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Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Titel: Mein Bild sagt mehr als deine Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Levithan
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vermerkt. Kein Kommentar. Kein Datum.
    »Es ist nie vorbei«, sagte ich. »Das ist gar nicht möglich.«
    Und dann bin ich weggegangen.

11 C
    Den Rest der Nacht habe ich damit verbracht, dein Profil zu durchforsten. Ich hörte dazu keine Musik und sprach dabei kein Wort. Das einzige Geräusch, das meine Eltern hätten hören können, wenn sie aufgewacht wären, war das leichte Klicken der Computertastatur.
    Ich musste daran denken, wie wir zusammen unsere Profile erstellt hatten. Ohne zu ahnen, dass die Dinge, die wir aus einer Laune heraus eintippten, dort für Jahre herumgeistern würden. Vor allem auch deshalb, weil wir zu faul waren, sie zu ändern. Lauter Momentaufnahmen. Von unseren Lieblingssongs und Lieblingsfilmen und Lieblingsbüchern. Unsere Selbstbeschreibungen. Als Beziehungsstatus gaben wir an, wir seien miteinander verheiratet. Was wir aber irgendwann geändert haben.
    Ich klickte mich durch alle deine Fotos, aber da gab es keine weiteren Überraschungen mehr. Dann wagte ich mich auf die Kommentarseite vor. Auch nach dem Vorfall gab es dort immer noch Einträge – in den ersten Tagen und Wochen schrieben viele, dass sie dich vermissten, dass sie für dich beteten, dass sie an dich dachten. Sogar Jack. Es traf mich wie ein Schlag, als ich seinen Namen und sein Foto entdeckte. Und seine Kommentare las.
    11. Februar, 02:12 Uhr
    komm zurück
    15. Februar, 00:22 Uhr
    ich vermisse dich
    25. Februar, 03:02 Uhr
    es tut mir leid
    25. Februar, 03:10 Uhr
    vergib mir
    Als könntest du seine Einträge lesen. Kannst du es vielleicht sogar? Ist das irgendwie möglich? Als würdest du irgendwann zu ihm zurückkehren. Nicht vergib uns , sondern vergib mir .
    Ich scrollte zurück. Auf vorher. Las die Kommentare, die ich dort geschrieben hatte.
    11. Januar, 18:20 Uhr
    Was machst du am Samstag? Ich weiß was,
    das uns beiden Spaß machen würde.
    13. Januar, 11:11 Uhr
    Hey, Drama Girl. Comedy Boy
    hat eine Nachricht für dich:
    »Immer wieder geht die Sonne auf« (Ha ha ha)
    21. Januar, 23:13 Uhr
    Bist du noch wach? Ruf mich an ruf mich an ruf mich an.
    22. Januar, 00:05 Uhr
    Deine Stimme zu hören = Zufriedenheit
    Ach, wenn du wüsstest, Comedy Boy. Wenn ich es dir nur begreiflich machen könnte.
    Ich überprüfte die Tage 11.11 und 14.11. , an denen die Fotos aufgenommen worden waren. Aber da waren keine ungewöhnlichen Kommentare zu finden. Nur von mir und Jack und zwei von Fiona und einer von diesem Typen namens Kilmer, der dich immer überreden wollte, mit Jack Schluss ihm Yoga zu machen.
    Als ich das Gefühl hatte, von den vielen Kommentaren erdrückt zu werden, klickte ich die Freunde-Seite an. Du hattest 232 Freunde – von denen du vielleicht die Hälfte auch tatsächlich gekannt hast. Ich suchte nach Sparrow, suchte nach irgendeinem Hinweis. Zuerst überflog ich die Profile der Leute, die ich kannte. Leute von unserer Schule. Sogar bei meinen eigenen Freunden war es schon eine ganze Weile her, dass ich ihre Profile ganz durchgelesen hatte – normalerweise kümmerte ich mich nur um die Updates. Und so erfuhr ich Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte, die ich aber wahrscheinlich hätte wissen sollen – zum Beispiel Matts Lieblingsbands oder dass Fiona vorher mit ihren Eltern in Georgia gewohnt hatte. Ich klickte bei allen die Fotos an, weil ich auf irgendeine Spur hoffte. Doch keines der rätselhaften Fotos tauchte auf. Wenn ich auf Bilder von dir stieß, dann waren sie immer wie ganz beiläufig aufgenommen, häufig im Gegenlicht. Du hast auf jedem anders ausgesehen – als würde jedes Foto eine leicht veränderte Version von dir festhalten. Ich überlegte, ob das damit zu tun hatte, dass es immer ein anderer Augenblick war oder weil jeder Fotograf bei dir ein anderes Ich zum Vorschein brachte. Du konntest nicht du sein, ohne dir bewusst zu sein, wer dich gerade beobachtete. Ich überlegte, wie du das wohl ausdrücken würdest alle deine Ichs, alle meine Ichs und dann hörte ich auf, darüber nachzudenken. Es fiel mir zu schwer.
    Stattdessen dachte ich über das Wort Profil nach und was für eine seltsame Doppelbedeutung es hatte. Man sagt, man sieht sich das Profil von jemandem im Internet an, oder ein Kriminalkommissar erstellt das Profil eines Täters, und dabei geht man davon aus, dass man damit etwas über die ganze Person erfährt. Wenn aber ein Fotograf jemanden im Profil aufnimmt, ist für alle klar, dass auf dem Bild nur die eine Hälfte des Gesichts zu sehen ist. Wie bei Sparrow, wer auch immer er

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