Mein bis in den Tod
Überall waren Türen, eine führte vom Wintergarten in einen ummauerten Garten mit Swimmingpool, der mit einer blauen Plane abgedeckt war, eine andere zu einem Hof, in dem der Öltank und die Mülleimer standen. Sie überprüfte alle Türen, um sicherzugehen, dass sie verschlossen waren.
Anschließend ging sie zurück in die Küche, zwang sich, ein paar Mund voll zu essen und kratzte den Rest in den Mülleimer.
Durch das Fenster bot sich ihr ein unverstellter Blick auf die Auffahrt, die in eine endlose Landschaft von grünen und beigefarbenen Feldern, Baumgruppen und Gebüsch und eine ferne Reihe von Hochspannungsmasten unter einem grauen Himmel überging. Hinter einem Stacheldrahtzaun grasten ein paar missmutig dreinschauende Friesenpferde.
Vor kurzem musste es einen Stromausfall gegeben haben. Die Uhr am Elektroherd neben dem Kaminofen blinkte 00.00. Ebenso die Uhr an der Mikrowelle. Und die am Radio auf der Arbeitsfläche. Dreimal vier Nullen blinkten sie an, als wäre die Zeit stehen geblieben. Als sie auf ihr Handgelenk blickte, stellte sie fest, dass man ihr im Krankenhaus die Uhr abgenommen hatte. Was für einen Schaden hätte sie sich mit ihrer Armbanduhr zufügen können? Sie wählte die telefonische Zeitansage. 9.46 Uhr und 20 Sekunden.
In einer Schublade fand sie einen Stapel mit Bedienungsanleitungen und beschäftigte sich damit, wie man die Uhren an den Geräten stellte. Bei der Mikrowelle und dem Radio gelang ihr dies, beim Elektroherd musste sie passen.
Alec kam in die Küche. »Können wird bald nach Hause?«
Sie sah aus dem Fenster. Der Himmel zog zu, plötzlich peitschte ein Regenschauer ans Fenster und prasselte gegen die Scheiben wie Bleischrot. Sie spürte die Zugluft im Gesicht und dachte, vor Kälte und Angst erschaudernd, ich weiß nicht mehr, wo mein Zuhause ist.
[home]
99
V erdammtes Weib.
Margaret hatte auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen, dass die Telefone im Haus nicht mehr funktionierten und sie dringend mit ihm sprechen müsse. Wie sollte er das denn machen? Er hatte seine Schwiegermutter dreimal im Little Scaynes Manor angerufen, und jedes Mal klingelte das Telefon viermal und der Anrufbeantworter sprang an.
Dann rief er Lucinda an, um zu erfahren, ob jemand bei ihr angerufen hatte. Er hatte kurz vorher schon mal mit ihr gesprochen und sämtliche Termine abgesagt.
Etwas erschrocken fragte sie: »Haben Sie heute schon die
Daily Mail
gelesen?«
»Was steht drin?«
Sie schien zu zögern. »Ein Artikel über Lady Reynes-Raleigh.«
»Gott sei Dank, diese Oberziege sind wir los.«
»Ich habe ein paar Anrufe bekommen – von der
News of the World
und von jemandem vom
Guardian
.«
»Was wollen die?«
»Mit Ihnen über die Operation sprechen, die Sie an Lady Reynes-Raleigh vorgenommen haben.«
»Ich habe jetzt keine Zeit, mich um solchen Mist zu kümmern, Lucinda. Sagen Sie denen, dass es unter die ärztliche Schweigepflicht fällt und dass sie abhauen sollen.«
»Das habe ich bereits. Ich komme nicht zur Werkstatt durch, wegen Ihres Wagens.«
»Meines Wagens?«
»Ihres Aston Martin.«
»Okay, gut.« Seine Gedanken schweiften ab, er hatte keine Lust, sich um solchen Scheißdreck zu kümmern. »Wir sprechen uns später wieder«, sagte er abrupt und legte auf.
Es goss in Strömen, Stau auf allen Straßen Londons. Freitags war der Verkehr immer besonders schlimm. Die Scheibenwischer des gemieteten silbergrauen Vauxhall klackten, die Wischblätter quietschten, die Lüftung blies gegen die Windschutzscheibe. Am Grosvenor Square ging es wegen eines Lkws, der zurücksetzte, nicht voran. Ross betätigte genervt die Hupe, dann noch einmal. Auch ein paar Autos weiter hinter ihm hupte jemand.
Caven, dieser Wicht, hatte ihm gesagt, er solle die Koordinaten auf einer topographischen Karte selbst nachsehen. 6000 Pfund – und er musste sich so eine dämliche Landkarte selbst besorgen. Er war in drei Geschäften gewesen: Zwei von ihnen führten solche Karten überhaupt nicht; eines hatte sie für jeden beschissenen Quadratmeter in England vorrätig, mit Ausnahme der Gegend um Cirencester.
Der Verkehr schob sich zentimeterweise voran. Schließlich kam er am anderen Ende des Platzes an, fuhr an der amerikanischen Botschaft vorbei, bog dann links in die South Audley Street, parkte im Halteverbot, möglichst nahe bei Purdey’s, dem Büchsenmacher, und lief in den Laden.
Er war heilfroh, aus dem Verkehr heraus zu sein und von der ehrfürchtigen Stille, der schönen
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