Mein Boss, die Memme
und gleichzeitig genug Selbstverantwortung entwickelt, um ihm oder ihr immer mal wieder den Spiegel vorzuhalten und klar zu machen, was die Lage erfordert. Dann kann aus einem Kuschel-Chef ein guter Motivator werden, der geeignet ist, ein verantwortungsvolles Team zur Entfaltung seines geballten Potenzials zu führen.
Die heftigste Herausforderung ist für den Kuschel-Junkie selbstverständlich das Aussprechen einer Kündigung. Für diesen Ernstfall braucht er oder sie unbedingt eine kompetente Personalabteilung an seiner Seite.
Es ist typisch für die Liebesabhängigen unter den Führungskräften, dass sie nicht die Kraft aufbringen, sich von ei nem Mitarbeiter zu trennen. Denn eine Kündigung ist ein Beziehungsende. Wer das als Chef ausspricht, muss mit Trauer, Wut, Hass oder kalter Ablehnung rechnen. Damit, dass die Gefühle des betroffenen Mitarbeiters plötzlich umschlagen und wie ein aus der Kontrolle geratenes Feuerwerk drohen, alles in Brand zu stecken.
Viele Memmen neigen daher dazu, sich selbst von den schlimmsten Querulanten nicht trennen zu können. Selbst dann nicht, wenn diese das Team terrorisieren.
»Vielleicht ändert er sich ja noch«, ist eine geläufige Entschuldigung für das Nicht-Handeln. Es klingt wie eine Ehefrau, die den schlagenden Ehemann fortwährend verteidigt. Denn eigentlich sei er ja ein Guter.
Personalabteilung, bitte hilf!
Tragische Helden
Ein empathischer, herzlicher Chef, der die Nähe seiner Mitarbeiter sucht. Der zugleich im Laufe seiner Karriere gelernt hat, nicht von ihrer Zuneigung abhängig zu sein und Konflikte auszuhalten. Das ist das Beste, was Mitarbeitern passieren kann. Denn so einer Führungskraft sind ihre Leute niemals egal. Sie setzt sich für sie ein, weil sie gar nicht anders kann. Es ist ihr ein Anliegen, ein tiefes Bedürfnis. Solche Chefs werden leider oft zu tragischen Helden. Ein Mitarbeiter eines Logistik-Unternehmens hat mir eine solche Tragödie erzählt:
Wie unser guter Chef unter die Räder kam
»Ich kenne meinen Teamleiter schon eine ganze Weile. In den ersten Jahren wollte er es immer allen Recht machen. Das ging natürlich des Ãfteren in die Hose. Aber der Mann lernte aus seinen Erfahrungen. Er wurde konsequenter, ging seinen eigenen Weg. Zugleich aber war er immer bereit sich für uns, seine Leute, beherzt einzusetzen. Auch gegenüber der Geschäftsleitung. Ob es nun um überlange Arbeitszeiten ging oder wenn mal wieder eine Weihnachtsfeier gestrichen werden sollte. Das sprach er an. Die Geschäftsleitung respektierte das, solange es um seine Mitarbeiter ging.
Als er von Mitarbeitern eines anderen Teams erfuhr, dass ihr Chef sie unglaublich schlecht behandelte, oftmals beleidigte und anschrie, sprach er auch das bei einem Treffen der Geschäftsleitung offen an. Wohlgemerkt, nachdem er den betreffenden Teamleiter zuvor in einem Vieraugengespräch darauf angesprochen, sich dann aber nichts verändert hatte.
Das offene Wort hatte Folgen. Sich auf die Seite der Mitarbeiter und gegen die eigenen Chef-Kollegen zu stellen, das verziehen ihm einige der anderen Teamleiter nicht. Er hatte gegen die ungeschriebenen Gesetze der Memmen-Kaste verstoÃen und sich vermeintlich mit dem Pöbel verbündet. Ab diesem Zeitpunkt stand er unter Feuer. «
Martin S., Logistikunternehmen
Chefs, die sich ihren Mitarbeitern verbunden fühlen und bereit sind, sich selbstlos für sie einzusetzen â für uns sind sie ein wahrer Traum. Für so manchen Ober-Boss oder Kollegen auf der gleichen Führungsebene dagegen ein wahrer Alptraum. Vor allem für Führungskräfte, die alles andere im Sinn haben als die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter. Einen Typ Boss, den wir im nächsten Kapitel kennenlernen.
3. Von Beruf neurotisch: die Ego-Shooter
Es gibt Chefs, die befremden oder nerven uns nicht einfach nur. Sondern sie stellen für jeden Mitarbeiter eine echte Bedrohung dar. Sie sind der Prototyp der Macho-Memme: Beherrscht von tiefliegenden Ãngsten kompensieren sie diese mit aller Kraft durch einen gnadenlosen Aufstieg ohne Rücksicht auf Verluste.
Solche Bosse haben viel mit den frustrierten Waschlappen gemeinsam, die tagein, tagaus vor ihrem PC hocken und die sogenannten Ego-Shooter-Games zocken. In denen geht es letzten Endes darum, auf brutalste Weise so viele Leute wie möglich niederzumetzeln. Wer die fiesesten Tricks beherrscht und die meisten
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