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Mein Boss, die Memme

Mein Boss, die Memme

Titel: Mein Boss, die Memme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick D. Cowden
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ge­fordert. Auch eine Mitarbeiterin, die kurz vorher eine Broschüre fertig gestaltet hatte und nun gerne noch den nächsten Schritt in der Druckerei begleiten wollte, auch wenn ihre Anwesenheit dort nicht erforderlich war. Zwischen der Chef-Designerin, also ihrer direkten Vorgesetzten, der Mitarbeiterin und mir, der zuständigen Beraterin, kam es zu folgendem Telefongespräch, bei dem ich mit der Chef-Designerin an einem Tisch saß.
    Chef-Designerin: »Hallo Agnes, die Broschüre hast du ja toll gemacht. Das freut mich.«
    Mitarbeiterin: »Ja, nicht wahr, die ist mir gut gelungen. Und morgen geht’s in den Druck. Da freu ich mich schon drauf.«
    Chef-Designerin: Ȁh, ja, weißt du, bei uns ist gerade Land unter. Wir arbeiten an dieser Wettbewerbspräsentation. Von der habe ich dir erzählt, letztens, weißt du noch?«
    Mitarbeiterin: »Ja, stimmt. Würde ich euch ja gern helfen. Aber da bin ich ja bei der Druckabnahme, sorry.«
    Chef-Designerin: »Klar, verstehe ich. Das hast du ja auch echt toll gemacht.«
    Mitarbeiterin: »Ja, ne!«
    Ich wurde langsam ungeduldig und gab der Führungskraft ein aufforderndes Zeichen, endlich Klartext zu sprechen.
    Chef-Designerin: »Weißt du, Agnes, bei der Broschüre im nächsten Monat bist du ja wieder dabei. Da könntest du natürlich auch zur Druckabnahme.«
    Mitarbeiterin: »Aber ich habe mich so auf den Termin morgen gefreut. Ich möchte lieber morgen gehen.«
    Chef-Designerin: »Oh, das ist aber schade.«
    Ich schaute die Chef-Designerin entgeistert an.
    Chef-Designerin: »Meinst du, du könntest dir das noch mal überlegen?«
    Schweigen in der Leitung.
    Mitarbeiterin (jetzt im genervten Ton): »Also, wenn du willst, dass ich morgen nicht zur Druckannahme gehe, um euch bei der Präsentation zu helfen, dann musst du mir das schon sagen! Du bist die Chefin!«
    Simone E., Beraterin in einer Werbeagentur
    Siehe da. Nachdem die sogenannte Chefin zum Jagen getragen werden musste, streichelte sie ihre genervte Angestellte zur Mitarbeit. Und machen wir uns das noch mal klar: Nicht nur die Chefin brauchte die Mitarbeiterin, sondern das gesamte Team, das zu diesem Zeitpunkt unter hohem Druck stand.
    Keine Frage, hier haben wir es mit einer nicht minder nervenden, stark Energie ziehenden Memme zu tun. Einer, die bei der Mehrheit der deutschen Mitarbeiter eben nicht auf die heißersehnte Gegenliebe stoßen würde, folgt man den Ergebnissen der aktuellen »Internationalen Mitarbeiterbefragung« des Geva-Instituts.
    80 Prozent der deutschen Mitarbeiter schätzen laut dieser Studie bei ihren Führungskräften Souveränität, Entschei dungsfreude und Durchsetzungskraft. Immerhin noch 41 Pro ­zent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass sich Führungskräfte in ihrem Handeln nicht von abweichenden Vorstellungen oder äußeren Veränderungen beeinflussen lassen sollten. Eine solche Führungshaltung ist das Gegenteil der Nachgiebigkeit von Kuschel-Junkies. Mit ihrer Streichelstrategie erreichen sie vielmehr das Gegenteil: Statt Zuneigung bekommen sie auf lange Sicht die Unzufriedenheit und den fehlenden Respekt ihrer Mitarbeiter zu spüren.
    Mitarbeiter wollen als Führungskraft kein besser bezahltes Weichei, das sich weigert, Entscheidungen zu treffen. Dann nämlich geschieht das, was Mitarbeitern jegliches Vertrauen, und auch jeglichen Respekt vor ihrer Führung nehmen kann: Sie fangen angesichts der Zauderei ihres Vorgesetzten bei Entscheidungen an zu glauben, dass sie den Chef-Job selbst besser machen könnten. Und beginnen mal mehr, mal weniger bewusst damit, genau das zu tun und die Chef-Memme zu übergehen. Chaos: vorprogrammiert.
    In unserem Beispiel erwartete selbst die starrköpfige Mitarbeiterin, dass ein Machtwort gesprochen wird, dazu forderte sie ihre Chefin geradezu heraus. So gut es auch gemeint ist: Mitarbeiter, auch und gerade die Selbstbewussten, erwarten, dass ein Chef auch Grenzen zieht. Denn das gibt Orientierung.
    Als erwachsener Mensch erwarte ich, dass man sich mir gegenübe r verständlich äußert. Was ich nicht will, ist in einem seichten Sumpf aus netten, aber unklaren Worten umherzuirren, auf der Suche nach Orientierung und festem Grund.
    Grenzenloses Laissez-faire macht vielleicht die ersten vier Wochen Spaß, danach aber ist der Candyshop leergegessen. Und dann hätten wir doch bitte gerne ein

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