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Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Titel: Mein Bild sagt mehr als deine Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Levithan
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war.«
    »Aber Jack –«
    »Nein, lass mich ausreden. Es ist höchste Zeit, dass wir mal darüber reden. Ich glaube, du bist immer noch nicht richtig wütend auf sie gewesen – und du musst irgendwann mal richtig wütend auf sie sein. Du glaubst, dass es darum geht, was du alles nicht getan hast und was ich alles nicht getan habe und was vielleicht ihre Eltern nicht getan haben und ihre anderen Freundinnen und Freunde, die wir gar nicht kennen. Vielleicht glaubst du auch, dass es darum geht, was sie selbst nicht getan hat. Aber es geht nicht darum, was sie nicht getan hat, sondern vor allem darum, was sie getan hat. Ganz egal ob sie das alles wirklich tun wollte oder nicht, sie hat es getan. Und wenn du nur eine Zeile über solche Sachen gelesen hast, dann weißt du, dass wir nichts hätten tun können, um sie aufzuhalten. Es musste so kommen. Wir hatten nur das Glück – oder das Pech –, zufällig dabei zu sein, als die Stücke alle auseinandergebrochen sind.«
    Als Fraktale werden bestimmte natürliche oder künstliche Gebilde oder geometrische Muster bezeichnet, die […] einen hohen Grad an Skaleninvarianz bzw. Selbstähnlichkeit aufweisen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Objekt aus mehreren verkleinerten Kopien seiner selbst besteht. Zerbricht man es in Fragmente, ist jeder Teil eine Wiederholung des Ganzen.
    »Und weißt du was, Evan? Ich hab keine Lust, auch auseinanderzubrechen. Kapierst du? Wenn diese Fotografin aufkreuzt, dann sag ich ihr gern meine Meinung. Aber man darf sie nicht machen lassen. Und wenn man bei ihrem Spiel mitspielt, dann lässt man sie machen. Und das tust du.«
    Er versuchte, das alles ganz ruhig zu sagen, aber ich hörte die Risse in seiner Stimme. Ich spürte, dass die Ruhe nur eine mühsam zusammengeklebte Fassade war. Ich hätte am liebsten zu ihm gesagt: Ich brauche dich , aber das hattest du wahrscheinlich immer gesagt. Ich hätte gerne gesagt: Das muss eben getan werden , aber mir war klar, es musste nicht. Nicht von ihm. Denn er hatte begonnen, sich davon zu lösen. Und ich konnte es nicht.
    »Dann gehe ich ohne dich«, sagte ich und setzte darauf, dass er mich nicht allein losziehen lassen würde.
    Mit schräg gelegtem Kopf blickte er mich enttäuscht an. Dann klatschte er sich mit den Händen auf die Oberschenkel, bevor er aufstand.
    »Tu, was du nicht lassen kannst«, sagte er. »Ich werd dich nicht aufhalten. Aber hoffentlich hast du kapiert, dass ich es versucht habe. Und dass du jederzeit aufhören kannst, dieses Spiel mitzuspielen. Wenn du aufhören willst, helf ich dir auch gern dabei. Aber ich werd dir nicht dabei helfen, es zu spielen. Damit ist jetzt Schluss.«
    »Hat es mit Miranda zu tun?«, fragte ich und blieb weiter sitzen.
    »Nein«, sagte er. »Ich musste erst eine ganze Menge loslassen, bevor ich mit Miranda auch nur ein Wort reden konnte. Glaub bloß nicht, dass ich das alles unversehrt überstanden habe. Aber ich lerne gerade, irgendwie damit zu leben. Wenn du das nämlich nicht tust, gehst du irgendwann völlig kaputt.«
    Jetzt stand ich auch auf.
    »Ich gehe«, sagte ich.
    »In Ordnung«, sagte Jack. »Aber tu mir einen Gefallen. Was auch immer du herausfindest – erzähl’s mir nicht. Tu es nicht. Ich bin damit durch.«
    Ich hoffte immer noch, dass er vielleicht doch mitkäme.
    Auch als er schon lange weg war.

14
    Herzlos. Herzlos. Herzlos .
    Zu mir hast du das nie gesagt.
    Aber.
    Ich war für dich da. Mir hast du vertraut.
    Aber.
    Ich hab dich gekannt.
    »Du kennst mich nicht.«
    Hab ich wirklich.
    »Du kennst nur ein Ich von mir. So wie ich nur ein Ich von dir kenne. Du kannst nicht alle meine Ichs kennen, Evan. So wie ich nicht alle deine Ichs kennen kann.«
    Ich wollte nicht, dass das alles wiederkam. Ich wollte nicht wieder diese Gespräche in meinem Kopf führen.
    »Es ist kein Gespräch. Du bist nämlich allein hier.«
    Ich wollte die Stelle an den Bahngleisen finden. Ich marschierte die Bahngleise entlang. Suchte nach der Stelle.
    »Füll deinen Kopf mit den richtigen Bildern von mir. Mit den Bildern, die du dir auch an die Wand hängen würdest.«
    Ab und zu fuhr ein Zug vorbei. Aber nicht zu oft. Es war noch nicht Zeit für die Pendlerzüge.
    »Ich bin immer noch da. Ich bin nur unerreichbar für dich.«
    »Hör auf!«, brüllte ich. »Hör auf damit!«
    Ich wusste, dass Jack recht hatte. Aber ich wusste auch, dass das völlig egal war.
    Ich musste da durch, bis zum bitteren Ende. Danach konnte es nur besser werden. Schlechter

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