Mein Boss, die Memme
Spielbällen, und wir, die Mitarbeiter, werden es ebenfalls.
Zähne zeigen: Chefs unter sich
Wir vergleichen uns gern. Nicht nur von Kollege zu Kollege, sondern auch von Team zu Team. Wir schauen gemeinsam nach drauÃen. Zur Abteilung nebenan.
Wenn wir abends mit unseren Kollegen das Firmengebäude verlassen und dabei feststellen, dass in der anderen Abteilung noch Licht brennt und alle Tische besetzt sind. Wenn die Firmenleitung die Erfolge eines einzelnen Teams herausstellt, das mal wieder einen Umsatzrekord aufgestellt hat.
Auf die Frage, was die anderen besser oder anders machen, kommen wir schnell auf die Person zu sprechen, die wir dafür in erster Linie für verantwortlich halten. Den Chef der anderen.
Bewundernd stellen wir fest, wie straff und gut organisiert es bei den Kollegen von nebenan läuft. Der Chef dort hat seinen Laden im Griff, sagen wir dann mit Blick auf unseren zu laschen Vorgesetzten mit neidischem Unterton. Dass der andere Boss vielleicht ein spaÃbefreiter Disziplinfanatiker ist, ignorieren wir geflissentlich. Wir sehen das, was wir sehen wollen. Oder das, was die Unternehmensleitung als erstrebenswert deklariert. In einem quartalsorientierten Unterneh Âmen vergleichen wir uns dann entsprechend unserer Umsätze.
Verkaufsmaschinerie oder Ideenschmiede â das, was ein Team nach auÃen darstellt, ist eng gekoppelt an das Image seines Anführers. Und das wiederum ist Ausdruck seiner Stellung im Machtgefüge der Bosse.
Es ist ein Wettbewerb, der gleichermaÃen auf offener Bühne und hinter verschlossenen Türen stattfindet. Wie das im Folgenden beschriebene Treffen einer Geschäftsleitung, von denen ich so einige hinter mich gebracht habe:
Unter Wölfen
Das Spiel begann bereits, bevor der Geschäftsführer das Meeting eröffnet hatte. Die Bereichsdirektoren saÃen nebeneinander und tauschten sich aus. Ãber neu gewonnene Kunden, über die Unfähigkeit einzelner Mitarbeiter.
»Na, wie läuft es bei dir? War auch schon besser, oder?«
Frotzeleien hier, Tuscheln da.
»Sag, wenn du Unterstützung brauchst?« »Ja, klar!«
Man plauderte entspannt und belauerte sich insgeheim. Dann der Auftritt des Ober-Bosses.
»Guten Morgen, meine Herren. Und die Dame! Wie sieht es aus diese Woche? Der Reihe nach, bitte!«
Der Erste leierte mit Blick auf seine Notizen gelangweilt seine Zahlen herunter. Es lief fantastisch. Die Vorhersage für die Umsätze nächste Woche lieà keinen Zweifel. Bei der nächsten Führungskraft musste es nur noch ein bisschen mehr Druck auf den Kunden sein, und das Ganze würde sogar noch besser laufen. Alles klasse, auch bei der einzigen Dame unter den Herren.
Dass das Unternehmen in Deutschland bei weitem nicht so gut da stand, wie es könnte, hier beim Treffen der Geschäftsleitung spürte man davon nichts.
Dann war ich an der Reihe. Zum wiederholten Mal wollte ich meinen Kollegen ein innovatives Servicemodell nahebringen. Denn als Service-Experte hatte man mich ja geholt. Nur interessierte das leider niemanden.
»Hi guys, ich möchte mit Euch wieder einmal über meine kleine Revolution sprechen.«
Einige verdrehten die Augen: »Geht es auch mal kleiner?«
»No, Sir! Ich möchte, dass wir unseren Kunden einen völlig neuen Service bieten. Einen Wunschlos-glücklich-Service, mit dem wir sie langfristig an uns binden.«
Ein Bereichsleiter unterbrach: »Hey, wie lange bist Du schon hier, ein Jahr? Kapier einfach: Wir verkaufen. Ein Gerät wird bestellt, wir liefern, der Kunde packt aus. Fertig. So machen wir Kohle. Und zwar eine ganze Menge. Zumindest ich.«
Der Kollege lachte selbstzufrieden in die Runde und genoss das zustimmende Nicken. Das des Geschäftsführers motivierte ihn noch einmal nachzulegen. Doch ich redete, bevor er es tat.
»Unser jetziges Modell funktioniert nicht mehr lange. Wir müssen etwas ändern. Weil die Kunden mehr erwarten. Und ich mache Euch einen Vorschlag, wie wir es tun können. In allen Bereichen. Hier ein paar Informationen dazu.«
Ich verteilte ein paar ausgearbeitete Charts.
Allgemeines, empörtes Gelächter.
Nach einigen Minuten beendete der Geschäftsführer, der mit Genugtuung verfolgt hatte, wie die Meute versuchte, mich klein zu kriegen, die Diskussion:
»Hey Patrick, wo es langgeht, das bestimme noch immer ich. Okay, nächste Woche will ich sehen, dass Ihr exorbitant gute
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