Mein bis in den Tod

Zukunftstechnologiezeug, so wie mit deinen alten Autos, stimmt’s?«
    Der Anästhesist nickte zweifelnd.
    »Ich möchte die Nanotechnologie in meine Rede einbauen. Weißt du etwas darüber?«
    »Miniaturroboter.«
    »Exakt. Kannst du da was für mich ausgraben?«
    »Ich hab ein paar weitere Informationen über die Lendtsche Krankheit für dich rausgefunden, sämtliche Daten über den Arzneimittelcocktail, den Moliou-Orelan verwendet, die Ergebnisse der Versuchsreihen der Phase zwei.«
    »Und?«
    »Nur 35 Prozent Überlebenschance bei denen, die das Mittel über ein Jahr lang einnehmen.«
    Ross packte ihn erregt. »35 Prozent?«
    Pearman nickte.
    »Das sind großartige Neuigkeiten, Tommy!«
    »So würde ich das nicht nennen. 65 Prozent der Erkrankten sterben binnen zwölf Monaten – 80 Prozent, wenn sie das Medikament nicht einnehmen –, und es ist keine angenehme Art zu sterben. Ich finde eine Heilungsrate von 35 Prozent nicht besonders beeindruckend.«
    »Sie ist glänzend, Tommy! Vorher war da überhaupt keine Chance, und nun eine 35-prozentige. Danke.« Er ließ den Anästhesisten auf dem Gang stehen und eilte in sein Büro, schloss die Tür hinter sich und rief Jules Ritterman an.
    »Ross! Ich wollte dich gerade anrufen!«
    »Ich hab gerade etwas mehr über die Versuchsreihe der Phase zwei bei Moliou-Orelan erfahren.«
    »Deswegen wollte ich dich auch gerade anrufen. Die Tests laufen zwar nicht überragend, aber es gibt ein paar Fortschritte.«
    »Du musst Faith in die Versuchsreihe der Phase drei schleusen, Jules, sofort. Du musst einfach so viele Strippen ziehen wie irgend möglich.«
    »Ich arbeite daran. Aber die Quote beträgt nur 35 Prozent, gegenüber 25 Prozent beim Placebo. Das sind nur zehn Prozent Unterschied. Und wie gesagt – wir werden nicht wissen, ob Faith das Medikament verabreicht bekommt oder ein Placebo, was die Chancen wiederum halbiert.«
    Ross hörte den Einwand kaum. »Faith ist gesund, sie ist stark, und sie hat die richtige Grundeinstellung. Das allein zählt. Es wird funktionieren, Jules, ich weiß es.«

[home]
    39
    B ericht eins. Dienstag, 17. Mai. Ermittler HC
.
    09.15 – Aktivität. Die observierte Person verlässt ohne Begleitung, in dunkelgrünem Range Rover, amtliches Kennzeichen S212 CWV , Little Scaynes Manor. Person fährt zum Flughafen Gatwick, Parkplatz 3, kauft Fahrkarte am Gatwick-Express-Fahrkartenschalter, besteigt den Zehn-Uhr-Gatwick-Express-Zug nach London Victoria und sitzt allein im 2.-Klasse-Abteil.
    Um 10.03 führt Person mit unbekannter Person (ausgehend von vorhergehenden Handlungen handelt es sich vermutlich um Dr. Oliver Linden Cabot – Privat- und Geschäftsadresse am Ende des Berichts) ein kurzes Telefonat mit ihrem Handy. Im Folgenden die Abschrift der Aufnahme vom Ende des Anrufs der observierten Person mittels Richtmikrofon ( RM ):
    »Hallo, wie geht’s Ihnen? Ich bin unterwegs – ich habe den Zehn-Uhr-Zug genommen und müsste um halb elf in Victoria ankommen. Ich kann Sie – entschuldigen Sie – ich kann Sie –«
    Um 10.05 telefoniert Person erneut (vermutlich derselbe Telefonanschluss).
    Fortsetzung der Abschrift:
»Tut mir leid, wir sind gerade durch einen Tunnel gefahren. Die
(unverständliches Wort)
ist schlecht
 – (15 Sekunden nicht zu entziffern – entgegenkommender Zug) –
derselbe Treffpunkt wie Freitag? Ich auch … Bis dann
.«
    10.07 Fahrkarte der observierten Person wird vom Schaffner geprüft. Kein Wortwechsel.
    10.10 Person kauft Kaffee am Verkaufswagen. Liest weiter in der
Daily Mail
. Keine Kontaktaufnahme mit anderen Personen.
    10.32 – Aktivität. Ankunft im Victoria-Bahnhof. Observierte Person steigt aus dem Zug, verlässt das Gebäude in westlicher Richtung zur Buckingham Palace Road und trifft mit Mann zusammen, Mitte vierzig, amerikanischer Akzent, 1,85 groß, schlank, welliges graues Haar (später vorläufig identifiziert als Dr. Oliver Cabot, nach digitalen Aufnahmen, die mit den Fotos auf seiner Website verglichen wurden – endgültige Identität muss noch bestätigt werden. Foto 1.1 im Anhang). Oliver Cabot wartet neben marineblauem Jeep Cherokee, amtliches Kennzeichen P321 MDF (Fahrzeughalter: Cabot-Zentrum für Komplementäre Medizin). Abschrift der Aufnahme mittels Richtmikrofon ( RM ):
    Dr.  OC :
Faith, hallo, großartig, dass Sie es einrichten konnten. Schön, Sie zu sehen
.
    FR :
Ganz meinerseits. Sie hätten mich nicht wieder abholen müssen
.
    Dr.  OC :
Ich hatte einfach Lust dazu.