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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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herum, der zu dünnen Fäden und Kringeln wurde, die sich schließlich in dem Zimmer verteilten. Ross, der das Comicheft
Eagle
las, atmete ihn ein. Er mochte diesen Geruch unheimlich gern.
    Mit einem Kugelschreiber markierte sein Vater etwas auf einer Zeitungsseite: Halb vier in Chepstrow. River Beat. »Klingt River Beat wie der Name eines Pferdes, das morgen ein Rennen gewinnen kann, Junge?«
    Ross wusste schon längst, dass er die unvorhersehbaren Launen seines Vaters nur dann überstand, wenn er einen mittleren Kurs steuerte, und versuchte deshalb, auf jede Frage mit einer nach allen Seiten offenen Antwort zu antworten. Wenn sein Vater ihn bei früheren Anlässen nach seiner Meinung gefragt und er sich geirrt und das Pferd verloren hatte, war ihm das vom Taschengeld abgezogen worden. Aber nie gab es einen Zuschuss, wenn er einmal richtig getippt hatte.
    »Über welche Distanz führt das Rennen, Daddy?«
    »Zwei Meilen.«
    »Hindernis- oder Flachrennen?«
    Joe Ransome sah seinen Sohn vernichtend an. »Wir haben Sommer, Junge. Die Saison der Flachrennen.«
    »Über welche Distanz führt eine Fuchsjagd?«
    »Woher soll ich das wissen?«, herrschte ihn sein Vater an. »Hängt von der verfluchten Jagd ab. Oder davon, wie groß das Revier ist oder was auch immer. Wie lang ist ein Stück Bindfaden? Was?«
    »Hängt davon ab, wie viele Fäden darin sind.«
    »Werd ja nicht frech.«
    Ross wandte sich wieder seinem Comic zu. Sein Vater trank einen Schluck Bier aus seinem Zinnkrug und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab, dann steckte er sich den glimmenden Zigarettenstummel zwischen die Lippen und konzentrierte sich wieder auf die Zeitung.
    Plötzlich sagte er: »Es ist zwar ohne Belang, aber deine Mutter hatte einen Unfall. Die Ärzte wissen nicht, ob sie durchkommt.«
    War sie noch am Leben?
Ross blickte auf, aber sein Vater sah wieder in die Zeitung. Seit drei Tagen wartete er nun schon auf diese Nachricht. Er hatte in einem Laden in der Nähe seiner Schule in den ausliegenden Zeitungen nachgesehen, hatte aber nichts entdeckt. Es gab zwar ein Lokalblatt, aber das erschien nur einmal wöchentlich, und es dauerte noch zwei Tage, bis es herauskam.
    Sie war noch am Leben
; er hatte sich gewünscht, sie wäre tot. Es war eine furchtbare Enttäuschung, dass sie noch lebte, dass er versagt hatte.
    Die Ärzte wissen nicht, ob sie durchkommt
. Vielleicht kam sie ja nicht durch.
    »Was ist passiert?«
    Ohne Eile nahm sein Vater die Zigarette aus dem Mund und drückte sie im Aschenbecher aus. »Ich habe gesagt, es ist nicht von Belang.« Er blätterte um und begann, ein anderes Teilnehmerfeld zu durchforsten. Nach ein paar Augenblicken sagte er: »Ein Brand.«
    Es bedurfte einer ungeheuren Willensanstrengung, sich wieder
Dan Dare – der Raumschiffpilot
zuzuwenden und zu lesen.
    Aus früheren Erfahrungen wusste Ross, dass seine Mutter bei seinem Vater als Thema absolut unerwünscht war. Immer wenn er versucht hatte, etwas über sie herauszufinden, war er fuchsteufelswild geworden. Nachdem mehrere Minuten verstrichen waren, blickte Ross auf. »Was ist mit Mami passiert?«
    Joe Ransome zündete sich noch eine Zigarette an, steckte sie sich in den Mund und blinzelte durch den Rauch auf die Zeitung. »Gott hat sie bestraft, weil sie dich verlassen hat.« Dann fügte er leise, aber noch verbitterter hinzu: »Und weil sie eine Hure ist.«
    »Was ist eine Hure?«
    Sein Vater markierte eine andere Stelle auf seinem Wettformular. »Eine Frau, die es mit Männern treibt.«
    Ross dachte an den nackten Mann auf dem Flur, den die Flammen verschlangen, und an die furchtbaren Schreie. Den Mann, dessen nacktes Gesäß sich zwischen den Schenkeln der Mutter hob und senkte. Hoffentlich hatte der Kerl, der das mit seiner Mutter getan hatte, bis zum Tod Qualen gelitten.
    Während sein Vater umblätterte, fragte er: »Was für eine Art Brand, Daddy?«
    »Du stellst zu viele Fragen. Willst du den Rohrstock spüren?«
    »Nein, Daddy.«
    »Dann geh rauf in dein Zimmer.«
    Am nächsten Tag kamen zwei Polizisten ins Haus. Über eine Stunde lang sprachen sie mit seinem Vater im Wohnzimmer. Ross schlich zur Tür, um das Gespräch zu belauschen, aber die Stimmen klangen so gedämpft, dass er nichts mitbekam.

[home]
    32
    E rzählen Sie mir, was Sie beim Essen fühlen.«
    Kylie Spalding ist eine ausgesprochen nette Person, dachte Oliver Cabot. Die 19-Jährige hatte langes braunes Haar und ein schmales, feines Gesicht, das trotz ihres furchtbar

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