Mein bis in den Tod
fünfzig Jahren leer. Ursprünglich war es ein kleiner Pachthof mit Wohnhaus, Scheune und Stall gewesen, der dann durch einen Brand kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis auf die Grundmauern zerstört worden war. Der Besitzer hatte damals gefunden, dass sich der Wiederaufbau nicht lohne.
Gerry hatte die Scheune und den Getreidesilo in ein wunderschönes L-förmiges Wohnhaus, das Stallgebäude in eine Garage umgewandelt und weiter hinten, in dem ummauerten Garten, in dem ehemals das Haus gestanden hatte, einen Swimmingpool anlegen lassen.
Oliver hievte Faiths Koffer aus dem Heck des Jeeps, holte den Schlüssel aus dem üblichen Versteck unter einem Blumentopf und schloss die Eingangstür auf. Dann betrat er das Haus, stellte die Alarmanlage ab und schaltete das Licht in der Halle an.
»Wow!«, rief Faith, als sie den gefliesten Raum betrat. »Es ist wunderschön.«
»Ja.« Er hatte viele ruhige Wochenenden mit Gerry und Gerrys jüngsten Eroberungen auf der Ampney Nairey Farm verbracht, sie waren spazieren gegangen, Mountainbike gefahren, hatten Tennis gespielt, sich an den Pool gelegt, gegrillt. Wenn er einen Lieblingsort in der Welt hatte, dann diesen. Man konnte eine ganze Woche in diesem Haus verbringen, ohne eine Menschenseele zu sehen, außer die Reinemachefrau und den Gärtner, die beide dienstags kamen, und den Swimmingpool-Mann, der kam, wann es ihm passte, und gelegentlich einen Bauern, der seinen Boden beackerte. Nicht einmal der Postbote störte die Ruhe auf der Ampney Nairey Farm, er deponierte die Briefsendungen in einem Schließfach in der Post im Dorf, die Gerry dort abholte. Zudem führte nur dieser eine Weg zum Haus hinauf. Die Felder dahinter waren nur mit Traktoren befahrbar.
Hier seid ihr beide sicher, du und Alec. Im Moment seid ihr am sichersten Ort der Welt.
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H ugh Cavens Sohn, Sean, hatte in jüngster Zeit damit angefangen, seinen Dad nachzuahmen. Wenn sein Vater von Cornflakes zu Weizenflocken wechselte, wechselte er ebenfalls. Nahm sein Dad zwei Löffel, nahm auch er zwei. Streute sein Dad Zucker darauf und goss dann Milch darüber, tat Sean es ihm gleich. Wenn dann sein Vater die Zeitung las, nahm Sean seinen Comic
Beano
zur Hand und trank seinen Orangensaft auf die gleiche Erwachsenenart wie sein Dad, das Plastikmobiltelefon neben sich auf dem Tisch, genauso wie das echte seines Dads.
Der Privatdetektiv las unheimlich gern die Klatschspalten. Zwar versuchte er sich einzureden, dass sein Interesse ausschließlich geschäftlicher Natur sei: Er musste mit dem Leben der Berühmten auf dem Laufenden bleiben, denn man wusste ja nie, wer seine Dienstleistungen vielleicht in Anspruch nehmen wollte, oder wen man möglicherweise ausspionieren sollte. Tatsächlich fand er das Leben der Reichen und Berühmten ebenso anziehend wie abstoßend.
Und darum las er jeden Morgen als Erstes die Seite von Nigel Dempster in der
Daily Mail
.
Als er sie jetzt aufschlug, müde, aber in Hochstimmung nach
Woodstock
und immer noch mit dem Dröhnen von Jimi Hendrix’ »Purple Haze« im Kopf, las er die Top-Story über einen griechischen Tankerkönig, der dem Prinzen von Wales angeboten hatte, ihm seine Yacht für einen Sommerurlaub auszuleihen. Dann fiel sein Blick auf einen Artikel weiter unten auf der Seite.
GERALDINES SUCHE NACH EWIGER SCHÖNHEIT ENDET IN TRAGÖDIE
Mit großer Bestürzung erfuhr ich gestern vom Tod meiner alten Freundin Lady Geraldine Reynes-Raleigh (47). Geraldine – die beste Freundin und enge Vertraute meiner Cousine Lady Shasta de Bertin – war all jenen, die das Glück hatten, ihrem Kreis anzugehören, eine lebhafte Freundin und amüsante Tischnachbarin.
Freunde – mich selbst eingeschlossen – zeigten sich besorgt, als Geraldine beschloss, ihre Nase chirurgisch korrigieren zu lassen, was, wie es nun scheint, möglicherweise zu ihrem Tod geführt hat. Geraldines trauernder Bruder Mark, 50, sagte gestern: »Wir alle fanden die Operation unnötig, da Geraldine eine hübsche Nase hat, aber sie ließ sich nicht umstimmen. Natürlich hätte sich keiner von uns träumen lassen, dass die Operation so entsetzliche Folgen haben würde.«
Ein Sprecher der exklusiven Londoner Privatklinik Harley-Devonshire bestätigte lediglich, dass Geraldine »aufgrund von Komplikationen« im Anschluss an eine Rhinoplastik gestorben sei. Der in der höheren Gesellschaft anerkannte Chirurg Ross Ransome, 42 – vielen seiner Patienten für sein »goldenes Händchen« bekannt –,
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