schlüssel lag an derselben Stelle wie immer. Ich hatte ihn nie benutzt, aber ich hatte ja oft genug mitgekriegt, wie du es getan hast. Du hattest nie deinen eigenen Schlüssel dabei. Sondern einfach immer den benutzt, der unter dem Geranientopf versteckt war.
    »Komm mit«, sagtest du. Eigentlich wollten wir miteinander lernen. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was. Und ich dachte: Okay, wie du willst. Wann war das? Zehnte Klasse? Oktober oder November? Jedenfalls vor Jack. Bevor
    Jack und ich gingen durch die Hintertür ins Haus. Ich wollte das Licht anmachen, aber Jack hielt mich zurück.
    »Erst wenn wir in ihrem Zimmer sind«, sagte er. »Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand was mitkriegt, geringer.«
    »Lass uns in mein Zimmer gehen«, sagtest du. Wir haben nirgendwo im Haus Licht gemacht. Du hast mich an der Hand genommen.
    Erst jetzt begriff ich es allmählich wirklich: Wir waren bei dir zu Hause. Und es roch wie bei dir zu Hause, ein wenig nach Federkissen und ein wenig nach Kiefernholz. Am Kühlschrank hingen noch dieselben Kühlschrankmagneten und an den Wänden dieselben Bilder. Fehlt dir das alles? Seit sich alles geändert hatte, wurde mir da auf einmal klar, war noch gar nicht so viel Zeit vergangen. Und nur weil Menschen sich verändern, heißt das noch lange nicht, dass auch Häuser sich verändern.
    Jack war verstummt, aber er blickte sich genauso um wie ich.
    »Komisches Gefühl«, sagte ich.
    Er nickte.
    Jack und ich waren nie bei dir zu Hause, ohne dass du auch da warst. Wir mussten nie auf dich warten; wir hingen nie eine Weile rum, während du kurz noch irgendwas erledigt hast. Bestimmt war es mal vorgekommen, dass wir zusammen ein Video geschaut haben und du uns auf deiner limettengrünen Couch allein gelassen hast, um irgendwas zu holen. Aber daran erinnerte ich mich nicht mehr. Ich konnte mich an keine alltäglichen Momente erinnern, nur an die, die sich mir aus irgendwelchen Gründen besonders eingeprägt hatten. Die alltäglichen Momente werden zuerst ausgelöscht.
    Du hast die Tür geöffnet. Ein paar Kerzen angezündet. Das Licht weiter ausgelassen.
    Die Tür zu deinem Zimmer war geschlossen, und einen idiotischen Moment lang habe ich überlegt, ob wir klopfen sollen.
    »Mach’s dir bequem«, sagtest du. Da bin ich zu deinem Bett. Hab die Schuhe ausgezogen. Mich auf die Matratze fallen lassen.
    Keiner von uns beiden wollte die Tür aufmachen. Wir standen einfach nur da, bis Jack schließlich nach dem Türknauf griff und ihn drehte.
    Es war ganz klar immer noch dein Zimmer, trotzdem war alles anders. Irgendwas. Etwas. Jemand hatte aufgeräumt. Jemand anders als du. Alles war dort, wo es hingehörte; was gar nicht zu dir passte. Irgendwas. Etwas. Es war, als ob das Zimmer fein säuberlich zusammengefaltet worden wäre. Noch ein Verrat.
    Irgendwas.
    Etwas.
    Nichts.
    Plötzlich fühlte ich mich ganz leicht im Kopf, als hätte ich seit Wochen nichts gegessen. Ich setzte mich aufs Bett. Ich machte es mir bequem. Am liebsten hätte ich losgeheult, als ich die Matratze unter mir spürte.
    Du hast dich neben mich gelegt. Eigentlich wollten wir miteinander lernen. Und im flackernden Kerzenschein haben wir auch gelernt. Ich habe dich kennengelernt. Du hast mich kennengelernt. Du hast gelächelt. Ich war zu verwirrt, um zu lächeln.
    »Hey, Evan«, sagte Jack, »jetzt dreh mal nicht durch. Lass uns tun, weswegen wir hier sind, und dann raus.«
    Ich konnte nicht glauben, dass es für ihn so einfach war. Er musste doch auch etwas empfinden. Keine Ahnung, warum, aber Jacks Verhalten regte mich genauso auf wie hier in deinem toten Zimmer zu sein. Ich rastete aus und brüllte ihn an: »Was weißt du denn überhaupt, Jack? Hast du überhaupt von irgendwas eine Ahnung? «
    Mir kamen die Tränen, aber ich war zu wütend, um zu weinen. Das Wasser tropfte mir einfach nur aus den Augen.
    »Das ist nicht fair, Evan«, sagte Jack. Er stand vor dem Bett.
    »Tut mir wahnsinnig leid, dass das nicht fair ist.«
    Er seufzte. »Evan, du solltest mit jemandem über das alles reden. Wirklich, du musst mit jemandem reden.«
    »Und was ist mit dir, du

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