Mein bis in den Tod
Ich – ich muss mit Ihnen wegen dieses Mannes reden, Cabot, meine Frau, Cabot, dieser Mann hat sie mir weggenommen, ich muss sie finden – sie – muss ihre Medikamente einnehmen. Ich muss sie finden, um ihretwillen.«
»Ihre Frau hat Sie verlassen?«
»Er hat sie mir weggenommen.«
»Dr. Oliver Cabot hat Ihnen Ihre Frau weggenommen? Sie hat Sie seinetwegen verlassen?«
Ross nickte und breitete – hilflos – die Hände aus.
»Sie wissen nicht, wo sie sich aufhält?«
»Nein, essch geht ihr gut, der Teufel weiß, wo die beiden stecken – sie sind –«
Er warf einen Blick auf sein Scheckbuch. Ein Kellner brachte ein Glas und eine Flasche Mineralwasser und stellte beides auf den Tisch.
Caven beugte sich vor, lebhaft. »In seinem Wagen? Hat er sie in seinem Wagen entführt? In seinem Jeep Cherokee?«
»Woher soll ich das denn wissen? Er hat sie mitgenommen in seinem Krokodil auf vier Rädern, soviel ich weiß. Das issch Ihr Job, verdammt noch mal.«
Caven tippte auf seine Uhr. »Die Zeit ist um.« Er stand auf.
»Sschowarten – Siessch – bidde.«
»Wollen Sie endlich vernünftig mit mir reden? Sie sind auf dem besten Weg, meine Geduld allzu sehr zu strapazieren.«
Ross bedeutete ihm, sich zu setzen. »Vernünftig. Ich weiß nicht welches Auto.«
Caven setzte sich wieder. »Ihre Frau ist mit Dr. Cabot irgendwohin gefahren? Sie hat die Stadt verlassen?«
Ross hob die Schultern. »Keine Ahnung, irgendwohin.«
»Ich habe einen GPS -Sender an Dr. Cabots Jeep angebracht. Gleich zu Anfang. Ich kann die Position des Wagens in meinem Computer bestimmen.«
Ganz plötzlich stieg Ross’ Laune. »Wie genau?«
»Rufen Sie mich morgen früh an, dann sehe ich nach. Wenn die beiden mit Dr. Cabots Wagen unterwegs sind, kann ich Ihre Frau ausfindig machen. Dann kann ich Ihnen sagen, wo sich der Jeep befindet, überall auf diesem Planeten, auf fünfzehn Meter genau. Ist Ihnen das genau genug?«
[home]
96
E ine Welle der Müdigkeit schlug über Oliver zusammen. Er gähnte, öffnete das Fenster und ließ ein wenig Nachtluft in den Wagen. Es war zwanzig nach zwölf. Der Verkehr war schwach, die Luft abgekühlt. Der Wetterbericht im Radio hatte gemeldet, dass sich vom Atlantik her ein Tief näherte. Morgen sollte das Wetter wechselhaft sein.
Abfahrt 13. Swindon. Er fuhr von der M4 ab und weiter auf einer zweispurigen Schnellstraße, die er gut kannte. Er passierte die Schilder nach Crickdale, dann nach Cirencester. In einer knappen Viertelstunde waren sie da. Noch fünfzehn Minuten, um der Polizei zu entkommen, dann war Faith in Sicherheit.
Im Rückspiegel tauchten zwei Scheinwerfer aus dem Nachtdunkel auf, sie kamen schnell näher, dann wurden sie langsamer und hielten sein Tempo. Nervös blickte er auf den Tacho. 75 Meilen pro Stunde. Er reduzierte das Tempo auf 65. Das Auto hinter ihm wurde langsamer, verfolgte ihn.
Scheiße.
Angst stieg in ihm auf. Wenn man eine Fahndung eingeleitet hatte, schützte ihn der Wechsel der Nummernschilder davor, von einem wachsamen Streifenpolizisten entdeckt zu werden, aber wenn er bei einer Routinekontrolle angehalten wurde, war er in Schwierigkeiten, denn er hatte keine Ahnung, wie der Besitzer des Jeeps, von dem er die Nummernschilder abgenommen hatte, hieß oder wo er wohnte.
Er fuhr mit 65 Meilen pro Stunde weiter. Das Auto verfolgte ihn immer noch. Wüste Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Kannte er die Nebenstraßen in dieser Gegend so gut, dass er den Wagen abhängen konnte? Er musste sich nur ein paar Minuten absetzen, dann könnte ihm das vielleicht gelingen –
Zu seiner Erleichterung überholte ihn der Wagen – der Auspuff klapperte, tiefe Bässe donnerten aus der Stereoanlage – und raste in die Nacht hinein.
Nur ein Haufen Blödmänner.
Der Lärm hatte Faith aufgeweckt.
»Wo sind wir?«
»Noch fünf Meilen.«
Sie drehte sich zu Alec um, der fest schlief. Sie schloss die Augen wieder.
Im Radio lief eine Puccini-Oper,
Manon Lescaut
. Manon irrte in der amerikanischen Wildnis umher und klagte über ihr Leid; eine Frau, die der Leidenschaft den Vorzug vor dem Geld gegeben, dann aber gezögert hatte, mit fatalen Folgen; eine Frau, die zugelassen hatte, dass Entschlusslosigkeit ihr Leben zerstörte.
Es gab einige Dinge im Leben, für die man sich voll und ganz einsetzen musste, bei denen es keinen Raum für Zweifel geben durfte. Zweifel brachten einen um.
Wer zögert, verliert.
Das ließ sich auf die Medizin ebenso anwenden wie auf
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